Ich habe die Kunst am Bein

Von Mktrout

Sagt man es nicht so „… ich habe irgendwas am Bein“? Ok, ich habe die Kunst am Bein. Kunst ist ja was richtig schönes und mir bereitet es sehr viel Spaß Kunst zu machen. Aber manchmal kann es auch zur Last werden. Dann sagt man wohl, „ich habe etwas am Bein“. Mich hat interessiert, wo dieser Begriff herkommt. Kurze Recherche: Es dreht sich wohl darum, dass man eine Last am Bein hat, die das Gehen und Weglaufen behindert. Nun ja, so ganz stimmt das bei mir nicht … ich habe die Kunst gerne am Bein, aber manchmal kommt das Gefühl, dass man am liebsten weglaufen möchte. Heute ist es bei mir so weit.

Kunst am Bein – Last oder Lust

Irgendwie versteht ja niemand, wie das Ding mit der Kunst tatsächlich funktioniert. Ich sehe auch keinen großen Plan dahinter. Vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Es geht einfach darum, seine eigene Lust auf Kunst auszuleben. Im idealen Fall finden sich Menschen, die Lust auf diese geschaffene Kunst haben. Dann kaufen sie das eine oder andere Kunstwerk und alles ist gut. Etwas häufiger kommt es vor, dass Kunstwerke ausgestellt werden. Dann kommen Kunstinteressierte, freuen sich an dem Ausgestellten, vereinzelt verlieben sie sich in ein Kunstwerk und kaufen es. Auch da ist alles gut. Aber jetzt hat mich ein besonderer Aufruf erreicht: Ausstellung im privaten Rahmen, bitte gib 20 Kunstwerke da rein. Wow, 20 Kunstwerke. Aber nicht irgendwelche, sondern Emulsionslifts. Thema Sexualität.

Jetzt fängt das mit der Last am Bein an. Ja, 20 Emulsionslifts mit dem Thema Akt und Sexualität habe ich „auf Lager“. Sogar mehr. Aber welche Bilder soll ich auswählen? Ausstellung im privaten Rahmen … was bedeutet das? Welche Bilder werden da erwartet? Wie soll das ablaufen? Wieso und weshalb und sowieso??? Ist das der neue Weg der Kunst? Wird Kunst immer privater? Das sind Fragen die ich mir stelle und ich habe das Gefühl, auf die Schnelle finde ich keine Antworten darauf. Aber ich komme jetzt nicht drumherum. Entweder ich mache das mit der „privaten Ausstellung“ und dem finden der Antworten, oder ich kneife. Ich habe die Kunst am Bein. Weglaufen gilt nicht, also machen!

Sexualität

Fangen wir bei den Gedanken um das Ausstellungsthema an. Sexualität. Wo fängt Sexualität an, wo hört sie auf? Ist schon das Zeigen von nackter Haut mit Sexualität gleich zu setzen? Ist Sexualität nicht etwas sehr privates? Empfindet nicht jeder etwas anderes, wenn es um Sexualität geht? Fragen über Fragen. Wirklich schwierig. Ja, ich habe die Kunst am Bein. Und solange ich mich mit den aufgeworfenen Fragen nicht auseinandersetze, wird mein Kunstding nur eine halbe Sache bleiben. Kunst ist kein leerer Begriff, sondern eine Auseinandersetzung mit einem Thema. Und genau diese Auseinandersetzung wird so lange eine Last sein (wie eine dicke, schwere Kugel am Bein hängen), bis man die Fragen beantwortet hat und damit den leeren Raum gefüllt hat. Dann wir die Last zur Lust und die Kugel am Bein löst sich in Luft auf.

Also, was umfasst alles den Begriff der Sexualität? Ich werde nachdenken und den Raum füllen. Jetzt weiß ich, eine Ausstellung meiner Emulsionslifts wird zur Kunst, wenn ich den leeren Kunstbegriff mit Antworten fülle. Das ist keine neue Erkenntnis, aber ein wichtiger Punkt für meine heutigen Gedankengänge. Bis ich mit Antworten den leeren Raum gefüllt habe, ist es eine Last am Bein. Aber dann wandelt sich das in Lust. Lust an der Kunst. Bleibt also „nur noch“ die Beantwortung der Hauptfrage, was ist Sexualität und was will das Publikum sehen …

Noch Fragen?

Mancher Leser wir sich jetzt fragen, was ist ein Emulsionslift? In meinem Portfolio sind zwei Serien zu sehen … Emulsionslift I und Emulsionslift II. Gemacht wird das auf Filmen von Impossible. Bei diesen Bildern wird dann die bildtragende Emulsion mit heißem Wasser abgelöst und mit speziell für Emulsionslift gemachte Pinsel auf feines Büttenpapier übertragen. Dabei kann man richtig schön Risse und Falten ins Bild bringen und das Ganze künstlerisch verfremden. Das alles kann man kaufen. Nur die Motive muss der Künstler selbst mitbringen. Und gerade in Beziehung zur Sexualität sind Sofortbilder eine super Sache, weil sich das Sofortbild selbst entwickelt und niemand das Bild vorher zu sehen bekommt … bis man es ausstellt (aber das muss man ja nicht, man kann auch eine ganz private Bildersammlung erstellen).