Ich möchte einer sein wie John Maynard!

Von Wernerbremen

Meine heutigen Abendgedanken
Ihr Lieben,

als Kind und Jugendlicher verspürte ich immer eine große Sehnsucht in mir nach Menschen, die geradlinig ihren Weg gingen, auf die Verlass war, die mir Vorbild sein konnten.
Heute Nachmittag ist mir ein Gedicht von Theodor Fontane aus meiner Schulzeit in die Hände gefallen, das genau so einen Menschen schilderte.

Dieses Gedicht habe ich deshalb für meine Abendgedanken ausgesucht:
„John Maynard“
"Wer ist John Maynard?"
"John Maynard war unser Steuermann,
Aus hielt er, bis er das Ufer gewann,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard!"
Die "Schwalbe" fliegt über den Eriesee,

Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee,
Von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
Die Herzen aber sind frei und froh,
Und die Passagiere mit Kindern und Fraun
Im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
Und plaudernd an John Maynard heran
Tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund':
"Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund'."
Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -

Da klingt's aus dem Schiffsraum her wie ein Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
Ein Qualm aus Kajüt' und Luke drang,
Ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
Und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.
Und die Passagiere, buntgemengt,

Am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
Am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
Am Steuer aber lagert sich's dicht,
Und ein Jammern wird laut: "»Wo sind wir, wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo.
Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,

Der Kapitän nach dem Steuer späht,
Er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
Aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?" - "Ja, Herr. Ich bin." -
"Auf den Strand. In die Brandung." - "Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo.
"Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's

Mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
Jagt er die "Schwalbe" mitten hinein;
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo.
Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.

Gerettet alle. Nur einer fehlt!
Alle Glocken gehn; ihre Töne schwelln

Himmelan aus Kirchen und Kapelln,
Ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
Ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
Und kein Aug' im Zuge, das tränenleer.
Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,

Mit Blumen schließen sie das Grab,
Und mit goldner Schrift in den Marmorstein
Schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:
"Hier ruht John Maynard. In Qualm und Brand
Hielt er das Steuer fest in der Hand,
Er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
Er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."

Ihr Lieben,
die Meisten von Euch werden mir jetzt vielleicht entgegnen:
„Werner, ich werde wohl nie die Gelegenheit haben, andere Menschen zu retten!“

Aber das stimmt nicht!
Ihr unterschätzt Eure Wirkung auf andere Menschen!

Ihr unterschätzt Euer Tun, Euer Handeln und die Kraft Euer Worte!
Ihr könnt wie John Maynard auch Menschen retten, indem Ihr sie ermutigt.

Ihr könnt Eure Kinder und Enkelkinder retten, indem Ihr ihnen mit Eurer Liebe und Zuneigung das beste Geschenk macht, dass man einem Menschen nur machen kann.
Ihr könnt mithelfen, diese Welt zu retten, indem Ihr das Licht der Liebe und Freude in diese Welt hineintragt, damit die, die im Finsteren sitzen und tot sind, auch wenn sie noch leben, neuen Mut fassen, neue Zuversicht gewinnen und neue Hoffnung schöpfen.

Mag sein, dass uns die Welt für verrückt erklärt und die Meinung äußert, dass wir doch nichts ausrichten können, aber das sollte uns niemals daran hindern, weiter unseren Traum von einer liebevolleren, friedevolleren und helleren Welt zu träumen, in der Kinder beschützt, Frauen geachtet und den Hungernden zu essen und den Durstigen zu trinken gegeben wird!
Ich wünsche Euch eine gute Nacht und grüße Euch herzlich aus Bremen mit einem wunderschönen Video, auf das mich Ulrike Andres aufmerksam gemacht hat.
Euer fröhlicher Werner