He, spinnt der Burkhard, uns das als Mittwochmorgen-Meldung zu präsentieren - so ne lächerliche Jogging-Strecke? Gemach, nur Geduld verehrte/ LeserIn, bis du gelesen hast, was mir dieser Lauf bedeutet hat.
Ich trainiere seit 50 Jahren, erst Mittelstrecken und jetzt in meiner AK 60 laufe ich am liebsten die 5000m, auf der Bahn im Stadion, bei Volksläufen. Vor paar Jahren - sozusagen Erinnerung an meine Jugend - wurde ich sogar noch einmal Bezirksmeister über 800m.
Ich "laufe"? Ich sollte besser sagen: ich "lief"... Denn seit 2 Jahren bekomm ich regelmässig die rote Karte gezeigt: Erst ein Adduktorenriss links, dann Oberschenkelzerrung rechts, dann fiel die eine Wade aus, dann die andere.
Immer dasselbe Schema: schönes entspanntes Lauftraining - dann, ohne irgend einen erkennbaren äusseren Anlaß: Stich in der Wade wie mit einem Messer, der Schmerz wandert die Wade entlang, wird schlimmer, setzt sich fest. Ich weiß: ich muß aufhören, nach Hause humpeln, Eis und Ruhe.
Die Zahl der Arztbesuche ist beeindruckend: Ein Dauerthema bei meinem Hausarzt, der sich rührend um mich kümmert, Orthopäd, Chirurg, Osteopath. Und immer das gleiche bedauernde Achselzucken in den Sprechzimmern: "Tja - in der Tat rätselhaft - da kann ich auch nichts dazu sagen - das ist mir so noch nicht vorgekommen".
Mein Trainer und meine Kollegen im Lauftreff wagen schon gar nicht mehr, nach meinem Befinden zu fragen. Wobei letztes Jahr das Absurde war: WENN ich dann mal nach einer Verletzungspause wieder in Fahrt kam, waren die Ergebnisse im Training und sogar im Wettkampf immer respektabel: Die 5000m mehrmals glatt unter 25, beim Bonner Dreibrückenlauf (alle Bilder auf diesem Post sind davon) Vierter in meiner AK und noch im ersten Drittel des 500+ Gesamtfeldes = vor vielen vielen Jüngeren im Ziel, beim Nienburger Spargellauf Altersklassenerster und einer der ältesten Teilnehmer überhaupt. Mein lieber Lauffreund Hans-Ulrich tröstet mich: Also, die Energie ist doch da. Aber was nützt der beste Kreislauf, wenn die Beine nicht mitmachen.
Und in diesem Jahr halfen auch die Ruhepausen nix mehr: Nach 3 Wochen Laufstop: Wadenzerrung. Ohne groß daran zu glauben, hab ich danach eine Magnesiumkur begonnen. Nach 4 Wochen Pause erneuter Stopp beim ersten Wiedertraining - mitten auf der Strecke wegen Wadenkrämpfe. Nach 5 Wochen Pause dasselbe: es ging nichts mehr.
Da hab ich dann doch im Zorn meine schönen neuen New Balance in die Ecke gepfeffert, eine Stunde geheult und mir dann die Walkingstöcke von unserer lieben Tochter ausgeliehen. Ende der Lauf"karriere"!
Aber weil gestern abend, nach erfrischendem Regen, die Luft so schön war und die Sonne noch so lieb schien, bin ich doch an meinen eigentlich ja schon obsoleten Sportschrank gegangen, hab die New Balance nochmal aktiviert und hab meine klassische Runde im nahen Wald hier gedreht.
Der Zyniker in mir sagte natürlich dauernd: Na, wann kommt die erste Zerrung? Aber irgendwann hab ich dann auch nicht mehr drüber gegrübelt, bin die vertraute Strecke einfach weiter gelaufen, so im 6minpk Tempo, den Weg kann ich ja eigentlich blind laufen.
Und als ich diesen ganzen Verletzungsfrust ausgeblendet hatte, dachte ich auf dem letzten Kilometer plötzlich: He, du läufst ja immer noch problemlos weiter, was ist los? So kam ich tatsächlich beschwerdefrei nach Hause. Ein Wunder. Nun, 7k zerrungslos laufen zu können, das sagt noch gar nichts, das weiß ich aus langer leidvoller Erfahrung. Aber morgen probier ich´s vielleicht nochmal. Mal 10k? Against all odds, wie das schöne englische Sprichwort lautet.