Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen
Zuerst weht ein leichte Wind;
Langsam schaukelten
Die Blätter in den Bäumen
In die Ferne, in weite Ferne
Die nie still bleibenden Rasseln des Wasserverkäufers
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen;
Vögel fliegen vorbei, daher;
In der Höhe, in Scharen und Schreien
Die Fischernetze werden angezogen
Die Füße einer Frau berühren Wasser;
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen
Die kühle Grandbazaar
Die fröhliche Geschrien von Mahmutpascha
Mit Tauben volle Höfen
Die Hammerstimme aus den Docks
Der Schweißgeruch in schönen Frühlingswind
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul, mit geschlossene Augen;
Bin noch im Rausch durch die vergangenen Feiern
Eine Sommervilla mit halbdunklem Bootshaus;
darin mit Sausen gestillte Südwinde
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen;
Eine Weibstück geht auf dem Gehsteig;
Flüche, Lieder, Sprüche hinter ihr her.
Etwas fällt auf den Boden aus ihrer Hand;
Es soll eine Rose sein;
Ich höre Istanbul, meine Augen geschlossen.
Ich höre Istanbul, mit geschlossene Augen;
Ein Vogel flattert an deinen Rock;
ist dein Stirn heiß, oder nicht, weiß ich;
sind deine Lippen feucht oder nicht, weiß ich;
ein weißer Mond geht auf, hinter den Nussbäumen
Von deinen Herzschlag verstehe ich;
Ich höre Istanbul.
Orhan Veli
Ich danke sehr an Mehmet Sarac, für seine freundliche Genehmigung, dass ich die wunderschöne Bilder von Istanbul hier veröffentlichen darf.