Ich muss da grad mal drangehen…

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Grafik: © ediathome / pixelio.de

Gespräche mit Menschen sind heute nicht immer einfach zu führen. Vielleicht kennen Sie das aus Ihrem Umfeld auch? Bei mir ist es so, dass häufig Fragen zu Computerthemen gestellt werden. Ich hatte gerade einen Laptop bei dem studierenden Sohn der Familie abgegeben, da entwickelte sich ein Gespräch mit dem Vater. Das lief etwa so ab:
“Die von meinem Provider T-Offline* haben mir geschrieben, ich soll jetzt SSL-Verschlüsselung einstellen. Wie mach ich denn das?” Sie holen also Luft, denken nach, was sie dem freundlichen Gegenüber sagen, wie sie ihm erklären, was er machen soll. Sie sind gerade fertig und versuchen die Worte so zu wählen, dass sie hoffentlich auch von Nicht-Computer-Exerperten verstanden werden können, da bellt irgendwo der Hund des Fragestellers.

Schwupp, weg ist er, diskutiert mit dem Hund rum und mit der Ehefrau, weil die sich jetzt um das Tier kümmern soll. Dann kommt er wieder und fragt: “Wo waren wir stehen geblieben, ach ja beim E-Mail. Brauch ich eigentlich sone Verschlüsselung und was ist das überhaupt?” Gut, also eine etwas anders gestellte Frage denke ich, dann der Antwortversuch: “Die Anbieter stellen im Moment alle auf eine verschlüsselte Übertragung von E-Mails um…” da klingelt das Handy des Fragestellers. “Moment!”, sagt er. “Ich muss da grad mal drangehen, ist wichtig.” und hebt den Zeigefinger.

Während ich noch spreche, wendet er sich ab und drückt auf die Taste zur Gesprächsannahme. Na klar, ist sicher wichtiger als meine Antwort und das mit dem Zeigefinger mag ich ganz besonders. Was ich sagen wollte kann ich ja gleich nochmal abspulen. “Nein Herr Weber,” sagt der Computer-Interessierte ins Smartphone, “.., ich kann den Besprechungstermin nicht um eine Stunde verschieben. Da müssen wir eben einen neuen ausmachen, aber bitte nicht erst in einer Woche….” Er redet noch 5 Mintuen weiter, während ich da sitze und schon etwas angenervt bin. “Entschuldigung, das musste ich noch klären, jetzt bin ich ganz Ohr”. Also lächle ich und fange von vorne an. “Also, wie ich schon sagte, die Anbieter stellen im Moment alle auf eine verschlüsselte Übertragung von E-Mails um und da müssen Sie im E-Mail-Programm die Einstellungen für das Versenden und Empfangen ändern. Und ja, das ist durchaus wichtig, um die Sicherheit beim Übertragen Ihrer Daten zu verbessern.”  Der Angesprochene hörte mit einem Ohr zu, während er mit hochgezogenen Augenbrauen auf seinem Smartphone herumtippt.
Als er merkt, dass ich mit meinen Ausführungen nicht fortfahre, blickt er auf und fragt dann weiter. “Also brauche ich dann die Verschlüsselung? Und wie stellt man das denn ein?” Dann bestätige ich nochmals und sage “Ja, die Verschlüsselung ist jetzt Bedingung, wenn Sie einen E-Mail Client, äh – ein E-Mail Programm verwenden, das Ihre Mails abruft. Was benutzen Sie denn dafür?”  Etwas Schweigen, dann sagt er, er benutze dafür Windows. “Aha”, sage ich und will wissen, welche Version von Windows er denn hätte, um die Sache mal so langsam einzugrenzen und etwas in Schwung zu bringen. Da klingelt es an der Türe und der Mann schaut auf die Uhr. Das sei bestimmt seine Tochter, er wäre gleich wieder da. Zwei Minuten später fahren wir fort. Ich frage nochmal nach: “Welches Windows haben Sie denn?”. Er antwortet, er habe die 2007er Version mit Word. “Sehr gut!” hör ich mich sagen, wirklich bemüht, sachlich zu bleiben. “Schalten wir den PC doch einmal ein, dann schauen wir uns das Ganze mal an.”
Die Ehefrau kommt rein als ich den Einschaltknopf am Mini-Tower drücke und stellt fest: “Ach, das ist alles so kompliziert geworden. Alles geht nur noch mit dem Computer, aber was man da alles wissen muss. Wollen Sie einen Kaffee?” Dann klingelt auch ihr Handy. Meine Antwort wartet sie gar nicht erst ab. Sie verschwindet für ein längeres Telefonat. Der Kaffee muss halt auch etwas warten. Endlich, der PC läuft an und braucht eine gefühlte Ewigkeit bis das Windows-Logo erscheint. “Wo sie gerade hier sind, der Rechner ist so langsam geworden, können Sie da mach nachschauen und das Internet ist so langsam und zeigt immer an ‘Server nicht gefunden’ . Was kann das denn sein und wie hole ich die Daten von meinem Smartphone auf den PC ? Und dann möchte ich auch gerne Filme bearbeiten, wie mache ich das am besten?”
Bevor der PC endlich hochgefahren ist, kommt die Frau ohne Kaffe rein, und bittet ihren Mann, mal eben auf den Hund aufzupassen, sie müsse mit der Tochter weg. Zu Wort kam ich nicht. Ich habe es an dieser Stelle aufgegeben, irgendeine der vielen Fragen zu beantworten zu wollen, es schien auch niemand eine Antwort zu erwarten. Derweil sieht man auf Flachbildschirm nacheinander ICQ, Skype und eine Webcam-Software starten, diverse Updater-Programme melden, es gäbe neue Software; auch Java, der Flash-Player, der PDF-Reader und das Virenschutzprogramm mahnen Updates in kleinen Fenstern an. Dann startet sich der Internet-Expolorer von selbst mit einer Werbe-Seite für einen unverzichtbaren PC-Optimierer. Noch bevor ich irgenwas weiter zum Thema beitragen oder etwa Arbeiten am PC erledigen könnte, klingelt wieder das Smartphone des Computerfragers. “Ich weiss,” sage ich” Sie müssen da grad mal drangehen, ist bestimmt wichtig. Ich muss dann leider auch wieder los – wir telefonieren und machen einen neuen Termin aus. Den Computer müsste ich dann am besten mitnehmen, da sind wahrscheinlich Viren drauf.”

Während ich das noch sage, spricht mein Gegenüber bereits ins Telefon. “Du, ich habe grad wenig Zeit, aber bleib dran, ich mach das schnell noch fertig”. In diesem Moment klingelt es parallel dazu an der Haustüre. Ich schrei innerlich vor Glück, denn der Paketdienst ist da und verlangt eine Unterschrift vom Empfänger, meinem Computerfrager. Mit dem Handy unterm Ohr geklemmt werde ich hinausbegleitet, dabei unterschreibt der den Paketschein mit einem Plasikstift auf dem Dispay des Tabletts und ruft mir währenddessen zu, “Wir telefonieren!” Ja, denke ich, bestimmt machen wir das. Ich freu mich schon drauf.

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Quellen – weiterführende Links

*Provider-Name frei erfunden (wir hier wollen ja keine Schleichwerbung machen)
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