Ja, das Turnier in Salzgitter war wieder einmal die missglückte Generalprobe! Und ja, es war wieder das Turnier, das meine aktuell deutlichsten Fehler zutage brachte!
In den Wochen nach Salzgitter konzentriere ich mich im Training auf die Bogenhand und auf den Endauszug. Die Bogenhand creme ich mir mit Melkfett ein, um den Handflächenschweiß in warmen Hallen zu simulieren. So rutscht meine Hand tiefer in die Mulde der Griffschale und ich finde den Druckpunkt, der ohne viel Grip stabil ist. Der Endauszug wird mit der Konzentration darauf stabiler und flüssiger. Zuletzt bekomme ich noch den Hinweis, die Sehne mit den Fingern der Zughand stärker einzuhaken, kann das aber nur noch begrenzt umsetzen.
Dann endlich findet am 11. März das Hallenturnier des Schützen-Corps Lehrte auf 30m statt. Ich stehe gut, und der gesamte Schussablauf funktioniert blendend. Ich leiste mir fast keinen Fehler und siege souverän mit 685 Ringen bei 72 Pfeilen. Es ist das erste Turnier, bei dem ich einen Durchschnitt von mehr als 9,5 Ringe schieße! Ich bin im Fluss, im “Flow”; das Schussgefühl dieses Tages versuche ich abzuspeichern und mitzunehmen.
Am 17. März dann mittags die Anreise zur Deutschen Meisterschaft nach Solingen. Ich fahre alleine, da ein Vereinskamerad bereits dort in der Schützenklasse schießt. Er fährt abends nach Hause, während ich mich auf meinen Wettkampf vorbereite. Ich schaue mir noch das Finale der Schützen- und Damenklasse an und fahre dann in das Hotel. Nach einem kleinen Spaziergang durch die Innenstadt von Haan schaue ich noch etwas Fernsehen und versuche früh zu schlafen.
Am 18.3. klingelt der Wecker um sechs Uhr. Duschen, frühstücken, auschecken und dann ab zur Wettkampfhalle. Ab acht Uhr beginnt die unmittelbare Vorbereitung auf den Wettkampf. Die Halle ist gut gelüftet, aber es kommt mir recht warm vor. Ich verzichte auf eine Trainingspasse, um Kraft zu sparen. Der Weg zu den Toiletten ist lang, ich muss an fast allen Schützen vorbei und dann die Treppe hinauf hinter die Zuschauertribüne.
Ich schieße auf C. Der Wettkampf beginnt gut. Ich schieße durchweg gute Ringzahlen. Zumeist ist die zweite Passe aber immer etwas schlechter als die erste: 30/26, 30/27, 29/28, 29/29, 29/27 – macht 284 Ringe im ersten Durchgang. Damit stehe ich auf Platz vier.
Im zweiten Durchgang will ich das Ergebnis des ersten halten und wiederholen. Es beginnt auch gut: 29/27, 30/29. Doch dann passiert es: Die Auflagen werden gewechselt und der Hallensprecher gibt die Zwischenstände durch; bei der Altersklasse fällt mein Name als ringgleich Führender. Nun rotiert es in meinem Kopf, ich verliere die Konzentration auf den nächsten Schuss, es wird eine Sieben! Nun heißt es Zähne zusammenbeißen, konzentrieren und wieder ins Match kommen. Nun eine Acht, dann noch eine Neun; nur 24 Ringe! Gleich darauf dann wieder eine 28er Passe. Ich falle sicher weit nach hinten. Dann 29/27 und 29/28. Beim vorletzten Schuss auch noch eine weitere Konzentrationsschwäche: Das Ankern dauert etwas zu lange, ich denke über Absetzen nach und in dem Moment kommt der Klicker und ich lockere die Finger, ohne richtig zu lösen. Die Sehne glitscht über die Fingerkuppen und ich zucke vor Schreck zusammen; jetzt bloß kein M mehr! – Doch ich habe Glück, es ist noch eine haarschafte Acht.
Am Ende habe ich 564 Ringe und weiß nicht abzuschätzen, wo ich gelandet bin. Bis zur Anzeige des Endergebnisses dauert es eine gefühlte Ewigkeit! Dann die Ergebnisliste: Ich bin Zweiter – Silber! Schon bald kommen erste Gratulationen der umstehenden Schützen und von mir bekannten Zuschauern. Ich kann es kaum glauben: Zum Schluss habe nicht nur ich geschwächelt, die anderen haben zum Teil noch stärker abgebaut! Vielleicht doch ein Tribut an die schwülwarme Hallenluft. Erst später realisiere ich, dass ich mit einem Ring mehr die Goldmedaille geholt hätte, da ich mehr Zehner geschossen habe als der Erste.
Dann die Siegerehrung, nun also nach Bronze auch Silber am deutschen Band um den Hals. Anschließend die Rückfahrt, die Glückwünsche per SMS, auf Facebook und beim nächsten Training. Zum Pressetermin mit dem Lokalreporter bekomme ich einen Blumenstrauß.
Nun aber ist die Hallensaison noch nicht vorbei. Am Wochenende des 24. und 25. März finden die letzten Hallenturniere statt. Am Samstag beim 10. Hallenturnier der Schützengilde in Lauenau am Deister auf 30 und 18m bin ich doch noch recht unkonzentriert. Zwar werde ich dort als Dt. Vizemeister besonders begrüßt und siege in der Altersklasse mit 643 Ringen, doch ärgere ich mich über diverse schlecht geschossene Pfeile. Am Sonntag mache ich mich erstmals auf den Weg zum Eichenhöhe-Cup auf 30m in Buchholz in der Nordheide an. Es reizt mich, dass es sich um ein Preisgeldturnier handelt. Ich will unbedingt mal wieder ein Finale schießen. Das Turnier läuft gut, ich bin deutlich konzentrierter als noch in Lauenau. Sicher beflügelt mich noch einmal der direkte Vergleich mit den anwesenden Spitzenschützen. Am Ende siege ich in der Altersklasse mit 681 Ringen und bin damit viertbester Recurver. Im Finale gewinne ich das Achtelfinale, scheide aber im Viertelfinale knapp aus. Am Ende fehlen wieder ein oder zwei Ringe und ich hätte wenigstens 50 EUR gewonnen. Noch mehr hätte mich aber der direkte Vergleich mit dem späteren Sieger gereizt!
Nun aber ist die Hallensaison zu Ende. Drei Siege und eine Silbermedaille innerhalb von 15 Tagen. Keine schlechte Ausbeute!
Endlich geht es ab Mitte April wieder auf den Bogenplatz. Hoffentlich kann ich den Flow aus der Halle mit nach draußen nehmen!