ICH VERGESSE DICH NICHT

Björn ist der schönen Diane in leidenschaftlicher Liebe verfallen. Aber sie verlässt ihn, um in San Franzisco ihre vielversprechende Karriere fortzusetzen. So herzlos, wie es scheint, ist sie jedoch nicht ...
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Diane ass mit Genuss einen Bissen des Hähnchens nach Veroneser Art.
"Es schmeckt absolut köstlich", lächelte sie Björn an.
"Danke, dass du meine Einladung zum Essen angenommen hast. Dieses neue italienische Restaurant war eine gute Empfehlung."
Er bewunderte wieder einmal Dianes Schönheit. Wenn es nach ihm ginge, wären sie längst verheiratet, aber Diane wollte von Heirat nichts wissen. Im Augenblick wirkte sie jedoch so entspannt und glücklich, dass er neue Hoffnung schöpfte.
"Björn, ich muss es dir endlich sagen: Ich werde nach San Franzisco gehen ..."
Der Schock war so gross, dass er Mühe hatte, zu atmen. Es war, als öffnete sich ein Abgrund unter ihm.
Sie sprach leise weiter, aber die Vorfreude war ihr deutlich anzuhören: "In einem Monat trete ich dort meine neue Stelle in einem multinationalen Konzern an, eine wahre berufliche Herausforderung für mich." Diane war Wirtschaftsexpertin.
Abrupt schob er seinen Teller zurück: "Wann hast du die Entscheidung getroffen? Und wann hast du dich dort vorgestellt?" Er konnte es nicht fassen, dass er nichts gemerkt hatte. Wieder einmal führte die Frau, die er liebte, ihm erbarmungslos vor Augen, wie wenig sie ihn an ihrem Leben teilhaben liess!
Sie sah ihn schuldbewusst an und rechtfertigte sich dann: "Björn, ich hatte dir von Anfang an gesagt ..."
"Ich weiss", winkte er ab. Ja, sie hatte ihm gesagt, dass sie sich niemals binden, niemals sesshaft werden würde. Aber er hatte gehofft, dass sie ihre Meinung ändern, dass es ihm gelingen würde, ihr Herz zu erobern. Nun musste er feststellen, wie fremd sie ihm geblieben war.
"Bitte, glaub mir, es ist mir schwer gefallen, diesen Schritt zu tun. Du bist der liebenswerteste Mann, den ich je kennengelernt habe, und keiner hätte es mehr verdient als du, glücklich zu sein. Aber mit mir würdest du dieses Glück nicht finden. In einer Ehe würde ich mich eingesperrt fühlen, dauernd hätte ich den Wunsch, auszubrechen. Und ich habe nicht das Recht, dich weiter hoffen zu lassen. Schau, ich hab das Vagabundentum im Blut."
Björn wusste, dass Dianes Vater Diplomat war, dass Diane in Afrika das Licht der Welt erblickt und dort ihre ersten beiden Lebensjahre verbracht hatte. Danach war es Indien gewesen, dann Marokko. Von dort war ihre Mutter mit der damals achtjährigen Diane nach Deutschland zurückgegangen und hatte sich scheiden lassen, aber in Deutschland hatte Diane sich nie heimisch gefühlt.
"Mach nicht ein so trauriges Gesicht, lass uns die Zeit, die uns bleibt, einfach geniessen", versuchte sie, ihn aufzumuntern.
Er dachte daran, wie sie sich kennengelernt hatten. Es war vor einem Jahr gewesen, im Urlaub in Marokko. Er beobachtete sie, wie sie in einem Basar gekonnt mit einem Händler feilschte. Als er merkte, wie begehrlich die Männer sie anstarrten, hatte er sich der schönen jungen Frau genähert und ihr seine Begleitung angeboten. Sie hatte ihn prüfend angesehen, gelächelt und sich dann einfach bei ihm eingehakt. Als er sie zum Essen einlud, hatte sie ihn vor sich gewarnt. Aber was nützt eine Warnung, wenn man sich auf den ersten Blick derart leidenschaftlich verliebt hatte?
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Einen Monat später brachte er Diane zum Flughafen, nahm sie ein letztes Mal in die Arme. Sie strich liebevoll über sein Gesicht: "Danke für alles, Björn, es war ein wunderbares Jahr." Dann schob sie ihn sanft von sich: "Und jetzt geh und schau dich nicht um, ich mag keine langen Abschiede."
Sie hatte einen Seidenschal bei ihm vergessen, dem noch ihr Parfüm anhaftete. Manchmal hielt er ihn an sein Gesicht, er brachte ihm ein wenig ihre Gegenwart zurück. Er hoffte auf einen Anruf, ein Lebenszeichen, aber nichts kam. Also betäubte er sich mit Arbeit, blieb bis spät in die Nacht in den Gewächshäusern des wissenschaftlichen Instituts, in dem er als Agraringenieur tätig war.
Eines Sonntag Nachmittags klingelte es an der Tür. Es war Karen, Dianes Halbschwester. Er hatte sie ein paarmal gesehen, als er noch mit Diane zusammen war und mochte sie, so wie man eine kleine Schwester mag.
Karen lächelte ihm zu: "Hallo Björn."
Er zwang sich, zurückzulächeln: "Grüss dich, Karen. Schön, dich zu sehen. Komm herein. Was führt dich zu mir?"
Etwas verlegen erwiderte sie: "Diane hat ihren Schal bei dir vergessen und möchte, dass ich ihn ihr schicke."
"Natürlich." Er holte den Schal, wobei er einen schmerzhaften Stich spürte. Diane wollte ihm also auch noch diese letzte Erinnerung nehmen!
"Danke, Björn. Ich möchte dich nicht länger aufhalten."
"Du störst mich nicht, im Gegenteil", erwiderte er hastig. "Bitte, setz dich doch. Du hast also etwas von Diane gehört? Wie geht es ihr?"
"Gut", erwiderte sie zurückhaltend. "Sie ist begeistert von ihrem neuen Leben, aber sie ist so beschäftigt, dass sie einfach nicht viel Zeit zum Telefonieren oder Schreiben hat."
Mitfühlend verschwieg sie ihm, dass Diane und sie schon ein paarmal ausgiebig miteinander telefoniert hatten. Ihre Schwester machte sich Sorgen um Björn. Und er sah tatsächlich nicht allzu gut aus.
Er strich sich über das kurzgeschorene Haar und schlug spontan vor: "Das Wetter ist so schön. Hast du Lust auf einen Spaziergang? Wir könnten danach Kaffee in diesem netten Waldgasthaus trinken."
Sie war wie er eine leidenschaftliche Naturliebhaberin und nahm gern die Einladung an, überzeugt davon, dass Björn mit ihr nur über Diane sprechen wollte.
Björn stellte den Wagen auf dem Parkplatz des Gasthauses ab. Während sie durch den Wald gingen, beantwortete Karen bereitwillig seine Fragen: Ja, die neue Arbeit gefiel Diane. Nein, von einem anderen Mann in ihrem Leben hatte sie nichts gesagt. "Und was machst du im Augenblick?" fragte sie schliesslich, um ihn abzulenken.
Er stellte fest, dass es ein wahres Vergnügen war, Karen von seiner Arbeit in den Gewächshäusern und auf den Versuchsfeldern zu erzählen. Sie hörte ihm aufmerksam zu und stellte kluge Fragen.
"Ich rede und rede. Jetzt bist du an der Reihe. Wie läuft es denn bei dir in der Bibliothek?"
Sie brachte ihn zum Lachen mit ihren Geschichten über ihre Leser, unter denen es auch den sprichwörtlich zerstreuten Professor gab. Die Zeit verging wie im Flug. Als sie vom Spaziergang zurückkamen, wurden im Gasthaus schon die Tische fürs Abendessen gedeckt.
"Macht nichts", erklärte sie vergnügt, "statt Kaffee zu trinken, essen wir eben zu Abend. Aber ich bestehe darauf, dass wir uns die Rechnung teilen!"
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In den nächsten Tagen sah er Karens Gesicht oft vor sich. Ihre hellblauen Augen, ihr blondes Haar, den weichen, beweglichen Mund. Er glaubte, ihr fröhliches Lachen zu hören.
Zehn Tage später fasste er sich ein Herz und rief sie an, um zu fragen, ob sie wieder Lust auf einen kleinen Ausflug hätte. Von da an sahen sie sich regelmässig, auf rein freundschaftlicher Basis, wie sie sich gegenseitig versicherten. Auch Karen hatte eine schmerzhafte Enttäuschung hinter sich, und ihre Wunden waren noch nicht verheilt.
Dann sollte Björn an einem wissenschaftlichen Kongress teilnehmen, der in San Franzisco stattfand.
"Du wirst sicher Diane besuchen?" Karen merkte überrascht, dass ihr das Herz schwer wurde und schüttelte über sich selbst den Kopf. Nie hatte ein Mann zwischen Diane und ihr gestanden, sie hatten sich immer gut verstanden, so verschieden sie auch waren. So verschieden wie ihre Väter, hatten sie oft festgestellt. Im Gegensatz zu Dianes weitgereisem Diplomatenvater war Karens Vater, den Dianes Mutter in zweiter Ehe geheiratet hatte, ein sesshafter Landarzt. Ihre Mutter hatte einmal gesagt, dass sie sich geirrt hatte, als sie glaubte, aus Liebe mit einem Diplomaten glücklich werden zu können.
"Ich weiss nicht einmal ihre Adresse", murmelte Björn.
"Ich gebe sie dir. Natürlich."
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In San Franzisco hinderten ihn jedoch Stolz und Selbstschutz daran, Verbindung mit Diane aufzunehmen. Aber war es wirklich nur das? Er wurde nicht klug aus seinen Gefühlen. Sie war es, die ihn schliesslich im Hotel anrief: "Hallo, Björn, Karen hat mir erzählt, dass du im Augenblick in San Franzisco bist. Ich finde, wir sollten uns treffen."
Ohne seine Antwort abzuwarten, schlug sie ein Essen in einem renommierten französischen Restaurant vor. Sie trafen gleichzeitig ein, und er stellte überrascht fest, dass er sich zwar freute, Diane wiederzusehen, dass ihre Schönheit ihn immer noch beeinbdruckte, dass sein Herz aber nicht mehr schmerzte. Nach dem Essen sassen sie noch bei einem Espresso zusammen. Als Diane ihm ihre Hand über den Tisch hinweg zuschob und er die seine darüberlegte, fand er den Kontakt angenehm. Mehr jedoch nicht.
Sie sah ihn aufmerksam an und bemerkte: "Du hast dich verändert."
"Findest du?"
Entspannt lehnte sie sich nun zurück: "Ja, du wirkst ruhiger und ausgeglichener. Es ist gut, dass du mich Quälgeist los bist." Scheinbar übergangslos fragte sie mit spitzbübischem Lächeln: "Hast du Karen immer noch keinen Heiratsantrag gemacht?"
Er brauchte einen Moment, um zu begreifen und runzelte dann die Stirn: "Karen und ich, wir sind nur gute Freude ..."
Sie verdrehte die Augen: "Genau das erzählt sie mir auch immer. Wie kann man nur so blind sein? Ich habe nie zwei Menschen gekannt, die besser zueinander passen als ihr."
Nachdenklich fügte sie hinzu: "Ist es nicht seltsam, dass man sich oft so leidenschaftlich in jemanden verliebt, der überhaupt nicht zu einem passt? Aber um auf Karen und dich zurückzukommen: Ich habe immer befürchtet, dass ihr eure Liebe zueinander entdecken könntet, als wir beide noch zusammen waren."
"Was für ein Unsinn", schüttelte er den Kopf, dann horchte er auf: "Warst du etwa eifersüchtig? Du, Diane?" Er konnte es nicht fassen.
"Ich habe dich geliebt, Björn, selbst wenn ich mir eher die Zunge abgebissen hätte, als es dir zu gestehen."
"Du hast ..."
Sie entzog ihm sanft ihre Hand und atmete tief durch: "Es ist vorbei. Deswegen kann ich jetzt darüber sprechen. Und bei dir ist es auch vorbei, was du auch sagen magst. Was mich betrifft, so weiss ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich merke es daran, wie glücklich ich hier bin. Ich möchte nur, dass du weisst, dass ich dich nicht zum Narren gehalten habe."
Und plötzlich begriff er, dass sie ihren Seidenschal zurückhaben wollte, um ihm ein unendlich kostbareres Geschenk zu machen: eine neue Liebe!
Aber der Augenblick der Rührung war vorbei. Lebhaft erzählte sie ihm nun von ihrer Arbeit, ihren beruflichen Erfolgen. Dann lächelte sie ihm zu: "Vielleicht werde ich, wenn ich alt bin, bereuen, keine Kinder und Enkel zu haben, deswegen sieh zu, dass ich wenigstens Neffen und Nichten bekomme!"
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Karen stand hinter der Absperrung in der Flughafenhalle. Sie war blass, als hätte sie die letzten Nächte schlecht geschlafen.
Eine Welle der Freude überflutete ihn bei ihrem Anblick: "Karen! Ich bin so froh, dich wiederzusehen." Es war die Wahrheit.
Sie lächelte ihm kurz zu, dann nahm ihr Gesicht einen angespannten Ausdruck an: "Hast du Diane wiedergesehen?"
Er nickte. Diane schien ihm plötzlich so fern.
"Und?" fragte sie, während ihre blauen Augen sein Gesicht erforschten.
Mit fester Stimme erklärte er: "Wir haben einen schönen Abend miteinander verbracht, aber wir wissen jetzt beide, dass unsere Liebe der Vergangenheit angehört."
Während er sein Gepäck schulterte und sie langsam auf den Ausgang zugingen, war ihm, als hörte er sie aufatmen.
"Weisst du, was ich in der Zwischenzeit begriffen habe?" fragte sie leise.
Sie waren beide stehengeblieben, und er liess sein Gepäck zu Boden gleiten: "Darf ich zuerst sprechen? Ich habe auch etwas begriffen. Ich liebe dich nämlich, Karen."
"Ich dich auch, Björn", erwiderte sie, während eine heisse Welle des Glücks in ihr aufstieg. Nachdenklich fügte sie hinzu: "Warum habe ich mich nur so lange dagegen gewehrt?"
Er dachte an die kluge Diane. "Unsere Wunden mussten erst heilen, und wir mussten von der falschen Vorstellung, die wir uns von der Liebe machten, ablassen. Ach, Karen, wir haben so viel Zeit verloren, am liebsten würde ich dich vom Fleck weg heiraten!"
"Ich erhebe keine Einwände", lachte sie, und dann standen sie mitten im Strom der Fluggäste und küssten sich selbstvergessen ...
ENDE

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