Ilsa J. Bick – Ashes

Ilsa J. Bick – Ashes

Ohne Star Trek wäre Ilsa J. Bick vielleicht nie veröffentlicht worden. Bick wuchs mit der Originalserie auf. Als sie begann, Fiktion zu schreiben, griff sie auf das bekannte Universum zurück, weil sie sich seit ihrer Kindheit auf die Enterprise träumte. Sie verfasste drei Star Trek - Bücher, drei eigene Romane und 30 bis 40 Geschichten, kam aber nie bei einem Verlag unter. Sie war kurz davor, die Schriftstellerei aufzugeben, als sie 1998 von dem Schreibwettbewerb „Strange New Worlds" hörte, der Star Trek - Fanfiction auszeichnete. Sie reichte „A Ribbon for Rosie" ein - und gewann. Dieser Sieg ebnete ihren Weg als Autorin der offiziellen Star Trek - Begleitromane, was ihr letztendlich ermöglichte, eigene Welten zu erschaffen. ist der erste Band ihrer gleichnamigen Jugendtrilogie, für die Bick nicht in die Sterne, sondern in die Herzen der Menschen schaut.

Alex bittet lieber um Entschuldigung als um Erlaubnis. Hätte sie ihren Ärzten oder ihrer Tante Hannah erzählt, was sie vorhat, hätten sie es ihr auf jeden Fall verboten. Sie finden, eine schwerkranke 17-Jährige sollte nicht allein wandern gehen. Alex hingegen ist überzeugt, dass der tennisballgroße Tumor in ihrem Hirn der beste Grund ist, den Trip zu machen. Solange sie noch kann. Vier Tage nach ihrer Ankunft im Waucamaw Nationalpark wird ihre morgendliche Ruhe gestört: Ein alter Mann und seine etwa 8-jährige Enkelin tauchen in ihrem Lager auf. Sie stellen sich als Jack und Ellie vor. Dann implodiert die Welt. Jack bricht zusammen, wilde Tiere drehen durch und Alex wird von feurigen Kopfschmerzen in die Knie gezwungen. Als der Schmerz nachlässt, ist nichts mehr wie vorher. Alle elektrischen Geräte sind ausgefallen. Jack ist tot. Auf einmal ist Alex für Ellies Sicherheit verantwortlich. Doch mit dem Zwischenfall ist etwas mit den Menschen geschehen. Etwas, das sie in Monster verwandelt ...

Ilsa J. Bick ist etwas gelungen, dass nicht mehr viele Young Adult - Autor_innen schaffen: Sie hat mich ehrlich überrascht. Mittlerweile bin ich daran gewöhnt, dass Leser_innen von Jugendromanen tendenziell eher sanft angefasst und mit den unappetitlichen Seiten der Realität selten ungefiltert konfrontiert werden. Ich hatte immer Zweifel daran, ob das notwendig ist. Ich glaube, dass auch eine jüngere Leserschaft durchaus in der Lage ist, drastische Schilderungen auszuhalten - solange sie gewisse Grenzen nicht überschreiten und durch die Geschichte motiviert sind. verzichtet auf Filter. Bick scheint genau wie ich Vertrauen in die Resilienz jugendlicher Leser_innen zu haben. Ihre sympathisch bodenständige Protagonistin Alex muss in einer Welt überleben, die sich innerhalb eines Lidschlags in eine feindliche Umgebung verwandelt und wahrhaft apokalyptisch anmutet. Was Alex an diesem verhängnisvollen Morgen im fiktiven Waucamaw Nationalpark erlebt, ist eine Welle massiver elektromagnetischer Impulse, kurz EMP. Es ist Fakt, dass die Strahlung eines solchen Impulses verheerende Auswirkungen auf elektrische Geräte haben kann, von Fehlfunktionen bis zum Totalausfall. Aber was bedeutet ein EMP dieser Größenordnung für Menschen und Tiere, in deren Gehirnen ständig elektrische Spannungen erzeugt werden? Dieser Frage geht Bick in nach und zeichnet ein beängstigendes Bild, das mich wirklich gruselte. Ich glaube zwar nicht, dass die beschriebenen Konsequenzen für Lebewesen tatsächlich realistisch sind, doch ich fand diesen Auslöser originell und die Vorstellung allein reichte aus, um mir unangenehme Schauer über den Rücken zu jagen. Alex und Ellie begegnen Menschen und Tieren, die völlig auf ihre Urinstinkte reduziert sind. Deshalb erschienen mir Bicks explizite Beschreibungen ihrer abstoßenden, schockierenden Beobachtungen keineswegs unangemessen oder inakzeptabel: Sie zeigt das animalisch-aggressive Potential in uns allen und präsentiert damit eine Wahrheit, vor der wir allzu oft die Augen verschließen möchten. hätte nicht denselben Effekt, hätte sie diese Wahrheit beschönigt oder verklärt. Dennoch erfindet der Trilogieauftakt das Rad nicht neu. Trotz des authentischen Umgangs mit Gewalt und Brutalität finden sich diverse Motive und Handlungsstrukturen, die typisch für das Genre sind. Schon die Beziehung zwischen Alex und Ellie - und später zu einer dritten Person, die ich nicht näher vorstellen werde - ist in ihrem Verlauf vorhersehbar. Die Dramatik des Buches ergibt sich aus Wendungen, mit denen Leser_innen, die häufiger zu postapokalyptischer Literatur greifen, bestens vertraut sind. Ich konnte erkennen, dass Ilsa J. Bick sich bemühte, eingefahrene Muster mit frischen Ideen aufzulockern, aber ganz neue Wege beschreitet sie nicht.

Zusammengefasst ist definitiv eine der besseren Young Adult - Postapokalypsen, wenn auch nichts für schwache Nerven oder Mägen. Ich empfand das Gesamtszenario als glaubwürdig und konnte mich problemlos mit den Figuren anfreunden. Es ist spürbar, dass Ilsa J. Bick Erfahrung mit Überlebensstrategien in der Wildnis hat und weiß, wovon sie spricht, wenn sie Methoden zum Feuermachen, Bauen eines Unterschlupfes oder zur Wundversorgung illustriert. Ebenso schätze ich ihren Einfall, die horrenden Veränderungen unserer Zivilisation durch eine Welle von EMPs auszulösen, als kreative Abwechslung und bin positiv überrascht, dass sie die Samthandschuhe bei den Veranschaulichungen der konkreten Auswirkungen weglässt. Letztendlich gelangt hinsichtlich der menschlichen Natur jedoch zu denselben Schlussfolgerungen wie jeder postapokalyptische Roman: Eine Kleinigkeit reicht aus, um uns wieder zu Tieren werden zu lassen, was die wenigen rechtschaffenen, selbstlosen Exemplare unserer Spezies ernsthaft bedroht. Diese Annahme ist der Grundstein des Genres, den der erste Band der -Trilogie vermutlich formal bestätigen musste. Gut, da das nun erledigt ist - ich bin bereit für etwas Originalität in den Folgebänden!


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