Ich will zu etwas nütze sein!

Von Wernerbremen

Quelle: Astrid Müller

Ihr Lieben,
auf vielfachen Wunsch möchte ich Euch heute Abend eine Geschichte erzählen, die ich bereits schon einmal erzählt habe, die ich heute aber in einer besonders schönen Fassung erzählen möchte. Die Geschichte stammt von Hermann-Josef Coehen:

„Zu etwas nütze sein“

Es war einmal ein kleiner Baumwollfaden, der hatte Angst,
dass er nicht ausreichte, so wie er war.
„Für ein Schiffstau bin ich viel zu schwach“, sagte er zu sich selbst, „für einen Pullover aber bin ich zu kurz. Um an andere Baumwollfäden anzuknüpfen, dazu habe ich zu viele Hemmungen. Für eine Stickerei eigne ich mich auch nicht. Dafür bin ich zu blass und farblos.
Ja, wenn ich ein glitzernder Goldfaden wäre,
dann könnte ich ein wundervolles Abendkleid zieren.
Aber so? Es reicht einfach nicht! Ich bin zu nichts nütze! Ich bin ein Versager! Niemand braucht mich. Niemand mag mich und ich mich selbst am allerwenigsten.“
So sprach der kleine Baumwollfaden zu sich, hörte sich traurige Musik an und fühlte sich sehr allein in seinem Selbstmitleid.
Da klopfte ein Klümpchen Wachs bei dem Baumwollfaden an und sprach:
„Lass Dich doch nicht so hängen, kleiner Baumwollfaden. Ich habe eine Idee:
Wir tun uns beide zusammen. Für eine große Kerze bist Du als Docht zu kurz und ich habe dafür auch nicht genug Wachs, aber als Teelicht reicht es allemal, wenn wir uns zusammentun. Wir zusammen werden zu einer kleinen Kerze, die wärmt und die diese Welt ein bisschen heller macht. Schließlich ist es besser, nur ein kleines Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu jammern.“

Quelle: Karin Heringshausen

Da war der kleine Baumwollfaden ganz glücklich und sagte:
Dann bin ich also doch zu etwas nütze!

Und, wer weiß, vielleicht gibt es ja auf der Welt noch mehr Baumwollfäden,
die sich mit einem Klümpchen Wachs zusammentun.


Ihr Lieben,

jede/jeder von uns hat in seinem Leben schon Zeiten erlebt, in denen er sich unnütz gefühlt hat, in denen er glaubte, ein Versager zu sein oder als solcher sogar bezeichnet wurde.
Ich habe diese Entmutigungen so häufig in meiner Jugend gehört („Aus Dir wird nie etwas Gescheites!“, „Du bist einfach zu blöd!“, „Du bist ein jämmerlicher Versager“).
Das führte dazu, wenn ich mich abends, bevor ich in Bett ging, bei uns zuhause in unserem mannshohen Spiegel im Bad betrachtete, ich gar nicht mehr die Person wahrnahm, die mich aus dem Spiegel anblickte, sondern nur ein jämmerliches Etwas erblickte.

Aber – und das ist das Entscheidende – wenn wir in einer solchen Phase stecken, in der wir uns unnütz und wertlos fühlen, dann kommt es darauf an, wie wir darauf reagieren.
Wir haben zwei Möglichkeiten: Wir können uns wie der kleine Baumwollfaden verhalten oder wie das Klümpchen Wachs. Wir können unsere Lage bejammern oder wir können kreativ werden und uns überlegen, wie wir unsere Lage verbessern können.

Wenn wir diese kleine Geschichte genau lesen, dann stellen wir doch etwas ganz Erstaunliches fest, in dem das Geheimnis dieser Geschichte verborgen ist:
Wenn wir es genau betrachten, dann hätten der kleine Baumwollfaden und das Klümpchen Wachs eigentlich doch alles Recht der Welt, sich als Versager zu betrachten, sich unnütz zu fühlen.
Denn – mal ehrlich – was wollen wir schon mit einem kleinen Baumwollfaden und einem Klümpchen Wachs anfangen? Ich bin mir sicher, dass in den meisten Haushalten ein kleiner Baumwollfaden und ein Klümpchen Wachs im Abfalleimer landen, was auch nichts anderes bedeutet als: „Ihr seid nicht (mehr) wert, Ihr seid unnütz!“

Aber wenn wir genau hinschauen, ist der Vorschlag des Klümpchens Wachs doch geradezu genial:
Die beiden, die sich unnütz fühlen, tun sich zusammen, sie erkennen, dass sie gemeinsam etwas für diese Welt tun können, dass sie gemeinsam etwas wert sind, dass sie gemeinsam als kleine Kerze dieser Welt Licht und Wärme schenken können.

Quelle: Karin Heringshausen

Ich würde mich riesig freuen, wenn viele von Euch auch erkennen würden, wie viel wert wir alle sind, dass Du, ja gerade Du, der Du das jetzt liest, ein wirklich wertvoller Mensch bist, ein Mensch, der mit seinem Licht und seiner Wärme diese Welt erwärmen und erhellen kann.
Ich würde mich sehr freuen, wenn sich viele Baumwollfäden mit vielen Klümpchen Wachs zusammentun würden, um das eigene Leben und diese Welt zu erwärmen und die eigene Dunkelheit und die der Welt zu erhellen.

Ich wünsche Euch einen fröhlichen unbeschwerten Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen

Quelle: Karin Heringshausen


Euer heiterer Baumwollfaden Werner