Der Traum von Lappland
Lappland im Sommer – für viele klingt das zunächst widersprüchlich. Die meisten verbinden mit Finnisch-Lappland verschneite Landschaften, Nordlichter und Rentiere im Winterwunderland. Doch eine Reise in den hohen Norden Finnlands im Juli 2025 offenbarte eine ganz andere Seite dieser faszinierenden Region. Das Ziel: Die unberührte Natur Lapplands in ihrer sommerlichen Pracht erleben, wenn die Mitternachtssonne den Himmel in magisches Licht taucht und die Landschaft in satten Grün- und Blautönen erstrahlt.
Finnisch-Lappland, auch Sápmi genannt, erstreckt sich über eine Fläche von etwa 100.000 Quadratkilometern und macht damit fast ein Drittel der Gesamtfläche Finnlands aus. Mit nur etwa 180.000 Einwohnern ist es eine der am dünnsten besiedelten Regionen Europas. Die Bevölkerungsdichte beträgt gerade einmal 2 Einwohner pro Quadratkilometer – zum Vergleich: In Deutschland leben durchschnittlich 232 Menschen auf der gleichen Fläche.
Nach monatelanger Planung startete die Reise in das Land der tausend Seen, der endlosen Wälder und der weiten Tundra. Was dort erlebt wurde, übertraf alle Erwartungen – trotz einiger unerwarteter Herausforderungen, die die Natur in Form von kleinen, summenden Plagegeistern bereithielt.
Die Anreise: Durch Finnlands sich wandelnde Landschaften
Die Reise begann in Helsinki, dem südlichen Eingangstor zu Finnland. Von dort aus startete der Roadtrip gen Norden. Mit jedem Kilometer veränderte sich die Landschaft. Die dicht besiedelten Gebiete Südfinnlands wichen allmählich endlosen Nadelwäldern und immer zahlreicheren Seen.
Die Überquerung des Polarkreises bei 66°33′ nördlicher Breite markierte einen bedeutenden Moment. Ein unscheinbares Schild und ein touristisches Zentrum namens „Santa Claus Village“ kennzeichnen diese unsichtbare, aber bedeutsame Grenze. Ab hier beginnt offiziell Lappland, der nördlichste Teil Finnlands. Interessanterweise verschiebt sich der Polarkreis jedes Jahr um etwa 15 Meter nach Norden aufgrund der Präzession der Erdachse – ein Phänomen, das einen vollständigen Zyklus von etwa 25.800 Jahren hat.
Die Straßen wurden leerer, die Siedlungen seltener und die Natur wilder. Die Weite der Landschaft war überwältigend – sanfte Hügel, die hier „Tunturi“ genannt werden, erhoben sich in der Ferne, umgeben von schimmernden Seen und scheinbar endlosen Wäldern. Diese Tunturi sind keine echten Berge, sondern abgerundete Hügel, die die Baumgrenze überragen und während der letzten Eiszeit vor etwa 10.000 Jahren geformt wurden.
Nach etwa 1.200 Kilometern Fahrt erreichte die Reise schließlich ihr Ziel: Enontekiö, eine der nördlichsten Gemeinden Finnlands, direkt an der Grenze zu Schweden und Norwegen. Mit nur etwa 1.800 Einwohnern auf einer Fläche von 8.391 Quadratkilometern ist Enontekiö eine der am dünnsten besiedelten Gemeinden Finnlands. Der Hauptort Hetta liegt malerisch am Ufer des Ounasjärvi-Sees, umgeben von sanften Hügeln und Wäldern. Hier sollte für die nächsten zwei Wochen das Basislager sein.
Das Zuhause auf Zeit: Das Lapland Hotel Hetta
Das Lapland Hotel Hetta empfing mit seiner charakteristischen, an die Umgebung angepassten Architektur. Das Hotel liegt direkt am Ufer des Ounasjärvi-Sees und bietet einen atemberaubenden Blick auf die umliegende Landschaft. Die Holzfassade und die großen Fenster fügen sich harmonisch in die Natur ein.
Der Empfangsbereich war mit traditionellen samischen Elementen dekoriert – bunte Webarbeiten, Rentiergeweihe und Holzschnitzereien erzählten von der reichen Kultur der indigenen Bevölkerung Lapplands. Die Samen, deren Bevölkerung auf etwa 80.000 bis 100.000 Menschen geschätzt wird, leben verteilt über Nordnorwegen, Nordschweden, Nordfinnland und die russische Halbinsel Kola. In Finnland gibt es etwa 10.000 Samen, von denen etwa 4.000 die samische Sprache sprechen.
Die Zimmer waren gemütlich und funktional eingerichtet, mit großen Fenstern, die einen herrlichen Blick auf den See boten. Zwar merkte man dem Hotel an einigen Stellen an, dass es schon einige Jahre auf dem Buckel hatte – hier und da eine abgenutzte Ecke oder ein etwas altmodisches Badezimmer – aber das tat dem Charme keinen Abbruch. Im Gegenteil, es verlieh dem Ort eine authentische, gelebte Atmosphäre.
Das absolute Highlight war jedoch die hoteleigene Sauna mit Blick auf den See. Nach der langen Anreise war ein Saunagang, gefolgt von einer erfrischenden Abkühlung im See, genau das Richtige. Die Finnen sagen nicht umsonst, dass die Sauna der Ort ist, an dem die Seele Frieden findet – eine Weisheit, die nach diesem ersten Abend nur bestätigt werden konnte. Finnland hat übrigens etwa 3,3 Millionen Saunen bei einer Bevölkerung von 5,5 Millionen – statistisch gesehen also eine Sauna für jeden Haushalt.
Das Restaurant des Hotels überraschte mit exzellenter lokaler Küche. Rentierfilet mit Preiselbeersauce, frisch gefangener Fisch aus den umliegenden Seen und selbst gesammelte Waldbeeren standen auf der Speisekarte. Der Küchenchef legte großen Wert auf regionale und saisonale Zutaten, was man bei jedem Bissen schmecken konnte. Ein besonderes kulinarisches Highlight war die Gelegenheit, sowohl Rentier- als auch Elchfleisch zu probieren. Das Rentierfleisch, zubereitet als zartes Filet mit einer Preiselbeersauce, überzeugte mit seinem milden, leicht wilden Geschmack. Das Elchfleisch hingegen, serviert als Braten mit Wacholderbeeren, war kräftiger im Geschmack und erinnerte entfernt an Rindfleisch, hatte aber eine feinere Textur und einen charakteristischen Wildgeschmack. Beide Spezialitäten gehören zu den traditionellen Gerichten Lapplands und werden nachhaltig aus lokaler Jagd gewonnen.
Besonders in Erinnerung geblieben ist auch das Frühstücksbuffet mit hausgemachtem Brot, lokalen Käsesorten und dem traditionellen finnischen „Karelischen Piroggen“ – Roggenteigtaschen gefüllt mit Reisbrei, die mit Eibutter bestrichen werden. Diese Piroggen haben eine lange Geschichte und wurden 2003 von der Europäischen Union als regionale Spezialität anerkannt.
Die Mitternachtssonne: Wenn die Nacht zum Tag wird
Eines der faszinierendsten Phänomene, das in Lappland erlebt werden konnte, war die Mitternachtssonne. Da Enontekiö weit nördlich des Polarkreises liegt, geht hier die Sonne im Sommer wochenlang nicht unter. Genauer gesagt ist die Sonne in Enontekiö vom 22. Mai bis zum 23. Juli ständig über dem Horizont sichtbar – insgesamt 63 Tage ohne Sonnenuntergang. Stattdessen wandert sie in einem flachen Bogen am Horizont entlang und taucht die Landschaft rund um die Uhr in ein weiches, goldenes Licht.
Um drei Uhr morgens konnte man immer noch ohne Taschenlampe lesen. Der Schlafrhythmus geriet völlig durcheinander. Die ständige Helligkeit verwirrte den inneren Zeitgeber, und es war nicht ungewöhnlich, um Mitternacht noch Wanderungen zu unternehmen oder um vier Uhr morgens am See zu sitzen und die Stille zu genießen.
Die Mitternachtssonne verlieh der Landschaft eine magische Qualität. Die langen Schatten, das warme Licht und die Spiegelungen auf den zahlreichen Seen schufen eine fast unwirkliche Atmosphäre. Viele Stunden wurden damit verbracht, einfach nur am Seeufer zu sitzen und dieses Naturschauspiel zu bewundern.
Kein Wunder, dass die samische Mythologie so reich an Sonnen- und Lichtgottheiten ist. Die Sonne (Beaivi) war eine der wichtigsten Gottheiten im traditionellen samischen Glauben und wurde als lebensspendende Kraft verehrt, besonders nach der langen, dunklen Winterzeit.
Die Schattenseite des Sommers: Mücken und Bremsen
Doch der lappländische Sommer hat auch seine Schattenseiten, wie schnell festgestellt werden musste. Kaum hatte die erste Wanderung begonnen, kamen Schwärme hungriger Mücken und aggressiver Bremsen. Die Einheimischen hatten gewarnt, aber die Realität übertraf alle Vorstellungen.
Juli ist die Hochsaison für Mücken und Bremsen in Lappland. In Finnland gibt es etwa 40 verschiedene Mückenarten, und die nördlichen Regionen haben aufgrund der vielen Feuchtgebiete und der kurzen, intensiven Brutzeit besonders hohe Populationen. Wissenschaftler schätzen, dass in Lappland während der Sommermonate bis zu 5 Millionen Mücken pro Hektar vorkommen können.
Die Mücken in Lappland sind keine gewöhnlichen Exemplare – sie sind größer, hartnäckiger und scheinbar immun gegen viele handelsübliche Abwehrmittel. Und als wären die Mücken nicht genug, gesellten sich noch die Bremsen dazu – größere, aggressive Fliegen, deren Stiche besonders schmerzhaft sind. Bremsen (Tabanus) können bis zu 1,5 cm groß werden und ihre Stiche sind schmerzhafter als Mückenstiche, da sie die Haut tatsächlich aufschneiden, anstatt sie zu durchstechen.
Nach einigen frustrierenden Erfahrungen wurde jedoch gelernt, mit der Situation umzugehen. Spezielle, in der örtlichen Apotheke gekaufte Abwehrmittel, lange, helle Kleidung (dunkle Farben ziehen die Insekten magisch an) und Kopfnetze, die zwar nicht besonders modisch aussahen, aber ihren Zweck erfüllten, wurden zur Standardausrüstung.
Es wurde auch entdeckt, dass die Insekten bei Wind, auf offenen Flächen und auf höher gelegenen Punkten weniger aktiv waren. So wurden die Wanderungen entsprechend geplant, um die Natur trotz der kleinen Plagegeister zu genießen. Und in der Sauna des Hotels konnten am Ende eines jeden Tages die Strapazen abgewaschen und die juckenden Stiche vergessen werden.
Wanderungen durch unberührte Wildnis
Trotz der Herausforderungen durch die Insekten wurden zahlreiche Wanderungen in der Umgebung von Hetta unternommen. Die Region bietet ein gut ausgebautes Netz an markierten Wanderwegen, die durch verschiedene Landschaftstypen führen – von dichten Wäldern über offene Moorlandschaften bis hin zu den kahlen Gipfeln der Tunturi-Hügel.
Besonders beeindruckend war der Pallas-Yllästunturi-Nationalpark, einer der ältesten und größten Nationalparks Finnlands. Der Park wurde 1938 gegründet und 2005 erweitert und erstreckt sich über eine Fläche von 1.020 Quadratkilometern. Er beherbergt eine vielfältige Flora und Fauna mit über 500 Pflanzenarten, 30 Säugetierarten und 140 Vogelarten. Hier führten gut markierte Pfade durch alte Kiefern- und Fichtenwälder, über sanfte Hügel und entlang kristallklarer Seen.
Auf einer der Wanderungen begegnete die Reisegruppe plötzlich einer kleinen Rentierherde. Die halbwilden Tiere grasten friedlich auf einer Lichtung und schienen von der menschlichen Anwesenheit kaum beeindruckt. In Finnisch-Lappland leben etwa 200.000 Rentiere, und alle gehören jemandem – sie sind halbdomestizierte Tiere, die den Samen gehören und traditionell für Fleisch, Fell und Transport genutzt werden. Jeder Rentierbesitzer hat seine eigene Ohrmarke, ein einzigartiges Schnittmuster im Ohr des Tieres, das wie eine Art Unterschrift funktioniert und seit Jahrhunderten verwendet wird.
Ein besonderes Erlebnis war die Besteigung des Jyppyrä-Hügels, der sich direkt hinter Hetta erhebt. Mit seinen 403 Metern über dem Meeresspiegel ist er keine große Herausforderung, aber die Aussicht von oben war atemberaubend. Der glitzernde Ounasjärvi-See erstreckte sich vor den Augen, umgeben von endlosen Wäldern, die sich bis zum Horizont erstreckten. In der Ferne konnte man sogar die Berge Norwegens erkennen.
Die Stille auf dem Gipfel war beeindruckend. Abgesehen vom gelegentlichen Rauschen des Windes in den Bäumen und dem fernen Ruf eines Vogels herrschte eine fast vollkommene Stille. Diese Ruhe, gepaart mit der Weite der Landschaft, vermittelte ein Gefühl von Freiheit und Frieden, das im hektischen Alltag zu Hause oft vermisst wird.
Begegnungen mit der samischen Kultur
Ein wichtiger Aspekt der Reise war das Kennenlernen der samischen Kultur. Die Samen sind die indigene Bevölkerung Lapplands und haben eine reiche, einzigartige Kultur, die eng mit der Natur und insbesondere mit den Rentieren verbunden ist.
Im Fell-Lapland-Naturzentrum in Hetta wurde eine Ausstellung über die samische Lebensweise, ihre Geschichte und die Herausforderungen, mit denen sie heute konfrontiert sind, besucht. Die Samen haben eine komplexe Geschichte der Unterdrückung und Assimilation hinter sich. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden ihre Sprache und Kultur aktiv unterdrückt. Erst in den letzten Jahrzehnten hat eine kulturelle Renaissance stattgefunden, und heute gibt es in Finnland ein Samenparlament (Sámediggi), das die Interessen der samischen Bevölkerung vertritt.
Besonders beeindruckend war der traditionelle samische Gesang, der Joik. Bei einem kulturellen Abend im Hotel gab es die Gelegenheit, einen lokalen Künstler zu erleben, der diese uralte Gesangsform präsentierte. Der Joik ist mehr als nur Musik – er ist eine Art, Gefühle, Personen oder Orte durch Klang zu repräsentieren. Die eindringlichen, oft melancholischen Melodien gingen unter die Haut und vermittelten ein tiefes Gefühl der Verbundenheit mit dem Land und seiner Geschichte. Der Joik wurde 2017 in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Auf einem lokalen Handwerksmarkt konnte traditionelle samische Handwerkskunst bewundert werden – von kunstvoll geschnitzten Holzgegenständen über handgefertigten Schmuck aus Rentierhorn bis hin zu den charakteristischen bunten Webarbeiten. Die traditionelle samische Tracht, der Gákti, ist besonders farbenfroh und variiert je nach Region. Die Farben, Muster und Verzierungen können Auskunft über die Herkunft, den Familienstand und sogar den Wohlstand einer Person geben.
Ein Ausflug ins Dreiländereck
Ein Höhepunkt der Reise war ein Tagesausflug zum Dreiländereck, dem Punkt, an dem Finnland, Schweden und Norwegen aufeinandertreffen. Von Hetta aus führte die Fahrt etwa zwei Stunden durch eine immer karger werdende Landschaft. Je weiter nördlich es ging, desto mehr veränderte sich die Natur – die Wälder wurden lichter, die Bäume kleiner, bis schließlich die Baumgrenze überschritten wurde und die offene Tundra begann.
Der letzte Teil des Weges zum Dreiländereck musste zu Fuß zurückgelegt werden. Ein gut ausgebauter Pfad führte durch eine karge, aber auf ihre Weise wunderschöne Landschaft. Niedrige Birken, Flechten und Moose bedeckten den Boden, und in der Ferne erhoben sich die majestätischen Gipfel der skandinavischen Berge.
Der gelbe Markierungsstein, der das Dreiländereck kennzeichnet, steht auf dem Berg Treriksröset (Drei-Reiche-Stein) auf 489 Metern über dem Meeresspiegel. Er wurde 1926 errichtet und ist der nördlichste Punkt Finnlands. Interessanterweise ist dies nicht der einzige Punkt, an dem die drei Länder zusammentreffen – es gibt einen weiteren Dreiländerpunkt weiter südlich bei Kilpisjärvi.
Die Aussicht von diesem Punkt war spektakulär – in alle Richtungen erstreckte sich eine weite, offene Landschaft, durchzogen von Flüssen und Seen, die in der Sonne glitzerten. Die Luft war so klar, dass man meilenweit sehen konnte, und der Himmel schien unendlich.
Auf dem Rückweg wurde ein Abstecher nach Kilpisjärvi gemacht, einem kleinen Ort auf der finnischen Seite, direkt an der Grenze zu Norwegen. Hier wurde der Berg Saana bestiegen, einer der markantesten Berge Finnlands mit seiner charakteristischen, abgeflachten Form. Mit 1.029 Metern ist er einer der höchsten Berge Finnlands, obwohl er im internationalen Vergleich eher bescheiden wirkt. Der Aufstieg war anstrengend, aber die Aussicht vom Gipfel entschädigte für alle Mühen – der tiefblaue Kilpisjärvi-See lag vor den Augen, umgeben von den Bergen Finnlands, Schwedens und Norwegens.
Geschichte Lapplands: Zwischen Mythos und Moderne
Während des Aufenthalts in Lappland wurde viel über die faszinierende Geschichte dieser Region gelernt. Lappland, oder Sápmi, wie es in der samischen Sprache heißt, erstreckt sich über die nördlichen Teile von Norwegen, Schweden, Finnland und der russischen Halbinsel Kola. Es ist die Heimat der Samen, die hier seit mindestens 5.000 Jahren leben, wie archäologische Funde belegen.
Die Geschichte Lapplands ist geprägt von der Anpassung an extreme Naturbedingungen, von kulturellen Begegnungen und leider auch von Konflikten. Die Samen lebten traditionell als Nomaden, die mit ihren Rentierherden durch die Jahreszeiten zogen. Diese Lebensweise wurde jedoch im Laufe der Jahrhunderte durch die zunehmende Besiedlung durch Finnen, Schweden und Norweger und durch staatliche Assimilierungspolitik stark eingeschränkt.
Besonders interessant waren die Geschichten über den Zweiten Weltkrieg in Lappland. Als Finnland 1944 einen Separatfrieden mit der Sowjetunion schloss, wurden die deutschen Truppen, die bis dahin Verbündete waren, zu Feinden. Beim Rückzug aus Finnland wandten die deutschen Truppen die „verbrannte Erde“-Taktik an und zerstörten fast alle Gebäude und Infrastruktur in Lappland. Etwa 100.000 deutsche Soldaten zogen sich durch Lappland zurück und hinterließen eine Spur der Verwüstung. Enontekiö war eine der wenigen Gemeinden, die teilweise verschont blieben, aber in vielen anderen Orten musste alles von Grund auf neu aufgebaut werden. Der sogenannte „Lapplandkrieg“ dauerte von September 1944 bis April 1945 und ist ein oft übersehenes Kapitel des Zweiten Weltkriegs.
Heute ist Lappland eine Region im Wandel. Die traditionelle Rentierwirtschaft existiert noch immer, aber viele Samen arbeiten auch im Tourismus, in der Forstwirtschaft oder in anderen modernen Berufen. Die samische Kultur erlebt eine Renaissance, mit zunehmendem Stolz auf die eigene Sprache, Musik und Traditionen. Gleichzeitig steht die Region vor Herausforderungen wie dem Klimawandel, der die empfindlichen arktischen Ökosysteme bedroht, und Konflikten um Landnutzungsrechte zwischen traditioneller Rentierhaltung und modernen Industrien wie Bergbau und Forstwirtschaft.
Beeren, Pilze und die Gaben der Natur
Ein besonderes Erlebnis während des Aufenthalts war das Sammeln von wilden Beeren und Pilzen. Finnland hat ein sogenanntes „Jedermannsrecht“ (jokamiehenoikeus), das es jedem erlaubt, in der Natur zu wandern und wilde Beeren und Pilze zu sammeln, unabhängig davon, wem das Land gehört. Dieses Recht ist tief in der nordischen Kultur verankert und geht auf Zeiten zurück, als das Überleben von der Fähigkeit abhing, Nahrung in der Wildnis zu finden.
Ausgerüstet mit Körben und einer Bestimmungshilfe für Pilze, die im Hotelladen gekauft wurde, ging es auf die Suche. Die Wälder um Hetta waren ein wahres Paradies für Sammler – Heidelbeeren und Preiselbeeren wuchsen in Hülle und Fülle, und auch verschiedene Pilzarten konnten entdeckt werden. Finnland ist eines der beerenreichsten Länder der Welt, mit einer jährlichen Ernte von etwa 500 Millionen Kilogramm wilden Beeren, von denen jedoch nur etwa 10% gesammelt werden – der Rest bleibt in der Natur.
Die Beeren in Lappland sind besonders aromatisch, da sie durch die Mitternachtssonne mehr Sonnenlicht bekommen und langsamer reifen als in südlicheren Gefilden. Die arktischen Beeren enthalten zudem mehr Antioxidantien als ihre südlichen Verwandten, eine Anpassung an die harten Umweltbedingungen und die intensive UV-Strahlung während des arktischen Sommers.
Das Pilzglück hielt sich anfangs in Grenzen, da nur die Arten gesammelt wurden, die sicher bestimmt werden konnten. Doch mit Hilfe eines freundlichen Hotelmitarbeiters, der einige Tipps gab, wurden schließlich auch einige Steinpilze und Pfifferlinge gefunden. In Finnland wachsen etwa 2.000 Großpilzarten, von denen etwa 200 essbar sind.
Das Küchenteam des Hotels bot sogar an, die gesammelten Pilze zuzubereiten, und so gab es am Abend ein köstliches Pilzrisotto mit selbst gesammelten Zutaten – ein Geschmackserlebnis, das die Verbindung zur Natur Lapplands noch intensiver machte.
Angeln im Land der tausend Seen
Finnland wird nicht umsonst das „Land der tausend Seen“ genannt – tatsächlich gibt es hier über 188.000 Seen, die mehr als 10% der Landesfläche bedecken. Auch die Region um Enontekiö ist reich an Gewässern, und das Angeln ist hier eine beliebte Aktivität für Einheimische und Touristen gleichermaßen.
Mit geliehener Angelausrüstung aus dem Hotel und den notwendigen Angelscheinen für die lokalen Gewässer ging es früh am Morgen (obwohl die Uhrzeit in der Zeit der Mitternachtssonne eher eine theoretische Größe ist) zum Ounasjärvi-See. Die Stille auf dem Wasser war magisch – nur das leise Plätschern des gemieteten Ruderbootes und gelegentlich der Ruf eines Vogels durchbrachen die Ruhe.
Die Geduld wurde belohnt – nach einigen Stunden waren zwei schöne Forellen gefangen. Die Gewässer Lapplands beherbergen eine Vielzahl von Fischarten, darunter Forellen, Saiblinge, Äschen, Hechte und den begehrten Lachs. Der Fischreichtum ist ein Ergebnis der sauberen, sauerstoffreichen Gewässer und der strengen Umweltschutzmaßnahmen Finnlands.
Das Hotel bot einen Service an, bei dem Gäste ihren Fang in der Hotelküche zubereiten lassen können, und so gab es am Abend frisch gefangene Fische, begleitet von lokalen Kräutern und Gemüse. Die Forellen wurden auf traditionelle finnische Art zubereitet – einfach mit Butter, Dill und Zitrone, um den frischen Geschmack des Fisches nicht zu überdecken.
Die Magie der finnischen Sauna
Kein Bericht über Finnland wäre vollständig ohne die Erwähnung der Sauna. Die Sauna ist ein integraler Bestandteil der finnischen Kultur und Lebensweise, und nirgendwo wird diese Tradition lebendiger gepflegt als in Lappland. Das finnische Wort „sauna“ ist eines der wenigen finnischen Wörter, das in viele andere Sprachen übernommen wurde.
Das Lapland Hotel Hetta verfügt über eine wunderschöne Sauna mit Blick auf den See, die fast täglich genutzt wurde. Nach langen Wanderungen oder Angelausflügen gab es nichts Besseres, als in der heißen, trockenen Luft der Sauna zu schwitzen und anschließend in den kühlen See zu springen.
Die finnische Sauna ist mehr als nur ein Ort zum Schwitzen – sie ist ein sozialer Raum, ein Ort der Reinigung und Erneuerung, und hatte traditionell auch spirituelle Bedeutung. In der Vergangenheit wurden in der Sauna Kinder geboren, Kranke geheilt und sogar die Toten für die Bestattung vorbereitet. Die UNESCO hat die finnische Saunakultur 2020 in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.
In Finnland ist die Sauna ein Ort der Gleichheit und des offenen Gesprächs. Bei einem gemeinsamen Saunaabend mit anderen Hotelgästen und einigen Einheimischen erfuhr man mehr über das Leben in Lappland als bei jeder Touristeninformation.
Ein besonderes Erlebnis war eine traditionelle Rauchsauna, die bei einem Ausflug zu einem lokalen Bauernhof kennengelernt werden konnte. Diese älteste Form der finnischen Sauna hat keinen Schornstein – der Rauch zieht durch ein Loch in der Wand ab, nachdem das Feuer heruntergebrannt ist. Der Geruch des geräucherten Holzes und die sanfte, tiefe Hitze schufen eine ganz besondere Atmosphäre. Das Aufheizen einer Rauchsauna dauert 5-8 Stunden, erzeugt aber eine besonders weiche, langanhaltende Wärme, die von Saunaenthusiasten besonders geschätzt wird.
Abschied von Lappland
Nach zwei intensiven Wochen in Enontekiö neigte sich das Abenteuer in Lappland dem Ende zu. Am letzten Abend wurde lange am Ufer des Ounasjärvi-Sees gesessen und die Erlebnisse Revue passieren gelassen.
Lappland hatte mit seiner unberührten Natur, seiner reichen Kultur und seiner besonderen Atmosphäre tief beeindruckt. Ja, die Mücken und Bremsen waren eine Herausforderung gewesen, aber sie konnten den Zauber dieses besonderen Ortes nicht schmälern.
Am nächsten Morgen wurden schweren Herzens die Koffer gepackt und Abschied vom freundlichen Personal des Lapland Hotel Hetta genommen, das in den vergangenen Wochen fast wie ein zweites Zuhause geworden war.
Als das Auto die Straße Richtung Süden einschlug, wurde noch ein letzter Blick zurück auf die sanften Hügel und den glitzernden See geworfen. Dies war nicht der letzte Besuch in Lappland gewesen. Die Weite der Landschaft, die Stille der Wälder und die Magie der Mitternachtssonne hatten für immer in ihren Bann gezogen.
Praktische Tipps für eine Sommerreise nach Lappland
Für alle, die selbst eine Reise nach Finnisch-Lappland im Sommer planen, hier einige praktische Tipps:
- Mückenschutz ist essentiell: Investiert in gute Mückenschutzmittel (am besten vor Ort kaufen, da diese auf die lokalen Arten abgestimmt sind), lange, helle Kleidung und eventuell Kopfnetze. Die besten Zeiten für Outdoor-Aktivitäten sind der späte Vormittag und frühe Nachmittag, wenn die Mücken weniger aktiv sind.
- Packt für alle Wetterlagen: Auch im Sommer kann das Wetter in Lappland unberechenbar sein. Temperaturen können von über 25°C bis unter 10°C schwanken, und Regenschauer sind jederzeit möglich. Schichtkleidung ist der Schlüssel.
- Mitternachtssonne und Schlaf: Die ständige Helligkeit kann den Schlafrhythmus durcheinanderbringen. Eine Schlafmaske ist unerlässlich, und vielleicht auch Verdunkelungsvorhänge, falls die Unterkunft keine hat.
- Respektiert die Natur: Das „Jedermannsrecht“ erlaubt viele Freiheiten in der finnischen Natur, aber es bringt auch Verantwortung mit sich. Hinterlasst keinen Müll, macht kein Feuer außer an designierten Stellen und respektiert die Tierwelt.
- Lernt ein paar finnische Worte: Die Finnen schätzen es sehr, wenn Besucher sich bemühen, ein paar Worte in ihrer Sprache zu lernen. „Kiitos“ (Danke), „Hei“ (Hallo) und „Kippis“ (Prost) öffnen viele Türen.
- Nehmt euch Zeit: Lappland ist ein Ort, den man langsam erkunden sollte. Plant nicht zu viele Aktivitäten, sondern lasst euch Zeit, die Natur zu genießen und die besondere Atmosphäre auf euch wirken zu lassen.
- Probiert lokale Spezialitäten: Die lappländische Küche bietet viele Besonderheiten – von Rentierfleisch über frischen Fisch bis hin zu wilden Beeren. Lasst euch auf diese neuen Geschmackserlebnisse ein.
Mit diesen Tipps steht dem eigenen Lappland-Abenteuer nichts mehr im Wege. Trotz der kleinen Herausforderungen, die der lappländische Sommer mit sich bringt, ist diese Region ein wahres Paradies für Naturliebhaber und alle, die einmal dem Alltag entfliehen und die Magie des hohen Nordens erleben möchten.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Reisen nach Lappland im Sommer
ü°°üöüöüöüüäääöüööüöüüäüößäääüäääüäüääöüöüäüäÜöäöüößößääöüüüä Wann ist die beste Zeit, um Lappland im Sommer zu besuchen?Die beste Zeit für einen Sommerbesuch in Lappland ist von Mitte Juni bis Mitte August. In dieser Zeit herrschen angenehme Temperaturen zwischen 15°C und 25°C, und die Natur steht in voller Blüte. Die Mitternachtssonne ist von Ende Mai bis Ende Juli zu sehen, mit dem Höhepunkt um den 21. Juni (Sommersonnenwende). Wenn Sie die Mückenplage minimieren möchten, ist Anfang Juni oder Ende August besser geeignet, da die Mücken dann weniger aktiv sind.
Wie kommt man am besten nach Finnisch-Lappland?Die einfachste Möglichkeit, nach Finnisch-Lappland zu gelangen, ist das Flugzeug. Internationale Flüge landen in Helsinki, von wo aus Inlandsflüge zu den lappländischen Flughäfen wie Rovaniemi, Kittilä oder Ivalo möglich sind. Alternativ kann man mit dem Nachtzug von Helsinki nach Rovaniemi oder Kolari fahren. Für die Anreise nach Enontekiö ist ein Mietwagen empfehlenswert, da die öffentlichen Verkehrsverbindungen begrenzt sind. Im Winter gibt es auch Charterflüge direkt zum kleinen Flughafen Enontekiö.
Wie schlimm sind die Mücken wirklich?Die Mückensituation in Lappland im Sommer ist nicht zu unterschätzen, besonders im Juli. Die Mücken können in großen Schwärmen auftreten und sind besonders in der Nähe von Gewässern und in Waldgebieten aktiv. Mit der richtigen Vorbereitung (Mückenschutzmittel, lange Kleidung, Kopfnetze) und Planung (Aktivitäten in offenen, windigen Gebieten) lässt sich das Problem jedoch gut bewältigen. Die Mücken sind zwar lästig, sollten aber kein Grund sein, auf eine Reise nach Lappland zu verzichten.
Kann man in Lappland im Sommer die Nordlichter sehen?Nein, die Nordlichter (Aurora Borealis) sind im Sommer in Lappland nicht zu sehen. Dies liegt daran, dass es aufgrund der Mitternachtssonne zu hell ist, selbst wenn die Nordlichter aktiv sind. Die beste Zeit für die Beobachtung von Nordlichtern ist von September bis März, wenn die Nächte dunkel sind. Wenn Sie sowohl die Mitternachtssonne als auch die Nordlichter erleben möchten, müssten Sie zweimal nach Lappland reisen.
Ist Lappland im Sommer teuer?Finnland gehört generell zu den teureren Reisezielen in Europa, und Lappland ist keine Ausnahme. Die Preise für Unterkunft, Essen und Aktivitäten liegen über dem europäischen Durchschnitt. Eine Übernachtung in einem mittelklassigen Hotel kostet etwa 100-150 Euro pro Nacht, ein Hauptgericht im Restaurant zwischen 20-30 Euro. Es gibt jedoch Möglichkeiten, Kosten zu sparen, wie z.B. Selbstversorgung in Ferienhäusern, Camping (dank des Jedermannsrechts teilweise auch wild möglich) und die Nutzung kostenloser Naturattraktionen und Wanderwege.
Wie ist die medizinische Versorgung in Lappland?Die medizinische Versorgung in Finnland ist generell sehr gut, aber in den dünn besiedelten Gebieten Lapplands können die Entfernungen zu medizinischen Einrichtungen groß sein. Größere Orte wie Rovaniemi haben Krankenhäuser, während kleinere Gemeinden wie Enontekiö nur über Gesundheitszentren verfügen. Für Notfälle gibt es einen gut funktionierenden Rettungsdienst, der auch entlegene Gebiete erreicht. Eine Reisekrankenversicherung ist dennoch dringend zu empfehlen, und chronisch Kranke sollten ihre Medikamente in ausreichender Menge mitbringen.
