Ich war überall – Kolja Spöri
Die meisten von uns machen Reisen, um zu entspannen, dem Arbeitsalltag zu entfliehen und Neues kennenzulernen. Aber Reisen, um Punkte zu sammeln und in einer Rangliste dementsprechend aufzusteigen, war mir neu. Dabei dann auch noch freiwillig Orte zu besuchen, vor denen das Auswärtige Amt in Deutschland ausdrücklich warnt, ist dann richtig extrem.
Ich war überall – Kolja Spöri
Kolja Spöri reist so. Er war lange Jahre für die Formel 1 und Hilfsorganisationen unterwegs. Dabei ging er seinem ungewöhnlichen Hobby nach und sammelte Länderpunkte.
Über seine Art des „Dangertravel“ oder auch „Desastertravel“ hat er nun ein Buch geschrieben. „Ich war überall“ stimmt zwar nicht ganz, wie er selber in dem Buch zugibt. Aber fast überall reicht dann auch! Und er war sicherlich in mehr Ländern zu Besuch als so manch anderer Globetrotter, Abenteurer und Ottonormalverbraucher.
Denn ungewöhnlich ist dieser Reisestil schon und so widmet sich Spöri zuerst einigen seiner größeren und kleineren Reisen, bevor er sich der eigentlichen Theorie hinter seinen Reisen und seiner Ausrüstung widmet. Dieser erste Teil ist dann auch der weitaus interessanteste Teil des Buches.
Obwohl sich die vielen Überlandfahrten mit dem Auto doch wiederholen, punktet Spöri mit witzigen und spannenden Anekdoten und vor allem kritischen Tönen gegenüber einigen vorgefassten Meinungen, die bei vielen Menschen vorhanden sind.
Diese kritischen Zwischentöne sind die ganz große Stärke des Buches. Sie zeigen den Menschen eine Welt jenseits der Nachrichten und Vorurteilen, die in den Industrienationen gegenüber ärmeren oder andersgläubigen Ländern vorherrschen.
In der zweiten Hälfte des Buches wird Spöri leider zunehmend flach und viele positive Punkte verkehren sich ins Negative. Einerseits breitet der Autor seine Art des Reisens und die Theorie dahinter zu breit aus. Die Theorie und einige Internetseiten sind ja noch interessant, aber die Aufzählung und Erläuterung anderer „Länderpunktesammler“ ist wirklich zu lang.
Ist das Thema Ausrüstung auch für andere Reisende durchaus spannend, so ist seine Ansicht und Meinung zu anderen Reisenden und Reiseformen äußerst negativ geprägt. Für einen Mann der sich im ersten Teil sehr weltoffen und tolerant präsentiert, passen solche Vorurteile eigentlich nicht.
Hier kann man sich die Frage stellen, ob der Autor nicht grundsätzlich provozieren will. Frei nach dem Motte, je provokanter der Inhalt eines Buches, umso mehr Entrüstung provoziert es und umso mehr Einheiten werden verkauft.
Am Ende bleibt ein eher durchwachsenes Lesevergnügen. Die erste Hälfte äußerst spannend und auch positiv provokant, kommt danach eher Langeweile auf und man wundert sich, über die Intoleranz des Autors gegenüber anderen.