Ich mag keine Zeigefinger!


Ich mag keine Zeigefinger!

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Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute Abend eine kleine Geschichte von A. Tobias erzählen.

„Der Zeigefinger“

„Es war einmal ein großer, erhobener Zeigefinger, der sehr unzufrieden war mit seiner eigenen Situation: Überall bekamen die Menschen, denen er vorgehalten wurde, ernst Mienen, schauten ihn ehrfürchtig an und begannen zu grübeln. 

Ich mag keine Zeigefinger!

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Nur ganz selten begegnete ihm ein freudiges Gesicht, und der Zeigefinger dachte dann jedes Mal, alles sei gar nicht so schlimm. Doch es dauerte immer nur einen Augenblick, dann schauten ihn aus den fröhlichsten Augen betroffene Blicke an.
Dem erhobenen Zeigefinger gefiel das ganz und gar nicht, und so begann er, den Menschen vorzuhalten, dass sie doch fröhlicher sein sollten, nicht immer so ernst und so verkrampft, nicht ganz so ehrfürchtig, dafür etwas erlöster.

Und weil die Menschen, die ihm zuhörten, feststellten, wie wenig fröhlich sie waren, bekamen sie ein schlechtes Gewissen. Und wenn der Zeigefinger ihnen erzählte, dass sie doch an die anderen Menschen denken sollten und sie mit Fröhlichkeit und Freude anstecken sollten, schauten sie betroffen zu Boden.

Je mehr der erhobene Zeigefinger ihnen vorhielt, dass sie doch eigentlich ganz anders sein müssten, eben freudiger, desto mehr verloren sie die Reste an Freude, die noch in ihnen geblieben war.

Nach einiger Zeit gab der Zeigefinger auf. «Die Menschen sind nicht mehr zu ändern», murmelte er leise und hörte auf, ihnen ins Gewissen zu reden. «Vielleicht gibt es die Freude ja gar nicht mehr», dachte er betrübt.

Der nicht mehr so ganz erhobene Zeigefinger begann, seine Aufgabe zu vergessen und er bemerkte, dass er noch andere Fähigkeiten hatte, als sich zu erheben und Moralpredigten zu halten. Und um es einfach einmal auszuprobieren, tat er sich mit einigen anderen Fingern zusammen - insgesamt waren es zehn, glaube ich - und begann zu musizieren.

Ganz ohne Absicht, nur aus Spaß an der Musik, ging er nun ganz in seiner neuen Aufgabe auf. Und als er gerade mal einen Augenblick Zeit hatte (sein Nachbar, der Mittelfinger, spielte soeben sein Solo), da bemerkte er viele aufmerksame Gesichter, die ihm zusahen und zuhörten.“

Und - was er nicht erwartet hatte - auf den Gesichtern spielte das, was er immer gepredigt hatte: Die Freude.“
„Also, so was!“ pfiff der Zeigefinger und spielte vergnügt weiter.“

Ihr Lieben,

unsere Hände sind etwas ganz Besonderes.

Mit den Händen
kann man Menschen schlagen.
Ich mag keine Zeigefinger!
Mit den Händen kann man Kinder sexuell missbrauchen.
Mit den Händen kann man Menschen umbringen.

Mit den Händen kann man Menschen segnen.
Mit den Händen kann man beten.

Ich mag keine Zeigefinger!

Dürer

Mit den Händen kann man einen Menschen streicheln.
Mit den Händen und Armen kann man einen Menschen umarmen.
Mit den Händen kann man einem Menschen eine Last abnehmen.
Mit den Händen kann man ein Instrument spielen, ein Bild malen.
Mit den Händen kann man zusammen mit anderen Menschen ein gemeinsames Werk vollenden.
Mit den Händen kann man wunderschöne Blumen pflanzen.
Mit den Händen kann man etwas schenken.

Es gibt noch unendliche viele andere wunderbare Dinge,
die wir mit den Händen tun können.

Wichtig dabei ist, dass unsere zehn Finger zusammenarbeiten.
Das ist wie bei den Menschen:
In der Gemeinschaft sind wir besonders stark, da können wir besonders viel leisten.

Ein einzelner Finger ist etwas sehr Armes.
Der Ringfinger kann wenigstens noch den Ehe- oder Verlobungsring tragen.
Den Daumen kann man für andere Menschen drücken (ob das aber etwas hilft, daran habe ich starke Zweifel)
Mit dem ausgestreckten Zeigefinger kann man von sich selbst ablenken und behaupten: „Ich war es nicht, der da hat es getan, der da ist schuld!“

Die meisten Menschen übersehen dabei, dass, wenn sie mit ausgestrecktem Zeigefinger auf jemanden zeigen, drei Finger der eigenen Hand auf sie selbst zeigen.

Ich mag keine Zeigefinger!

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Mit dem Zeigefinger können wir die Menschen nicht motivieren.
Viel besser ist es, alle zehn Finger zu benutzen und die beiden Hände dazu zu verwenden, dem anderen Menschen etwas zu schenken, ihm Liebe zu erweisen, ihn zu unterstützen.

Ich mag keine Zeigefinger!

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Ich wünsche Euch nun eine gute Nacht und morgen einen tatkräftigen Tag udn grüße Euch herzlich vom Weserstrand
Euer fröhlicher Werner

Ich mag keine Zeigefinger!

Quelle: Karin Heringshausen



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