Ilanga in Hamburg : Südafrikas Sonnen- und Schattenseiten

Sarah Lasaki

Moderatorin Sarah Lasaki


 
„Ilanga“ ist Zulu und heißt übersetzt „Sonne“. Ausgerechnet sie machte sich rar beim ersten „Ilanga-Festival“ in Planten un Blomen. Das war ein bisschen schade, denn gerade dieser Party zu 20 Jahren Freiheit in Südafrika hätte man besseres Wetter gewünscht. Dann wären bestimmt auch mehr Zuschauer zu Musik, Tanz und Information ins Open-Air-Terrain gepilgert. Nichtsdestotrotz: Diejenigen, die da waren feierten ausgelassen, freuten sich über exzellente Acts und betrachteten das heutige Südafrika keineswegs unkritisch.

Von Kerstin Völling

Man kennt sich. „So viele Südafrikaner leben nicht in Hamburg“, sagt Jessica Nupen. „Wir sind schon so etwas wie eine kleine Familie“, fügt die Mitorganisatorin des ersten „Ilanga-Festivals” hinzu. Damit meint sie nicht nur die „echten“ Südafrikaner, sondern auch alle, die sich dem Land verbunden fühlen und sich in irgendeiner Weise für es engagieren.

Jessica

Jessica Nupen

Rund 20 Jahre ist es jetzt her, dass der ANC bei den ersten allgemeinen, freien Wahlen des Landes siegte und Nelson Mandela Präsident wurde. Jessica war am 27. April 1994 gerade sieben Jahre alt. Aber sie erinnert sich genau: „Schwarze, Weiße, Alte, Junge – alle standen in der gleichen Schlange, um ihre Stimmen abzugeben. Viele wählten zum ersten Mal in ihrem Leben.“ Dieses Gefühl des Aufbruchs werde sie nie vergessen. Die Gesellschaft ihrer Heimat beschäftigt die Profi-Tänzerin noch immer. Nicht lange her, da hat die gebürtige Johannesburgerin das Tanztheaterstück Afridyssey kreiert und choreografiert. Ihre Eltern engagierten sich im ANC. „In Südafrika ist noch lange nicht alles toll“, sagt sie. „Aber wir sind schon ein ganzes Stück weitergekommen. Wir sind die neue Generation, wir werden das Land voranbringen.“ The youth is fun and funky. Es ist möglich zusammenzuwachsen.

Das glauben alle Akteure des Ilanga-Festivals. Diesen Geist feiern sie. Bethina Walbaum hat sie angerufen, um dieses Festival auf die Beine zu stellen. „Sie“, das sind die Mitglieder von „Dube“, die Formation, in der Walbaum spielt und singt. „Sie“, das sind aber auch Anri Coza und ihre Band, das ist André de Lang und die quirlige Moderatorin Sarah Lasaki. Nicht zu vergessen: Issiaka Moussa. Der kommt zwar aus Togo. Aber hier mit Jessica Nupen zu tanzen, ist für ihn Ehrensache.

Nupen und Moussa2

Jessica Nupen und Issiaka Moussa

Auch der Tanz drückt aus: Schwarz und Weiß kommen sich näher, ergänzen sich, sind wunderbar anzusehen.

Nupen und Moussa

Noch eine lebensfrohe Seite Afrikas: „Dube“ spielen typische Rhythmen in Songs wie „Soul Reunion“.

Dube1

Das geht sofort in die Beine. Ausgelassene Stimmung auf der Tanzfläche:

Stimmung1

Stimmung3

Dann kommt ein Mann mit ganz viel Seele im Gesang. Er ist für das „Ilanga-Festival“ extra aus Stockholm angereist. „Viele Menschen in Deutschland haben sich zu Zeiten der Apartheid für uns eingesetzt“, sagt André de Lang aus Port Elizabeth. „Danke dafür.“ Es sei nach 20 Jahren Freiheit nicht alles perfekt. „Eher chaotisch“, schiebt er nach. „Aber da müssen wir wohl durch, wenn wir unseren eigenen Weg gehen wollen.“ Amazing Grace – eine westafrikanische Melodie.

Wie schwer der Weg ist, deuten Nozipho Mkhabela und Sean Kuryszczuk an. Sie gehören der Organisation „Where do Refugees come from (WDRCF)“ an. „In Deutschland herrscht der Glaube, alle afrikanischen Flüchtlinge wollten nach Europa“, sagt Nozipho. Aber das stimme nicht. Südafrika ist mittlerweile das begehrteste Einwanderungsland. Nicht alle Südafrikaner kämen damit zurecht. „Das Problem heißt Xenophobia“, sagt Sean. Das sei leider ein Phänomen geworden, das WDRCF mit Ubuntu bekämpfen wolle. Im Info-Zelt sind Fotos an Stellwänden geheftet. WDRCF geht auf dem afrikanischen Kontinent auf Spurensuche nach den Flüchtlingen. So starb der Somalier Sam Zahira Sameera auf seiner langen Flucht nach Südafrika durch Erschöpfung. Und in Malawi müssen Flüchtlinge in Camps arbeiten, in denen sie Ziegelsteine herstellen. Ohne Genehmigung dürfen Flüchtlinge außerhalb des Camps nicht arbeiten. So bleiben Fähigkeiten von Ärzten, Juristen und Künstlern ungenutzt.

„Es gibt immer noch eine sehr große Diskrepanz zwischen Arm und reich in Südafrika“, sagt Heike Spiegelberg. Sie hat ein Jahr in Südafrika gearbeitet. „Mehr als Zweidrittel der Menschen leben noch in Armut.“ Sie hätte der enorme Wandel kaum erreicht. „Das ist eine Erbe der Apartheid“, sagt sie. „Das lässt sich nicht so schnell ändern. Dann erzählt sie aber von einem ihr bekannten Jungen aus dem Township, der es bis in die Universität und danach in die Stadtverwaltung von Johannesburg geschafft habe. Es gebe Hoffnung.

Und in diesem hoffnungsvollen Südafrika ist auch Platz für eingängige, aber keineswegs seichte Pop-Musik: Anri Coza besticht vor allem durch ihre Stimme. „Hammer“, sagt eine Zuschaurin nach der Ballade „Bravery“.

Und sogar Horst Brammer ist gekommen, Gesandter und stellvertretender Leiter der Botschaft der Republik Südafrika.



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