Ich lass mich niemals unterkriegen! – Was wir von einer kleinen Palme lernen können

Von Wernerbremen

Das Foto wurde von Astrid Müller zur Verfügung gestellt


Ihr Lieben,
ich möchte Euch heute eine Geschichte von Carlos Delgado erzählen:

„Die Palme, die niemals aufgab“
„Es war einmal in einer der Wüsten Afrikas. Da war eine Karawane unterwegs von Ost nach West. Die Sonne war heiß und der Boden war hell wie die Sonne selbst. Lange war die Karawane schon unterwegs und am Tage freuten sich alle auf den kühlen Abend und auf das gesellige Beisammensein am Lagerfeuer.
Es war üblich, dass die Alten am Feuer Geschichten erzählten. So auch diesmal. Der alte Weise mit dem schwarzen Umhang erzählte an diesem Abend die Geschichte von der kleinen Palme und dem Kaufmann:
Es war vor langer Zeit, als ein reicher Kaufmann die große Wüste bereiste, um in den Oasen Geschäfte zu machen. Eines Tages war er seit Langem zum ersten Mal erfolglos. Er hatte es bei aller Mühe nicht geschafft, für seine Waren den von ihm gewünschten Preis zu erhalten. Nur mit Verlust konnte er überhaupt verkaufen.
Das machte ihn so wütend, dass er allein in die Nacht hinauslief. Er durchstreifte die Oase und fluchte dermaßen, dass selbst ein altes Kamel errötet wäre, hätte es seine Reden vernommen. Um diese Zeit schlummerten längst alle Kamele selig und träumten ihre Kamelträume. Als seine Wut am stärksten in ihm aufflammte, als sie schier nicht mehr zu bändigen war, griff er einen großen Stein und schleuderte ihn mit aller Macht auf eine ganz junge Palmenpflanze.
Da lag sie nun, die junge Palme. Nicht einmal richtig erwachsen und schon von einem so großen Stein erschlagen. Sie war unschuldig, sicher, und sie konnte nichts für das Unglück des Kaufmanns, nichtsdestotrotz schien es mit ihr vorbei zu sein.
Als der Tag kam und die Sonne die Luft erwärmte, bemerkte die kleine Palme, dass sie trotz allem noch mit einem einzigen Blatt an die Sonne kam. Und sie beschloss, nicht aufzugeben. Mit diesem einen Blatt versuchte sie, soviel Licht wie möglich aufzunehmen. Viel war es nicht. Es reichte nicht zum Überleben.
Also überlegte sie, ob Wasser ihr helfen würde und sie trieb ihre Wurzeln tief und immer tiefer in die Erde der Oase. Bald, so hoffte sie, würde sie mehr Wasser aufnehmen können. Es war nicht leicht, aber es ging. Und schon bald bemerkte sie, dass ein weiteres Blatt unter dem Stein hervor kam.
Langsam und beharrlich gelang es der kleinen Palme, mehr und mehr Energie zu gewinnen. Das ging so weit, dass sie beschloss, den Stein anzuheben und ungeachtet ihrer Last zu wachsen. Da sie ihre Wurzeln inzwischen ganz tief in die Erde gebohrt hatte, bekam sie so viel Wasser, dass sie ungeahnte Kräfte entwickelte und eines Tages gelang es ihr, tatsächlich den Stein anzuheben.
Gewöhnt an die Last, wuchs sie über die Jahre immer weiter und weiter, bis sie den Stein, den sie trug, sogar vergaß. Selbst als sie die größte der großen Palmen an Wuchs in der Oase erreicht hatte, wuchs sie immer weiter. Inzwischen hatten die Leute sogar angefangen, die Oase nach ihr zu benennen: „Die Oase mit der großen Palme“ nannten sie sie, weil sie bereits von Weitem die alles überragende Palme sahen und sich an ihr orientierten.
Eines Tages fegte ein Sandsturm von so ungeheurer Wucht durch die Wüste, dass alles, was atmen konnte, verstummte. Und als der Sturm zu der Oase kam, riss er einige der Palmen einfach mit sich fort und auch die große Palme bog sich hart im Wind. Als der Wind noch stärker wurde, flog auch der Stein vom Haupt der Palme und landete, ohne Schaden anzurichten, auf den weichen Sand. Da erinnerte sich die große Palme an den Stein, den sie so lange getragen und inzwischen ganz vergessen hatte. Und plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie ohne diese Last nie so groß und gerade gewachsen wäre.
Der alte Weise am Feuer war mit seiner Geschichte zu Ende und die Kinder am Lagerfeuer der Karawane waren eingeschlafen. Langsam gingen alle Lichter aus, die Reisenden schliefen einer nach dem anderen ein und jeder träumte seinen Traum…“
Ihr Lieben,

diese Geschichte von der kleinen Palme, die von einem Stein erschlagen wurde und die dennoch nicht aufgab und ihr Schicksal nicht akzeptierte, gehört zu meinen Lieblingsgeschichten.
Als ich als Eselskind über Jahre missbraucht und misshandelt wurde,
ähnelte ich auch der jungen erschlagenen Palme.

Vielleicht kann das ein Außenstehender gar nicht verstehen, aber ohne diese schrecklichen Erlebnisse meiner Kindheit und Jugend wäre ich niemals zu dem Menschen geworden, der ich heute bin.
Diese Erlebnisse machen mich erst dahin geführt, dass ich heute für mein Leben dankbar bin, dass ich mich meines Lebens freuen kann und dass es mir die allergrößte Freude ist, anderen Menschen eine Freude zu machen.
Deshalb möchte ich jedem von Euch, der eine schwere Last zu tragen hatte oder zu tragen hat, zurufen: GIB NIEMALS AUF! Lass Dich nicht entmutigen!

Wir Menschen sind dazu da, uns gegenseitig Freude zu schenken, und nicht, um Trübsal zu blasen.


Wir Menschen sind dazu da, füreinander ein Licht zu sein, und nicht, um dem anderen Menschen das Leben zu verdunkeln.


Wir Menschen sind dazu da, Liebe und Versöhnung in das Leben anderer Menschen zu tragen, und nicht, um ihnen und uns das Leben durch Lieblosigkeit und Unversöhnlichkeit zu vergällen.

Wir Menschen dürfen Hoffnungsträger und Licht der Liebe sein und das finde ich eine ganz wundervolle Aufgabe.

Deshalb rufe ich Euch heute zu:
Seid stark wie die kleine Palme und gebt niemals auf.
Ihr seid dazu berufen, eine große, eine starke und mutige Palme zu sein!

Ich wünsche Euch einen fröhlichen Nachmittag und ich grüße Euch ganz herzlich aus dem sonnendurchfluteten und von Freimarktsklängen durchzogenen Bremen

Euer fröhlicher Werner, der niemals aufgibt