Der wohl unangenehmste Aspekt an der WM ist wohl weniger der Hurra-Patriotismus, als vielmehr das Bedürfnis „Hurra“ zu schreien. So scheint es nicht oder kaum das ernsthafte Bekenntnis zum Vaterland zu sein, das die Horden zum Flagge schwenken drängt, als vielmehr die Begeisterung, zuschauend dergestalt affektiert zu werden, als dass die eigene Unfähigkeit ins Spielgeschehen einzuschreiten eine Spannung erzeugt, die sich im freudigen Aufschrei orgasmusartig entladen möchte. Dabei muss wohl der Freudentaumel überproportional zur Anzahl der anwesenden Mitfiebernden zunehmen, denn schließlich scharen sich die Be(un)geisterten nicht von Ungefähr in grölende Massen zusammen. Jeden Samstag um halb vier lässt sich dies beobachten. Aber besonders im Zwei-Jahres-Takt, von EM zu WM, schlägt der Drang mitzufiebern voll durch. Dann findet das Bedürfnis nach aufbrausender Kollektivität sein liebstes Objekt: die Nation. Jetzt ist garantiert, dass die Schar der Jubelnden die eigene Stadtgrenze überschwappt und erst ihr Ende findet an der Emotionswelle der Nachbarnation. Zusätzlich reißt es selbst noch die in den Bann, denen der Fußball sonst herzlich gleichgültig ist. Hauptsache man ist Teil der Gefühlswelle, dessen erstes Opfer der Verstand ist, welcher eingelullt im Bierdunst zu Grunde gehen muss, wenn Deutschland und Ballermann koinzidieren.
Hierfür ein Beispiel: