Es geschah am Flughafen als Gemma entführt wurde. Als ein junger Mann sie erst auf ein Getränk einlud, ihr dann etwas reintröpfelte und sie davon trinken ließ. Nachdem die Drogen kaum noch Wirkung auf sie hatten, bemerkte Gemma erst, dass sie sich in einer Gegend befand die von heißem Wüstensand umzingelt war. Wo sie auch hinsah gab es nichts als den rötlichen Sand der sich bis zum Horizont erstreckte. Gemmas Chancen auf ihrer Flucht auf eine Stadt zu treffen verflüchtigten sich als ihr Entführer ihr erklärte, wo sie sich befanden.
Ty zeigte ihr nicht nur, dass es kaum unmöglich war zu Fuß zu entkommen, sondern auch die Vielfalt der australischen Wüste, die Pflanzen- und Tierwelt und die Schönheit der Landschaft. Er versuchte Gemma für das Land zu begeistern und sie seine Liebe spüren zu lassen indem er ihr die vollkommene Freiheit bot. Doch was sie eigentlich wollte, erfüllte er ihr nicht. Gemma wollte zurück nach London, aber ohne Tys Hilfe würde sie nie den Weg durch die Wüste überleben. Die Tage vergingen und Gemmas Angst verflüchtigte sich immer mehr, bis sie zu Ty Vertrauen fasste. Er hatte ihr nie weh getan und wollte bloß, dass sie bei ihm blieb.
Blau wie der Ozean
Man hat das Gefühl als würde das Buch mitten in einer Geschichte beginnen. Anfangs geht alles ziemlich schnell und man weiß nicht, was man davon halten soll. Die Story wirkt ein wenig unrealistisch und dieses Gefühl hält bis zur letzten Seite an, aber dadurch geht die Bedrohlichkeit des Entführers soweit verloren, dass er einem gleich sympathisch ist. Im Laufe des Buchs erfährt man von Tys Leben und seine Geschichte geht Gemma als auch dem Leser eiskalt unter die Haut. Er wirkt verloren und auch wenn er Gemma immer wieder davon abhält zu fliehen und jede Möglichkeit auf einen Ausweg zunichtemacht, versteht man seine Sicht der Dinge.
Noch nie habe ich ein Buch gelesen, das in der Mitvergangenheit geschrieben wurde. Hier ist das aber der Fall gewesen und ich muss sagen, dass mich das sehr gestört hat. Besonders weil man selbst kaum in dieser Zeitform denkt, spricht oder eben liest. Aber wenn man zum Ende der Geschichte kommt, wird einem klar wieso ausgerechnet diese Form verwendet wurde. Sieht man davon ab, ist die Schreibweise sehr flüssig und leicht zu verstehen. Die Autorin hat zweifellos die Begabung einen bösen Entführer in einen naturverbundenen, liebevollen jungen Mann zu verwandeln, mit dem man gerne seine Zeit während dem Lesen verbringt, weil man einfach mehr über ihn erfahren will.
Größtenteils spielt die Geschichte in der australischen Wüste und anfangs habe ich mir noch meine Gedanken gemacht, wie man eine interessante und spannende Geschichte in so einer Umgebung schreiben kann, in der nicht viel ist außer roter Sand, ein paar Felsen und die unendliche Hitze. Doch für Lucy Christopher schien das kein Hinderungsgrund zu sein. Das Gegenteil ist eher der Fall, denn mit einfachen Worten schafft sie es nicht nur als Ty die Landschaft für Gemma prachtvoll wirken zu lassen. Auch der Leser wird von der Schönheit überzeugt, ohne sie vielleicht sogar jemals gesehen zu haben.
Fazit
Es ist eine Kunst mit Worten Bilder zu erzeugen, die lebhaft und berauschend auf einen wirken. Diese Geschichte schien sich nur nebensächlich um die Entführung zu drehen, denn hauptsächlich ging es um die Wüstenlandschaft, die mehr beherbergt als das Auge auf den ersten Blick zu erkennen glaubt. Weil Ty derjenige ist, der Gemma und den Leser von dieser Pracht überzeugt, kann man nicht anders als ihn zu mögen, auch wenn man seine erste Tat nicht gutheißen kann. Das Ende kam für mich sehr überraschend, war aber daher umso realistischer. Es ist eine großartige Geschichte über die man lange nachdenken muss.
Irie Rasta Sistren dankt Chicken House herzlichst für die Bereitstellung dieses Buchs.