Seit Tagen ging durch meinen Kopf dieses Gedicht. Wie schön hat Orhan Veli Istanbul erzählt. Gerade träume ich nach, als ob ich jetzt in Istanbul bin...Ich bin jetzt in Besiktas, wo die Bushaltestellen ist. Ich gehe zur Schiffanlegeplatz, verweile ein bisschen dort, setze mich auf einen Sitzbank gegenüber Bosporus, schaue die Schiffe an. Das Wetter ist sehr schön. Die Sonne hellt warm und freundlich. Ich höre das Sausen die Wellen. Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen....
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen
Zuerst weht ein leichter Wind;
Langsam schaukelten
Die Blätter in den Bäumen
In die Ferne, in weite Ferne
Die nie still bleibenden Rasseln des Wasserverkäufers
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen;
Vögel fliegen vorbei, daher;
In der Höhe, in Scharen und Schreien
Die Fischernetze werden angezogen
Die Füße einer Frau berühren Wasser;
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen
Die kühle Grandbazaar
Die fröhliche Geschreien von Mahmutpascha
Mit Tauben volle Höfen
Die Hammerstimme aus den Docks
Der Schweißgeruch in schönen Frühlingswind
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen;
Bin noch im Rausch durch die vergangenen Feiern
Eine Sommervilla mit halbdunklem Bootshaus;
darin mit Sausen gestillte Südwinde
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen;
Eine Dirne geht auf dem Gehsteig;
Flüche, Lieder, Sprüche hinter ihr her.
Etwas fällt auf den Boden aus ihrer Hand;
Es soll eine Rose sein;
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul zu, meine Augen geschlossen;
Ein Vogel flattert an deinen Rock;
ist dein Stirn heiß, oder nicht, weiß ich;
sind deine Lippen feucht oder nicht, weiß ich;
ein weißer Mond geht auf, hinter den Nussbäumen
Von deinen Herzschlag verstehe ich;
Ich höre Istanbul zu.
Orhan Veli
Überstezung Nesrin Kismar
Fotos: Mehmet Sarac