“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Deutsche Friedensbemühungen nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges? Das klingt zunächst befremdlich. Das paßt nicht in das uns vermittelte Bild von den Plänen der NS-Machthaber. Wir hören seit 1945 permanent, daß Hitler den Krieg gegen den Osten als Kampf um Lebensraum bereits 1923 in seinem Buch „Mein Kampf“ propagiert habe.

Wir hören nie, daß er Mitte der dreißiger Jahre, auf so manches Zitat daraus angesprochen, gestöhnt hat: „Hätte ich damals gewußt, daß ich einmal Reichskanzler werden würde, ich hätte das Buch niemals veröffentlicht.”

Wir hören immer, daß er den Angriff auf Polen unter Inkaufnahme der britischen und französischen Kriegserklärung „vom Zaun brach“ und dann mit einer Kette von Überfällen und Kriegserklärungen die Weltherrschaft erringen wollte, deren unverständliche Höhepunkte der Angriff auf die UdSSR am 22. Juni 1941 und die Kriegserklärung an die Adresse der Vereinigten Staaten vom 11. Dezember 1941 waren.

Eine Frage muß sich hier allerdings aufdrängen: Wie verblendet muß der bis dahin zwar konfliktbereite, aber doch höchst rational vorgehende und über seine militärischen Möglichkeiten sehr genau unterrichtete Hitler gewesen sein, daß er die beiden ressourcenstärksten, aber bis dahin nicht am Konflikt beteiligten, dafür ganze Kontinente umfassenden Großmächte Rußland und Amerika angriff?

Und das, obwohl er 1940 in Europa zwar 7 Staaten, darunter die stärkste Kontinentalmacht Frankreich, besiegt hatte, das seit Jahrhunderten aber am hartnäckigsten jeder europäischen Hegemonialmacht im Wege stehende England in keiner Weise einem Waffenstillstand oder gar einem Frieden nahegebracht hatte.

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Der Laie glaubt, daß im Kriege permanent geschossen wird, daß nach dessen Ausbruch die diplomatischen Beziehungen eingestellt werden, bis auf dem Schlachtfeld die Entscheidung gefallen ist. Das wußte aber Clausewitz (Foto links) bereits aus eigener Erfahrung besser.

Er definierte nicht nur den „Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen, nämlich gewaltsamen Mitteln”, er wies auch in seinem Werk Vom Kriege mit Nachdruck darauf hin, daß die kriegführenden Parteien mit dem Mittel der Diplomatie nicht nur das neutrale Ausland zu beeinflussen versuchen, sondern auch immer wieder die Gelegenheit ergreifen, mit dem Kriegsgegner in Kontakt zu treten. In Wirklichkeit werden also die diplomatischen Bemühungen hinter den Kulissen, wenn auch auf verschlungeneren Kanälen und Pfaden, zumeist unter Einbeziehung neutraler Mächte und Schauplätze, verstärkt.

Dokumente, die unser Wissen über die wahren Sachverhalte hinter den Vordergründigkeiten der Kriegshandlungen und der späteren Geschichtsschreibung erweitern – und korrigieren – können, liegen allesamt in den Archiven der ehemaligen Kriegsgegner. Die deutschen Dokumente wurden in weiten Teilen erbeutet, von den Siegermächten in vielen Fällen gesäubert und in Auswahl mit unzweideutiger Tendenz in großen Akteneditionen der Mit- und Nachwelt zur Verfügung gestellt. So ist es fast symptomatisch, daß die das Dritte Reich betreffenden „Serien C und D” der „Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918-1945″ von britischen und amerikanischen Historikern, vom Gegner also, ab 1957 herausgegeben wurden. Was eine Quellenedition an Auswahl und vor allem an Auslassungen aufweisen kann, weiß jeder, der einmal eine solche Edition mit den Originalquellen vergleichen konnte. Und selbst da gab es noch Veröffentlichungen, von denen sich die Siegermächte distanzierten, gegen die sie in den späten fünfziger Jahren diplomatischen Protest einlegten, zum Beispiel, als in Deutschland aufgefundene Akten nachwiesen, daß der Herzog von Windsor, der vormalige König Edward VIII., mit Hitler 1940 Friedensverhandlungen führte.

Mein Thema lautet: die deutschen Friedensbemühungen 1939 bis 1941, nicht etwa 1939 -1945, und das hat einen guten Grund.

Wer auf der Verliererseite steht, versucht fast immer, vor der endgültigen militärischen Niederlage durch Verhandlungen einen Frieden zu erzielen und damit sein politisches Überleben zu sichern. Das Aussenden von Friedensfühlern zu einem solchen Zeitpunkt hat nicht unbedingt etwas mit dem wirklichen Wunsch nach Frieden zu tun, es entspricht eher einer Zwangslage. Wer aber zu Beginn eines Konflikts oder gar auf dem Höhepunkt seiner Erfolge Friedensfühler ausstreckt, sollte in seinem Bemühen um den Frieden ernst genommen werden. Seine Begründungen sollten ernsthaft abgewogen werden, anstatt sie einfach zu verwerfen.

Ich möchte Ihnen heute ein zentrales britisches Dokument vorstellen, und dies aus zwei Gründen. Würde ich mit einem deutschen Dokument operieren, würde mir automatisch unterstellt werden, ich arbeite mit Argumenten der Täter, die sich im Nachhinein reinwaschen wollten. Das im folgenden zitierte zentrale britische Dokument spricht da allerdings eine ganz andere Sprache.

Jedes Jahr werden im britischen Staatsarchiv, dem National Archive, früher Public Record Office (PRO), ganze Aktenbestände, einzelne Ordner und manchmal auch nur ein einziges Blatt innerhalb einer Akte freigegeben. So genau hatte man den Aktenbestand auf das eigene Land belastendes Material überprüft, daß nicht nur geschlossene Akten, sondern auch einzelne Blätter oder mehrere Seiten durch sogenannte „Leichen” – leere Seiten – ersetzt wurden. Darauf ist dann beispielsweise vermerkt: „Closed until 2017 oder 2019″.

Und daher erschließt sich bisweilen erst nach Jahren der Zusammenhang eines historischen Vorgangs aus einer Akte. Als Historiker der sogenannten „kritischen Generation” muß man sich bei dieser Praxis unwillkürlich fragen, warum ein „urdemokratisch” verfaßtes Gemeinwesen wie die britische Monarchie, dessen Wesensprinzipien auf der Freiheit des Wortes, auf Transparenz und Aufklärung beruhen sollen, diese Form der Geheimniskrämerei, der „Staatsräson”, nötig hat. Diese Frage wird um so unverständlicher, hält man sich vor Augen, welche einmalige, welche historische Chance für die „demokratische Welt” damit hätte verbunden sein können, absolute Glaubwürdigkeit zu gewinnen, wenn sie, ja: wenn sie sofort die Freigabe der eigenen Akten nach Kriegsende für die internationale – und damit auch für die deutsche Forschung – verfügt hätte. Die Sieger hatten so gut wie alle Aktenbestände des Dritten Reichs erbeutet, sich deren Deutungshoheit angemaßt und hätten nun Gelegenheit gehabt, durch Einblick in die eigenen Akten den zweifelsfreien Nachweis zu erbringen, daß die Absichten und Handlungen der Alliierten lauterer waren, vor allem aber, daß sie den Zielen entsprachen, für die man lautstark propagandistisch eingetreten war: Menschenrechte für alle, Freiheit für jedermann, einen gerechten Frieden, Toleranz und Wohlstand.

Vor allem aber hätte man allen Zweifeln, Gerüchten und Spekulationen direkt das Wort abschneiden können. Man tat es aber nicht. Jeder auch nur halbwegs objektive Historiker hätte nun die Frage nach dem „Warum”, nach dem „cui bono”, stellen müssen. Und die peu á peu erfolgende Freigabe der hochbrisanten Akten des englischen Außenministeriums zeigt, welcher politische Sprengstoff darin liegt, vor allem aber in den bis 2017, 2019 und noch länger gesperrten Akten, darunter auch der eigentlichen Heß-Akte, noch liegen muß.

Genug Zündstoff ist aber bereits in dem 2006 unter der Signatur PRO (Public Record Office) FO (Foreign Office) 371/24408 freigegebenen Memorandum enthalten, das 1941 als geheim klassifiziert in Kleinstauflage von einigen wenigen Exemplaren für einen internen Entscheidungszirkel gedruckt wurde. Es enthält eine „Zusammenfassung der wichtigsten Friedensfühler von September 1939 bis März 1941″. Sechzehn bedeutende Friedensanläufe werden darin geschildert, von den handelnden Personen über Motive und Verlauf bis hin zu den inhaltlichen Angeboten; die Prominenz der Friedensfühler ist dabei ebenso beeindruckend wie ihre Internationalität und Reputation: von Göring über den Prinzen von Hohenlohe und Goebbels bis zu von Papen, von schwedischen Industriellen wie Birger Dahlerus oder Baron Bonde bis hin zum schwedischen und spanischen König, ja sogar dem Papst, von britischen, holländischen und amerikanischen Ölmagnaten und Geschäftsleuten, vom finnischen Ministerpräsidenten und nicht zuletzt von Adolf Hitler selbst, der seinen Rechtsberater Dr. Ludwig Weißauer mit Vollmachten entsandt hatte. Und dies waren nur die „Hauptfriedensfühler”. Eine weitere Akte enthüllt, daß, zählen die Briten auch die untergeordneten Bemühungen mit, der Flug von Rudolf Heß am 10. Mai 1941 als die 42. Friedensinitiative gerechnet werden muß. Hans Meiser zählt in seinem Buch „Gescheiterte Friedensinitiativen” ohne die Kenntnis dieses zentralen Dokuments fast 70 solcher Versuche bis zum Jahre 1943, von denen sich eine ganze Reihe mit der englischen Zählung nicht überschneiden, so daß die Zahl der deutschen Bemühungen, den europäischen und später den Weltfrieden wiederherzustellen, weit höher liegen muß.

Wichtig, vom politischen wie auch vom moralischen Standpunkt, ist dabei, daß all diese Versuche zu einem Zeitpunkt unternommen wurden, als Deutschland auf dem Höhepunkt seiner militärischen Machtentfaltung stand, also nicht um Frieden betteln mußte. Selbstverständlich war der Reichsregierung spätestens vom dritten Tag des Krieges an bewußt, in welcher Gefahr sich Deutschland bei einem lang andauerndem Abnutzungskrieg befand. Auch wußte man schon Mitte 1940, daß die UdSSR kein langfristiger Verbündeter sein konnte, daß ihr rasch wachsendes Kriegspotential und ihre aggressive Ideologie im Gegenteil eine ernste Bedrohung, nicht nur für das Deutsche Reich, darstellten. Wesentlich war aber, daß man gegenüber dem Westen, ab dem Juni 1940 nur noch gegenüber Großbritannien, keine eigentlichen Kriegsziele hatte, daß man trotz der Gebietsverluste nach dem Ersten Weltkrieg „saturiert” war.

Hitler hat in seinen Angeboten mehrmals betont, daß er aus „Verantwortung für die weiße Rasse” keinen Krieg bis zum äußersten wünsche, also aus Verantwortung für Europa und dessen Rolle in der Weltpolitik. Die Vorschläge zeigen auch, daß Hitler seine Friedensofferten nicht etwa unternahm, um die Sowjetunion „überfallen” zu können, aus einem sich täglich verschärfenden Zeitnotstand heraus also (was für den Zeitpunkt des Heß-Fluges als alleiniges Motiv unterstellt wird), denn die gleichen oder zumindest fast identische Vorschläge, wie sie Heß im Mai 1941 unterbreiten sollte, wurden schon im Juli und September 1940 vorgebracht. Zu diesem Zeitpunkt ging der Reichskanzler noch von einem Friedensvertrag mit einer Dauer von 50 Jahren für ganz Europa aus und von einem „containment”, einer Eindämmung der UdSSR durch eine bewaffnete und gemeinsame Interessen verkörpernde Europaidee der vier Großmächte Deutsches Reich, Großbritannien, Frankreich und Italien.

Auch die Antworten der Briten auf die Initiativen und ihre Begründungen sind überliefert, die wichtigsten allerdings in anderen Dokumenten. Und die werfen ein ganz anderes Bild auf die Alleinschuldthese Hitlers am Kriegsbeginn. Schon vor Ausbruch des Krieges wurden Versuche unternommen, diesen doch noch zu verhindern. Ich kann hier nur einige umreißen. Hitler sprach Mitte August mit dem Vorstandsmitglied des Internationalen Roten Kreuzes, mit dem früheren Hochkommissar des Völkerbundes für Danzig, Carl Jacob Burckhardt, der deutsche Außenminister v. Ribbentrop traf den italienischen Außenminister Ciano und  reiste nach Moskau, um durch den Abschluß des Nichtangriffspakts Polen zum friedlichen Nachgeben zu zwingen.

Der Presseattaché der deutschen Botschaft in London, Dr. Fritz Hesse, wurde zu Sir Horace Wilson, dem geheimen Berater des britischen Premierministers Chamberlain, gesandt, damit dieser die britische Regierung bewege, mäßigend auf Polen einzuwirken, um zu einem friedlichen Ausgleich wegen der Frage Danzigs und des Korridors zu gelangen. Die britische Regierung unternahm jedoch nichts, um auf Polen einzuwirken. Im Gegenteil! Sir Alexander Cadogan, der Ständige Staatssekretär des britischen Außenministeriums, faßte das Verhalten seiner Regierung im Sommer 1939 nach dem Kriege so zusammen: „Natürlich konnte unsere Garantie Polen im Falle eines Angriffs keinerlei Schutz bieten… Man könnte das sogar für zynisch halten… Vielleicht war es das auch. Aber es brachte uns in den Krieg…, und am Ende haben wir mit unseren Verbündeten den Krieg gewonnen.”

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Als ersten Friedensfühler im Kriege oder letzten Versuch vor dem Kriege bezeichnet das britische Außenministerium die Aktivitäten von Birger Dahlerus, einem bekannten schwedischen Geschäftsmann.

Dahlerus hatte Beziehungen zu Geschäftskreisen in Deutschland und in Großbritannien, aber auch mit Kontakten zu höchsten Politikern, nämlich zu Göring und zu Chamberlain.

Im Sommer 1939 unternahm er häufig Besuche in London und Berlin und agierte als Vermittler von Göring in der Hoffnung, den Kriegsausbruch verhindern zu können. Ohne Erfolg!

Das ist insoweit bekannt, da Dahlerus 1948 ein Buch unter dem Titel „Der letzte Versuch” publizierte, das mit den Ereignissen des 4. September, als Hitler in einem seiner bekannten Wutanfälle die Bemühungen Görings und damit auch Dahlerus endgültig zunichte machte. Dem britischen Dokument zufolge sind Dahlerus’ Bemühungen hier aber keineswegs beendet.

Ich zitiere: „Am 5. September 1939 trat Dahlerus in Stockholm an den Gesandten Seiner Majestät heran (Damals unterhielten die Staaten nur in den vier oder fünf Großmächten Botschaften, in allen anderen Ländern Gesandtschaften; der britische Gesandte -Botschafter- in Schweden war Victor Mallet, der im Verlauf der nächsten beiden Jahre noch zu einer Schlüsselfigur bei zentralen deutschen Friedensfühlern werden sollte. ) und traf später Sir George Ogilvie Forbes den Botschaftsrat der britischen Botschaft in Berlin, der auf dem Weg von Berlin nach Oslo einen Zwischenstop eingelegt hatte. Beiden berichtete er, daß er immer noch an die Möglichkeit einer Übereinkunft glaube. Er war überzeugt davon, daß Göring den Kriegsausbruch aufrichtig bedaure und – was beinahe ein Akt tatsächlicher Illoyalität Hitler gegenüber war – einen Waffenstillstand ausgehandelt zu sehen wünscht. Die Abgeneigtheit der polnischen Regierung, über Danzig und den Korridor ernsthaft zu verhandeln, vielleicht verbunden mit bewußten Boshaftigkeiten von Seiten Ribbentrops, haben diesen Konflikt ausgelöst. Göring würde jedoch die Führung bei der Herbeiführung eines für die Regierung seiner Majestät annehmbaren Waffenstillstands übernehmen und er sei auch in der Lage, Hitler zu ,managen’, welcher letzten Endes die Funktion einer Präsidentenrolle mit der der wirklichen Macht, die dann in Görings Händen läge, eintauschen würde. Dahlerus rief als Beweis für Görings Aufrichtigkeit die Tatsache in Erinnerung, daß er mit Hitlers widerstrebender Billigung bereit war, am 3. September nach London zu fliegen. (vgl. Der letzte Versuch” Birger Dahlerus S. 136ff.)

Am 18. September berichtete Dahlerus, daß die deutsche Wehrmacht jetzt eine Stellung eingenommen habe, über die hinaus sie nicht weiter vorrücken würde, und daß die deutsche Regierung nach einer baldmöglichen Gelegenheit zur Unterbreitung eines Friedensangebotes suche. Göring schlug vor, daß die Regierung Seiner Majestät einen Schritt unternehmen solle. Im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der deutschen Regierung sei er absolut glaubwürdig und begründe seine Reputation mit der Einhaltung aller Bedingungen, die er persönlich ausgehandelt hat. Das deutsche Volk sei des Krieges müde und der Einfluß des Feldmarschalls sei gewachsen, zum Nachteil Hitlers, und das trotz der deutschen Erfolge in Polen. Dahlerus war der Ansicht, die Regierung Seiner Majestät sollte jetzt keine Ungeduld im Hinblick auf Verhandlungen zeigen und von jeder Art der Kriegführung, die geeignet wäre, Emotionen zu wecken, Abstand nehmen und im rechten Augenblick solle sie Göring wissen lassen, daß sie nun zu aufrichtigen Gesprächen bereit sei.”

Sir E. Monson informierte Dahlerus auf Anweisung, daß Lord Halifax sich keinen Friedensvorschlag der deutschen Regierung vorstellen könne, der auch nur von der Regierung Seiner Majestät oder von der französischen Regierung in Erwägung gezogen würde. Die Regierung Seiner Majestät könne nicht einmal ihre Einstellung zu einem Angebot definieren, dessen Natur sie nicht kenne, und ob Dahlerus bereit sei, von Göring Einzelheiten einzuholen, die sie in der Lage sei zu überprüfen.

Am 12. Oktober übermittelte Dahlerus dementsprechend folgende Vorschläge*, die er als diejenigen der deutschen Regierung ausgab:

  1. So schnell wie möglich ein Treffen von Vertretern aus Frankreich, England und Deutschland, um die Grundlagen zustimmungsfähiger Punkte auszuarbeiten. Nach Prüfung derselben durch die drei Regierungen könne ein Waffenstillstand erfolgen.
  2. Danach solle eine Konferenz der drei Großmächte stattfinden, um Polen, die Garantien, Nichtangriffspakte, Abrüstung, Kolonien, Wirtschaftsfragen, Grenzverlauf und Bevölkerungstransfer zu besprechen. Die Ansichten der deutschen Regierung zu den unter Punkt (2) detailliert angesprochenen Punkten seien folgende:
  • Es sollte ein neuer polnischer Staat innerhalb der deutschen Einflußsphäre entstehen. Die Ausdehnung des Territoriums solle sorgfältig abgewogen werden, doch das Gebiet unter sowjetischer Verwaltung stehe nicht zur Debatte.
  • Jede erzielte Übereinkunft wird durch ein nationales Plebiszit in Deutschland und in den anderen Ländern bestätigt werden.
  • Zwischen den fünf Großmächten werden Nichtangriffspakte abgeschlossen.
  • Abrüstung. Alle Angriffswaffen sollen zuerst vernichtet und dann die bewaffneten Streitkräfte auf eine Stärke zurückgeführt werden, die den wirtschaftlichen und strategischen Erfordernissen eines jeden Landes entspricht.
  • Kolonien. Alle ehemaligen deutschen Kolonien sollen zurückgegeben werden, können aber auch in bestimmten Fällen durch andere Gebiete ersetzt werden. Auf Südwest-Afrika wird kein Anspruch erhoben. Deutschland könne Schadensersatz [Ausgleichszahlungen] für seit dem Jahre 1918 in den Kolonien geleistete Verbesserungen in Erwägung ziehen, ebenso wie den Verkauf des Privateigentums der jetzigen Eigentümer, sollten diese den Wunsch haben wegzuziehen.
  • Wirtschaftsfragen und Abrüstung werden wahrscheinlich weitere Beratungen erforderlich machen, nachdem auf der Konferenz die Leitprinzipien festgelegt worden sind.
  • Grenzen. Alle Staaten werden die Grenzen ihrer Nachbarn garantieren und diese Grenzen werden auch durch die Großmächte garantiert.
  • Wenn die Regierung Seiner Majestät nicht bereit sei, mit der gegenwärtigen Regierungsform in Deutschland zu verhandeln, seien alle Vorschläge hinfällig.

*Es ist höchst aufschlußreich, daß Dahlerus von diesen Aktivitäten in seinem Buch „Der letzte Versuch”, das eigentlich den
Titel „Der vorvorletzte Versuch” hätte tragen müssen, nichts berichtete. So erfuhr man nur, daß Göring Frieden wollte, nichts aber über die Konditionen! Warum? Auf wen mußte Dahlerus Rücksicht nehmen?
Vor Gericht macht sich nicht nur strafbar, wer lügt, sondern auch derjenige, der nicht die ganze Wahrheit sagt. Strafbar
macht sich aber auch derjenige, der Personen zu Falschaussagen verleitet oder nötigt.

Dahlerus sagte, daß Hitler die Geduld des deutschen Volkes in Bezug auf die Sowjetunion, die Tschechoslowakei und Polen auf die Probe gestellt habe, und daß Hitler, wenn Göring als Chefunterhändler den Frieden sichere, es nicht riskieren könne, gegen diese nationalen Sicherheitsleistungen etwas zu unternehmen. Dahlerus fügte hinzu, daß Göring die Ansicht geäußert habe, Hitlers Wunsch nach Frieden beruhe auf dem Prinzip, daß es weder Sieger noch Besiegte gebe. Dahlerus behauptete, Deutschland würde einen Pakt mit England einem mit der Sowjetunion vorziehen. Und schließlich sei Hitler sogar bereit, eine Einladung zu einer Konferenz auszusprechen. Dahlerus besuchte Berlin noch einmal Ende Oktober und überbrachte danach der Gesandtschaft Seiner Majestät in Stockholm weitere detaillierte Vorschläge, wobei er auch den Durchschlag eines Briefes von Göring zeigte, worin ihm für seine Bemühungen um die Sache des Friedens gedankt wurde.

Am 16. November sah er Göring erneut und schlug der Botschaft Seiner Majestät in Stockholm wiederum ein geheimes Treffen von Vertretern Englands, Frankreichs und Deutschlands vor. Zweimal traf er Göring noch im Dezember und beim zweiten Treffen klärte er ihn darüber auf, daß es keine Chance auf eine Zustimmung der Regierung Seiner Majestät zu einem Geheimtreffen gebe. Ende Dezember besuchte er London erneut und sagte, Göring frage immer noch, welche Garantien die Alliierten denn forderten. Sir Alexander Cadogan informierte ihn jedoch darüber, daß er seinen früheren Ausführungen und den Erklärungen der Regierung Seiner Majestät nichts hinzuzufügen habe.

Ich frage Sie jetzt, warum all das hier Vorgetragene in den nach Kriegsende veröffentlichten Memoiren von Dahlerus fehlt. Am 1. Oktober 1939 berichtete der britische Botschafter in Angora ( Neugriechische Bezeichnung für Ankara.), die niederländischen Minister hätten mit dem deutschen Botschafter v. Papen über die Lage in Deutschland in privaten Gesprächen gestanden. Von Papen habe große Besorgnis über die Bedrohung durch den Bolschewismus ausgedrückt und sei überzeugt, daß nur ein baldiger Friede diese Gefahr bannen könne.

Später hatte man erfahren, daß von Papens Friedensvorschläge folgende Leitlinien hatten:

  • Polen müsse als unabhängiger Staat wiedererrichtet werden, soweit dies mit den Grenzen, die man der Sowjetunion zugestanden habe, vereinbar sei.
  • Danzig bleibe deutsch.
  • Papen vertrat die Ansicht, Deutschland sei zu weiteren Konzessionen bereit, was den von den Sowjets besetzten Teil beträfe, sofern es in der Frage der Kolonien nicht sein Gesicht verlöre.
  • Hitler würde abdanken, und die Grenzen Osteuropas würden auf einer internationalen Konferenz neu gezogen.
  • Böhmen und Mähren sollten autonom werden und auch für die Slowakei müsse dies in Erwägung gezogen werden.
  • In Europa sollte abgerüstet werden, und dies würde wahrscheinlich nicht die Stationierung von Streitkräften zum Schutz der britischen Überseegebiete ausschließen.
  • Es solle auch eine Wirtschaftskonferenz abgehalten werden.

Baron Bonde war Schwede mit Geschäftsverbindungen nach England. Er hat für die schwedische Regierung diplomatische Aufgaben erledigt und war ein guter Freund des Grafen von Rosen, der die Schwester von Görings erster Frau geheiratet hatte. Im Dezember 1939 traf Bonde Lord Halifax und überbrachte ein Memorandum, in dem er darauf drängte, daß die Kriegführenden zu einer Einigung kommen sollten, da eine Fortführung des Krieges zu einer Erschöpfung Europas führen müsse, und davon könnten nur die Sowjetunion, die Vereinigten Staaten und Japan profitieren. Er sagte, daß von Rosen Göring dieses Memorandum gezeigt habe, und daß Göring es als sehr vernünftig bezeichnet habe und, bemerkend, er könne nicht den ersten Schritt tun, angefragt habe, ob die britische Regierung nicht irgendeine Geste machen könne.

Baron Bonde führte aus, daß laut von Rosen Göring weder für die Besetzung der Tschechoslowakei noch für das Judenpogrom verantwortlich sei; er habe immer im Ribbentrop, Himmler und Goebbels entgegengesetzten Lager gestanden und er war „Hitler gegenüber absolut loyal bis zu dem Augenblick, wenn er ihn verhaften lassen müsse”. Göring sei auch leidenschaftlich antirussisch und hasse das Deutsch-Sowjetische Abkommen, auch wenn er es für notwendig hielt.

Diese letztgenannten Zitate zeigen vor allem, daß es dieses festgefügte monolithische NS-System nicht gab, daß auch hier Fraktionen sichtbar werden, die sich diametral gegenüberstanden und daß es Kräfte – hier Göring – gab, die auch einen Staatsstreich in Erwägung gezogen haben, um den europäischen Frieden wiederherzustellen.

Ich werde ihnen hier nicht alle 16 Vorschläge, von denen sich inhaltlich mehrere überschneiden, vortragen. Trotzdem ist es interessant zu erwähnen, wer alles sich für einen Verständigungsfrieden einsetzte. Das Dokument stellt britische und amerikanische Börsenspekulanten und Ölmagnaten vor, die sich in Berlin, London und auch in Washington um Frieden bzw. Vermittlung eines solchen bemühten, natürlich ohne Erfolg. Mr. Mooney, Generaldirektor von General Motors, zu denen seit 1929 auch Opel gehörte, war ein hochrangiger Industrieller, der sowohl zu Hitler wie auch zu Chamberlain und Roosevelt Zugang hatte. Er sprach bei Roosevelt nach einer Reise in Berlin und London vor, da er glaubte, in diesem Mann eine neutrale Instanz vorgefunden zu haben. Er konnte nicht wissen, daß die Aktivitäten Londons und Washingtons bereits Ende 1939 aufeinander abgestimmt waren und die Amerikaner zwar offiziell, nicht aber wirklich neutral waren. Nach dem erfolgreichen Frankreichfeldzug gab es eine ganze Reihe von Deutschland ausgehender bzw. initiierter, nahezu parallel laufender Friedensbemühungen auf verschiedenen Kanälen.

In Washington legten sowohl der deutsche Botschafter als auch dessen italienischer Kollege den Amerikanern die Bedeutung eines raschen Friedens für Europa dar. Man betonte, daß Deutschland aus Gründen der europäischen Staats- und Geschichtsräson immer noch zögere, Großbritannien frontal anzugreifen, da dessen Integrität einer der wichtigsten militärischen Sicherheitspfeiler der Weltpolitik und ein Gegengewicht zur sowjetischen Bedrohung sei. Neben Schweden tummelten sich vor allem in der neutralen Schweiz und in den neutralen Staaten der iberischen Halbinsel die Vermittler. In der Schweiz versuchte Max Egon Prinz zu Hohenlohe-Langenburg, über den britischen Gesandten, aber auch den dortigen Nuntius Kontakte zur britischen Regierung aufzunehmen. Seine Versuche waren nicht immer mit der Reichsregierung abgestimmt und könnten ebenso auch als Hochverrat gewertet werden wie die Kontaktanbahnungen des ehemaligen Zentrumskanzlers Joseph Wirth und des langjährigen Reichskriegsminister Geßler, die sich jeweils als Intimus einer Militäropposition gegen Hitler ausgaben, deren zentrale Figur der Generalstabschef Halder sei. Hier sei man auch bereit, Hitler auf dem Höhepunkt seiner Erfolge zu stürzen, wenn dadurch ein europäischer Friede gesichert werden könne.

Zu den Friedensinitiatoren der deutschen Regimekritiker gehörten mehrere Angehörige des Auswärtigen Amtes, Adam von Trott zu Solz, die Gebrüder Theodor und Erich Kordt. Das Oberhaupt dieser Bemühungen aber war Carl Goerdeler. Was man auf britischer Seite von diesen Vorschlägen manchmal auch vertraulichen Anbiederungen hielt, werde ich Ihnen in einem am Ende meiner Ausführungen stehenden Dokument des Foreign Office darlegen.

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Besonderes Augenmerk sollten Sie allerdings auf diesen Friedensfühler legen.

Im Juli 1940 flog Rudolf Heß nach Lissabon, gemeinsam mit Schellenberg und Heydrich aus dem Reichssicherheitshauptamt. Dort traf er sich mehrmals mit dem Herzog von Windsor und dessen Gattin. Der Herzog, der als Edward VIII. 1936 für 312 Tage britischer König war, wurde bei Kriegsausbruch im französischen Exil als britischer General reaktiviert. Er war der einzige britische Offizier, dem die Franzosen den Besuch der Maginot-Linie gestatteten – so sehr vertrauten sie ihren Verbündeten. Und Edward, ein glühender Verehrer des deutschen Reichskanzlers, verriet Hitler die Dislozierung der französischen Truppen.

Nach dem Zusammenbruch der französischen Verteidigung, zu dem der Herzog durch Preisgabe der französischen Stellungen an Hitler nicht unwesentlich beigetragen hatte, floh er im Juni 1940 aus Südfrankreich nach Madrid und flüchtete später weiter nach Lissabon. Heß suchte ihn auf, da Hitler glaubte, der Herzog verfüge immer noch über engste Kontakte zur britischen Oberschicht und sei in der Lage, über friedensbereite Briten, die vorgaben, Churchill stürzen zu wollen und zu können, einen Vernunftfrieden mit England zu schließen. Aus einem britischen Geheimdienstdokument geht hervor, daß Heß einen „Sieben-Punkte-Plan” mit dem Herzog diskutiert hat. Als Churchill von diesen Gesprächen erfuhr, ließ er den Herzog sofort in Gewahrsam nehmen und auf die Bahamas verschiffen, um diesen Friedenskanal zu verschütten. Sie werden gleich erfahren, um welche sieben Punkte es geht.

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”

Zum gleichen Zeitpunkt trat auch der Vatikan in Erscheinung, diesmal nicht in Gestalt einiger Nuntien, sondern des Papstes Pius XII. selbst.

Bereits im Dezember 1939 hatte der Vatikan mit den kriegführenden Parteien Kontakt aufgenommen. Die britischen Dokumente geben allerdings nur untergeordnete Versuche wieder. So habe der Vatikan durch den Bischof von Trier, den 1933 geflüchteten ehemaligen Vorsitzenden der Zentrumsfraktion im Deutschen Reichstag, Monsigniore Prof. Dr. Kaas, Berichte aus deutschen Militärkreisen erhalten, berichtete der britische Gesandte beim Vatikan.

Während Kaas den Bedingungen und Möglichkeiten der deutschen Militäropposition skeptisch gegenüber eingestellt sei, heiße der Papst stets jede Aussicht auf die Wiederherstellung des Friedens willkommen. Was das britische Dokument verschweigt, ist ein Vorpreschen des päpstlichen Nuntius in Spanien beim britischen Botschafter Sir Samuel Hoare, der fast an Stelle Churchills 1940 zum Premierminister gewählt worden wäre.

Hoare galt als einer der Köpfe einer britischen Friedenspartei, die ebenfalls bereit sein sollte, ihre eigene Regierung um Churchill zu stürzen, da diese sich nicht in der Lage zeigte, auf vernünftige Friedensvorschläge des Reiches einzugehen. Der Papst ließ einen von Deutschland abgegebenen „Sechs-Punkte-Plan” übergeben und den Nuntius folgendes erklären: Es sei die Überzeugung Seiner Heiligkeit, daß es der aufrichtige Wunsch der deutschen Regierung sei, die Feindseligkeiten zu beenden. Ausdrücklich stellte sich der Papst als Vermittler dieses Friedensangebotes zur Verfügung, das so ausgelegt sei, daß keiner der beiden Kriegsparteien das Stigma des Verlierers auf der Stirn trüge. Dieses britische Dokument steht in krassem Widerspruch zu den angeblich nur widerwillig vom Papst übermittelten früheren deutschen Angeboten. (Siehe Martin Allen: Churchills Friedensfalle. Das Geheimnis des Heß-Fluges 1941. S. 89, 174 ff.)

Ich reiße nur an, daß auch der schwedische König, der spanische König sowie der finnische Ministerpräsident an die Vernunft der britischen Regierung appellierten, Europa nicht in einen Vernichtungskrieg zu ziehen. Auch der japanische Außenminister warnte vor einer weltweiten Ausweitung des Konflikts. Hitler selbst aber hatte begriffen, daß er auf herkömmlichem diplomatischen Wege nicht in der Lage war, mit den Briten Kontakt aufzunehmen. Er wählte daher einen höchst ungewöhnlichen Weg. Er sandte seinen persönlichen Berliner Rechtsberater, den Anwalt Dr. Ludwig Weißauer, nach Stockholm, der Drehscheibe der meisten Friedensgespräche, und ließ ihn über Vermittlung des Präsidenten des schwedischen Hofgerichts, Dr. Ekkeberg, folgende Friedensvorschläge unterbreiten. Ich zitiere sie deswegen, da diese in abgewandelter Form auch mit dem Herzog von Windsor, mit dem Papst, mit Samuel Hoare besprochen wurden und wohl auch das diplomatische Gepäck darstellten, welches Heß bei seinem Englandflug mit sich trug.

a. Die Welt soll in zwei Wirtschaftssphären aufgeteilt werden; in eine kontinentale, von Deutschland gestaltete; die andere eine maritime und koloniale, vom Britischen Empire gestaltete.

b. Die politische Unabhängigkeit der von Deutschland besetzten europäischen Staaten, darunter die eines „polnischen Staates”, aber exklusive der Tschechoslowakei, solle wiederhergestellt werden. Eine wirtschaftliche Aufteilung Europas solle aber vorgenommen werden.

c. Das britische Empire solle alle seine Kolonien behalten, auch diejenigen Mandate, die es für seine politischen und militärischen Interessen benötige; Deutschland soll irgendwo geeignete Kompensationen erhalten.

d. Fragen bezüglich des Mittelmeeres, Ägyptens und der französischen, belgischen und holländischen Kolonien sind offener Verhandlungsgegenstand.

Weißauer wurde nicht vorgelassen. Er erhielt keine Antwort und mußte unverrichteter Dinge nach Berlin zurückfliegen.

Die britische Regierung hatte allerdings aus den Äußerungen Weißauers, nur er und Hitler wüßten von seiner Mission, den Schluß gezogen, daß Hitler seinen außenpolitischen Apparaten nicht mehr vertraute und auf eigene Faust Kontakte herstellen ließ. Und als Heß im September 1940 seinen berühmten Englandflug mit verschlüsselten Briefen nach England vorbereitete, lockten ihn die Briten in eine Falle, indem sie so taten, als gebe es eine große Friedensfraktion auf der Insel, die nur auf einen hochrangigen Vertreter aus Deutschland warte, um Churchill zu stürzen und Frieden zu schließen. Sie lockten Heß, der übrigens schon im November 1940 in die Schweiz geflogen war, um die entscheidenden Kontaktmänner zu treffen, nach Schottland, und den Rest kennen Sie. Er wurde für verrückt erklärt, und seine Angebote wurden nicht einmal in Erwägung gezogen. Auch in Nürnberg nicht. Ein im Jahr 2007 versteigertes Dokument von Heß an seinen Verteidiger Dr. Seidl beinhaltet eine “eidesstattliche Versicherung”. Diese „eidesstattliche Versicherung” enthält vier Punkte, die er mit Hitlers Wissen in England vortrug. Nachdem Einzelheiten durchzusickern schienen, beeilte sich die britische Regierung zu versichern, dieser Friedensflug sei nur unternommen worden, um gegen Rußland freie Hand zu haben.

Es steht fest, daß die von Heß unterbreiteten Vorschläge schon ab Juni 1940 den Briten mehrmals unterbreitet worden waren – also lange bevor Hitler auch nur daran dachte, das „Unternehmen Barbarossa” vorbereiten zu lassen. Den Startschuß dazu gab er erst, nachdem ihm durch die Truppenaufmärsche der Sowjets ab Juni 1940 und die unverhohlenen Drohungen des sowjetischen Außenministers Molotow im November 1940 in Berlin klar geworden war, daß man mit den Russen nicht mehr Rücken an Rücken, sondern Brust zu Brust stand. Doch eine Frage bleibt scheinbar offen: Warum ging Großbritannien nicht auf die für es so günstigen Angebote Deutschlands ein. Hatte es Angst vor der Dynamik des Nationalsozialismus? Glaubte es Hitler nicht trauen zu können? War Deutschland zu mächtig geworden?

Martin Allen hat auch die Antworten auf diese Fragen im britischen Staatsarchiv gefunden. Am 24. Februar 1941 schickte der britische Minister für Wirtschaftliche Kriegführung und die Geheimdienste, Hugh Dalton, einen Brief an Churchill und Anthony Eden, den britischen Außenminister. Darin heißt es: „Ich habe immer auf dem Standpunkt gestanden, daß in diesem Krieg Knochenkegeln mit den Hunnen gerechtfertigt ist und daß die ,Operation Herren HHHH’” – die Täuschungsaktion des Heß-Fluges – das Ziel hatte, diese Funktion zu erfüllen. Ich glaube aber nicht, daß wir es moralisch rechtfertigen können, sie dazu zu benutzen, das in Frage stehende Ergebnis zu erzielen…. Ich spüre, daß wir uns erneut treffen müssen, bevor wir diese Maßnahme ergreifen.”  (Martin Allen: Churchills Friedensfalle, S. 205.)

Worauf bezog sich Dalton: Churchill hatte in einer Sitzung des Kriegskabinetts erklärt, warum er keinen Frieden wolle. Er wußte, daß in der britischen Oberschicht, im Parlament, ja sogar im Kriegskoalitionskabinett eine starke Opposition gegen die Fortführung des Krieges vorhanden war. Sie müssen dazu wissen, daß Churchill nach den vielen Niederlagen der britischen Truppen 1940/41 mehrere Mißtrauensvoten im Unterhaus überstehen mußte. Er erklärte seinem verunsicherten, friedensbereiten Kabinett, daß man auf jeden Fall ausharren müsse, denn:

1. Wir können nicht auf den Kontinent, aber Deutschland kann auch nicht auf die Insel. Die Zeit arbeitet für England, denn

2. es wird dem britischen Geheimdienst gelingen, 1941 sowohl die Amerikaner als auch die Russen gegen Deutschland in den Krieg zu ziehen und dann ist es nur noch eine Frage der Zeit. Er tue dies, weil

3. England einen europäischen Krieg nicht mehr gewinnen könne, wohl aber einen Weltkrieg. Und England sei nicht bereit, Juniorpartner eines starken Kontinentalreiches unter deutscher Führung zu sein. Das entspreche nicht der britischen Geschichte und Sendung.

Mit einer ähnlichen Begründung hat auch der langjährige Ständige Staatssekretär im Foreign Office und damals außenpolitische Berater der britischen Regierung, Sir Robert Vansittart, jegliche Verhandlungen mit deutschen Friedensboten verbieten lassen.

„… das Deutsche Reich und die Reichsidee sind seit 75 Jahren der Fluch, der auf der Welt lastet, und wenn wir sie dieses Mal nicht stoppen, dann stoppen sie uns. Der Feind ist das Deutsche Reich und nicht etwa der Nazismus… Jede Möglichkeit für einen Kompromiß ist jetzt passé, und es muß ein Kampf bis zum Ende geführt werden, und zwar bis zum bitteren Ende… Wir haben mehr als genug von (Friedensvorschlägen von) Leuten wie Dahlerus, Goerdeler, Weißauer und Konsorten.” ( Zit. nach Olaf Rose: Der Hetzer. Lord Vansittart und die britische Kriegspropaganda gegen Deutschland 1939-1945. Inning am Ammersee 2004, S. 156.)

Jetzt kennen Sie die Gründe und wissen, warum es vom Beginn des Krieges an niemals die Chance gab, einen Frieden mit England zu schließen. Sein Geheimnis mußte Heß übrigens mit ins Grab nehmen. Als die Russen unter Gorbatschow öffentlich verkündeten, ihn freilassen zu wollen, brachte ihn der britische Geheimdienst schnell noch vorher um.

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Nach seinem Scheitern führte übrigens ein Mann die Friedensverhandlungen fort, von dem Sie es am allerwenigsten erwartet hätten. Heinrich Himmler verhandelte mehrere Jahre mit der britischen Seite. Auch er mußte deswegen sterben… Eine Kontroverse wäre dieses Thema auch in Deutschland wert. Aber Sie werden eine Debatte darüber vergeblich suchen. In keinem historischen Seminar an einer deutschen Universität ist so etwas ein Semesterthema; kein deutscher Forscher erhält ein Auslandsstipendium des DAAD, um das eigene Land entlastendes Material zu sammeln.

Warum das so ist, darüber kann man nur spekulieren. Wer einen Krieg beginnt macht nicht nur einen Schritt ins Dunkel, in eine ungewisse Zukunft, er läßt jedes Mal auch eine der größten Plagen auf die Menschheit los; denn im Gefolge der Kampfhandlungen werden stets Verbrechen begangen, deren Ausmaß alle Kriminalitätsstatistiken der Friedenszeit als Marginalie verblassen läßt.

Wer aber die Möglichkeit, einen überprüfbaren, billigen, allen eigenen Forderungen entgegenkommenden und die gewaltlose Rückgewinnung der Unabhängigkeit aller europäischen Staaten garantierenden Frieden ausschlägt, der begeht ein nicht minder großes, vielleicht noch größeres Verbrechen.

Als ich diese These vor zwei Jahren auf einer großen Festveranstaltung eines Vertriebenenkreises vortrug, erhielt ich langanhaltenden Applaus, denn ich hatte auf die Konsequenzen hingewiesen:

Ein Frieden im Juli, August oder September 1940 hätte bedeutet, daß die meisten Juden überlebt hätten, fast 50 Millionen Menschen nicht gefallen oder gestorben wären und weit über ein Dutzend Millionen Menschen nicht ihrer Heimat beraubt worden wären. Europa, vor allem aber Deutschland hätte sein historisches Gesicht behalten und seine relative Machtposition gegenüber den beiden raumfremden Mächten USA und UdSSR, die nach 1945 Europa unter sich aufteilten.

Hunderte von Zuhörern stimmten mir durch ihren Applaus zu; lediglich die in der ersten Reihe sitzenden Politiker, unter ihnen ein Staatssekretär und Abgeordnete, machten daraus in geheimer Absprache mit der Presse einen sogenannten Skandal. Sie waren zwar zu feige, auf die Bühne zu kommen und mir coram publico zu widersprechen oder auch nur eine Diskussion anzuregen, aber sie verweigerten die Totenehrung und bezichtigten mich im Nachhinein der Geschichtsklitterung. Einer der Vorwürfe war, ich hätte Deutschland reinwaschen wollen. Nein, meine Damen und Herren, das sicher nicht, aber ich möchte den Schmutz der Welt etwas gerechter verteilen.

Olaf Rose: Der Hetzer. Lord Vansittart und die britische Kriegspropaganda gegen Deutschland 1939-1945

Vortrag von Dr. Olaf Rose -hier als Pdf- zum Download vodr.net

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”

Vom Kriege gilt als das bedeutendste Werk, das jemals über die Kriegsführung verfaßt wurde. Seinen Rang verdankt es insbesondere den ersten Kapiteln, in denen Clausewitz eine allgemeine Wesensbestimmung des Krieges vornimmt. In seinen Kernaussagen, wie der These vom politischen Charakter des Krieges, von seiner Doppelnatur als traditionellem und revolutionärem Krieg und seiner Bestimmung als Gewaltakt, der der Erfüllung des eigenen Willens dient, reicht sein Ansatz weit über den militärischen Bereich hinaus.

Clausewitz berühmtes Postulat vom “Krieg als bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln” ist längst zum Gemeinplatz mutiert; viel gelesen, oft zitiert, aber selten verstanden. Carl von Clausewitz – Vom Kriege

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Der letzte Versuch. London – Berlin Sommer 1939 von Birger Dahlerus. Im Sommer 1939 unternahm er häufig Besuche in London und Berlin und agierte als Vermittler von Göring in der Hoffnung, den Kriegsausbruch verhindern zu können. Ohne Erfolg!

Am 5. September 1939 trat Dahlerus in Stockholm an den Gesandten Seiner Majestät heran und traf später Sir George Ogilvie Forbes, der auf dem Weg von Berlin nach Oslo einen Zwischenstop eingelegt hatte. Beiden berichtete er, daß er immer noch an die Möglichkeit einer Übereinkunft glaube. Er war überzeugt davon, daß Göring den Kriegsausbruch aufrichtig bedaure und – was beinahe ein Akt tatsächlicher Illoyalität Hitler gegenüber war – einen Waffenstillstand ausgehandelt zu sehen wünscht.

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”

Görings Geheimnis - Jahrzehnte lang waren diese Filmrollen verschwunden.

Niemand ahnte, dass Hitlers zweiter Mann eine unbekannte Leidenschaft hatte. Filme aus seinem Privatbesitz zeigen, wie er sich selbst am liebsten sah – auf dem Höhepunkt seiner Macht, umjubelt von den Massen wie beim Anschluss von Österreich 1938, als Oberbefehlshaber der Luftwaffe und als wichtigsten Gefolgsmann Hitlers.

Die Privatfilme geben erstmals Einblick in das Innenleben eines der mächtigsten Nationalsozialisten, der kein Tagebuch hinterließ und kaum persönliche Notizen, und der verwickelt war in fast alle Verbrechen des Regimes.

Görings Geheimnis

“Ich habe so oft die Hand geboten, es war umsonst! Sie wollten diesen Kampf sie sollen ihn jetzt haben!”Churchills Friedensfalle: Das Geheimnis des Hess- Fluges

Das vorliegende Buch ist die deutsche Übersetzung von „The Hitler-Hess Deception”, das im Jahre 2003 bei Harper Collins erschienen ist. Auch in Deutschland werden sich noch Leser daran erinnern, dass Rudolf Heß, der seinerzeitige Stellvertreter des Führers der NSDAP, im Mai 1941 einen abenteuerlichen Flug nach Schottland unternahm, daraufhin seitens der deutschen, wie auch der britischen Führung als geistig verwirrt bezeichnet wurde und nach dem großen Nürnberger Prozess bis an sein Lebensende im Spandauer Gefängnis inhaftiert war. Er lebte dort jahrzehntelang als einziger Gefangener und starb in hohem Alter einen Tod, der unterschiedlich als Erhängen oder Strangulierung von eigener oder fremder Hand dargestellt worden ist. Das Geheimnis des Hess- Fluges


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