Ich kann nicht allem gerecht werden

Ich kann nicht allem gerecht werden

Foto copyright by Gerd Altmann / pixelio.de

Einige Mütter werden vielleicht denken, dass ich flunkere, wenn sie das folgende jetzt lesen:
bei meinen beiden großen Kindern wurde ich NIE in die Schule zitiert, weil es irgend etwas zu klären gegeben hätte, sie etwas angestellt  oder andere Auffälligkeiten entwickelt hätten. Weder bei Bianca noch bei Marco, weder in der Grundschule noch im Gymnasium. Beide blieben nie sitzen und schafften ihr Abitur in einem Durchmarsch und auf Anhieb.
Heute frage ich mich, wie das so reibungslos funktionieren konnte. An meiner "perfekten" Erziehung konnte es nicht gelegen haben. Außerdem war ich so wenig zuhause, den ganzen Tag arbeiten und zeitweise nebenher noch einen Zweitjob, um uns über Wasser zu halten, da war wirklich wenig Zeit übrig, die ich mit meinen Kindern zusammen verbringen konnte. Meine Kinder erlebten eigentlich schon so etwas wie "Freiwuchs", sie waren sehr früh viel sich selbst überlassen und mussten lernen, mit sich selbst zurecht zu kommen. Das war sicher auch der Grund, warum die beiden sich so zusammenschlossen und so ein gutes Verhältnis zueinander hatten. Sie konnten sich immer aufeinander verlassen und verteidigten sich gegenseitig vor mir, wenn es mal was zum Klären gab.
Für Bianca war es selbstverständlich, für ihren kleinen Bruder und für sich zu kochen, seit sie ungefähr 12 Jahre alt war. Sie half mir im Haushalt, wusch die Wäsche und hängte sie auf, ihren Job als Zeitungsausträgerin hatte sie dann ab ihrem 13. Geburtstag  noch zusätzlich. Trotzdem kam die Schule nicht zu kurz und ihre Leistungen waren gut, nicht mehr sehr gut wie in der Grundschule, aber immer gut.
Ohne ihre Hilfe wäre ich hilflos überfordert gewesen. Sie machte das auch alles selbständig, ich musste sie kaum dazu auffordern, erst später, im Teeniealter von ca. 14-15 Jahren, da wurde es ihr dann ab und zu doch auch mal lästig, sie war dabei, sich abzunabeln, machte die Pubertät durch und zickte mich an, so wie es eben die meisten Mädchen in diesem Alter taten.
Marco war - wie bereits erwähnt, ein sehr guter Schüler. Er hatte den Bonus des Kleinen bei mir und musste nicht so viel mithelfen wie seine Schwester. Aber auch er wusste, wie man die Waschmaschine bedient, konnte sich auch mal ein Spiegelei selbst machen und musste sein Zimmer selbst aufräumen. Auch er verdiente sich sein Taschengeld selbst ab seinem 13. Lebensjahr. Auch er hat dadurch gelernt, gut mit Geld umzugehen.
Bianca war bescheiden und Marco war fordernd. Bianca war gerade heraus und hielt nicht viel von schmeicheln und dergleichen. Marco setzte bewusst seine Wortgewandheit und seinen Augenaufschlag ein, um mich zu bezirzen. Bianca war aktiv und packte von selbst mit an, Marco ließ sich gerne von mir und seiner Schwester bemuttern.
Ich weiß heute, dass ich diese Unterschiede durch meine Art, mit meinen Kindern umzugehen, forsiert habe. Noch heute ist es so, dass Bianca die Forschere und Aktivere  und Marco eher der Unentschlossene, Gemütliche und erst mal Abwartende ist.
Marco äußerte nie den Wunsch, einem Verein (z.B. Fussball- oder Musikverein) beizutreten. Es war aber auch nie Thema zwischen uns. Ich hätte gar nicht die Zeit gehabt, meine Kinder zu bestimmten Zeiten zu einem Verein zu bringen. Und da ich als Kind das Vereinsleben selbst nie kennen gelernt hatte, war das für mich weit weg und unwichtig.
Auch Bianca war nie in einem Verein, auch sie hat nie einen diesbezüglichen Wunsch an mich herangetragen.
Mir kommt gerade in den Sinn, dass man nicht vergessen darf, dass ich eine sehr junge Mutter war. Ich war 20, als Bianca auf die Welt kam und 23 bei Marcos Geburt. Die ersten Jahre als alleinerziehende Mutter war ich oft überfordert. Ich schaffte es nicht, allem 100%-ig gerecht zu werden. Wenn ich meine(n) Job(s) sehr gut machte, dann litt der Haushalt, wenn ich viel Zeit mit meinen Kindern verbringen wollte, dann litt der Job, und wenn ich den Haushalt blitzeblank haben wollte, dann ging das wiederum an der Zeit für die Kinder ab. Es war zum Haare raufen, irgendwo hatte ich immer ein Defizit. Meist war es der Haushalt, der litt. Die Kinder und der Job waren mir am wichtigsten, daher kam es schon öfters vor, dass bei uns zuhause Land unter war. Dann gabs mal wieder eine Hauruck-Aktion von mir und alles war wieder ordentlich und sauber... bis zum nächsten Mal.
So mühte ich mich die ersten Jahre ab, alles in den Griff zu bekommen, was ich eigentlich nie richtig geschafft habe, wenn ich ganz ehrlich bin. Ich kam gar nicht richtig zu mir, war immer aktiv, kam kaum zum Luft holen. Trotzdem denke ich heute, dass ich zufrieden mit meinem Leben war. Auch wenn nicht alles reibungslos verlief, so doch das Meiste. Ich achtete nicht auf mich, war froh und zufrieden, wenn alles einigermaßen lief und hangelte mich so durchs Leben mit meinen Kindern im Schlepptau.
Dann rief eines Tages Italo an. Er sagte, er wolle nicht mehr alleine in Italien leben. Er wolle wieder zurück nach Deutschland. Er fragte mich, ob ich ihm helfen würde, eine Wohnung zu finden.
Damit musste ich erst zurecht kommen. Bis jetzt war er all die Jahre weit weg gewesen und plötzlich würde er wieder in unserer Nähe sein. Ich war hin und her gerissen. Einerseits war ich wütend auf ihn, weil er sich so wenig um die Kinder gekümmert hatte die letzten Jahre. Und eigentlich hatte ich überhaupt keine Lust auf ihn. Aber da waren andererseits die Kinder, die trotz allem an ihrem Vater hingen. Sie würden sich ganz sicher unsagbar freuen, wenn ihr Vater wieder in ihrer Nähe wäre. Durfte ich da quer schießen? War es nicht meine Pflicht, ihm zu helfen, in Deutschland wieder Fuß zu fassen, damit die Kinder ihm wieder näher waren?
Ich entschied mich, ihm zu helfen, versprach ihm meine Unterstützung, damit die Kinder die Chance bekamen, eine tiefere Beziehung zu ihrem Vater aufzubauen.
Ich sollte diese Entscheidung noch bereuen.


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