Ich sag's euch, zu viel Sonne auf einmal tut mir nicht gut, aber der plötzliche Wetterwechsel erst recht nicht. Wenn man dann plötzlich den ganzen Tag nur drinnen sitzt, kann es schon mal mit einem durchgehen. Nach kurzem Überlegen, was wir machen könnten, kamen wir auf die Idee ein paar Fotos zu machen... und das hat sich ziemlich schnell als sehr unterhaltsam herausgestellt, wirklich ernst haben wir das Ganze nämlich nicht genommen. Da wurde, obwohl es draußen schon dunkel war, dann auch nicht auf Sonnenbrillen verzichtet - oder auf das Duckface - oder darauf Füße zu knutschen. Und in meinem Schrank sieht man auch schön die Reflexion von meinen Softboxen, aber who cares, richtig?
Die Brünette da - das ist übrigens meine beste Freundin Delia. Gegensätze ziehen sich an, oder? Nicht nur wegen der Haarfarbe, obwohl ich mir irgendwie immer dunkelhaarige Freundinnen suche, auch charakterlich ähneln wir uns kaum. Ich gebe zu, wir haben unsere Momente, und richtig gruselig wird es, wenn wir das selbe sagen, denken, machen - am besten alles gleichzeitig, aber ansonsten sind wir zwei ganz unterschiedliche Typen.
Wir kennen uns seit der 7. Klasse. Das sind jetzt genau... 12 Jahre? Mein halbes Leben. Viel zu lang. Nicht lang genug. Wir hatten gute Phasen, und schlechte, und welche, in denen wir nichts miteinander zu tun hatten. Wir haben uns gehasst und geliebt, gestritten und wieder vertragen, durch andere ersetzt und sind doch wieder zueinander zurück gekrochen. Ich würde nicht behaupten, dass wir uns in allem ergänzen, oder uns alles erzählen, oder das typische Bild von besten Freunden abgeben. Ganz im Gegenteil, manchmal zweifeln wir glaube ich selbst daran. Und trotzdem: wenn mich jemand fragt, wer meine beste Freundin ist, dann ist meine Antwort immer die gleiche. Ich weiß nicht, ob wir uns besser kennen, als andere uns kennen. Oder ob wir uns anders kennen. Aber ich weiß , dass wir in den 12 Jahre nie an einer Stelle stecken geblieben sind. Wir haben uns weiter entwickelt, verändert. Und wir haben es zugelassen. Das hat trotzdem nie etwas an der Tatsache geändert, dass wir befreundet geblieben sind.
Ich glaube in einer Freundschaft ist es wichtig den anderen zu akzeptieren, und ich glaube nicht, dass die Zeit, die man mit einer Person verbringt, ihren Status ausmacht. Delia und ich sehen uns vielleicht zwei Mal im Monat. Wir telefonieren zwischenzeitlich nicht stundenlang, sie reagiert manchmal nicht mal auf meine WhatsApp-Nachrichten - oder ich nicht auf ihre. Sie hat ihr Leben und ich meines. Und manchmal fällt es schwer das zu akzeptieren, denn "beste Freundinnen" teilen schließlich alles miteinander, oder? Ich finde nicht. Das macht es doch gerade interessant. Wenn man sich dann sieht, hat man sich wenigstens etwas zu erzählen. Und auch wenn wir mal nicht über die vergangenen Wochen und Ereignisse quatschen, können wir immer noch Spaß miteinander haben - oder uns alte Geschichten erzählen. Wenn man sich so lange kennt, dann hat man schon so viel miteinander erlebt, dass man die Hälfte schon vergessen hat. Manchmal erzählt sie mir Geschichten, an die ich mich überhaupt nicht mehr erinnern kann, von Leuten, deren Gesichter ich schon längst vergessen habe, oder Dingen, die mir heute noch peinlich sind (denken wir da mal an meine imaginären Freunde, die ZUFÄLLIG genau so hießen wie die Typen, die wir im Internet kennen gelernt hatten).
Ich hatte zwischenzeitlich auch andere beste Freundinnen. Mit ihnen war es auch schön. Aber am Ende war es nie das Richtige. Hat nie so lange gehalten. Hat sich nie so richtig angefühlt. Und ja, jetzt, wo manche Freundinnen nicht mehr meine Freundinnen sind, vermisse ich sie natürlich. Schließlich hat es immer ein Grund, wieso man jemanden als seine beste Freundin bezeichnet. Und auch immer einen Grund, warum man mit jemandem nicht mehr befreundet ist. Oder sein kann. Wegen sich selbst. Und vielleicht ist man irgendwann wieder bereit noch einen Versuch zu starten, aber solange, und das schon mein halbes Leben lang, bin ich einfach froh, dass ich die eine beste Freundin habe. Die, die auch damit zufrieden ist, wenn wir uns nicht alle zwei Minuten anrufen, und nicht alles erzählen, und die mir meinen Freiraum lässt, und ihren Freiraum braucht. Die, die immer da ist und immer zurück kommt.
Und wenn ich so darüber nachdenke, dann war es schon immer so zwischen uns. Und wir waren immer irgendwie zufrieden damit.
Ich glaube in einer Freundschaft, und in jeder engeren Beziehung, die man mit Leuten pflegt, ist es nicht nur wichtig viel Zeit miteinander zu verbringen; viel wichtiger ist es, dass man man selbst sein kann, ganz ohne Einschränkungen. Denn das Schönste ist es doch, wenn man weiß, dass da draußen jemand ist, der einen so akzeptiert wie man ist. Mit all seinen imaginären Freunden und Wutanfällen und der übertriebenen Liebe zu Serien und Youtubern und den komischen Weltvorstellungen und Zukunftsplänen. Jemand, der auch da ist, wenn es mal nicht so gut läuft, oder auch nachts um drei noch ins Auto steigt, um dich vom Arsch der Welt abzuholen. Jemand, dem man vertrauen kann, und den man um Rat fragt, auch wenn man weiß, dass der Rat einem nicht unbedingt weiter helfen wird, einfach nur um darüber geredet zu haben.
Ich glaube, wenn das erfüllt ist, dann kommt alles andere ganz natürlich und wie von selbst.
In dem Moment, in dem wir uns verstellen müssen, oder deswegen unglücklich mit uns selbst sind, sollte einem klar sein, dass diese Freundschaft nicht das Richtige ist: und dieses Gefühl hatte ich schon oft, nur nicht mir ihr. Meiner Meinung nach ist es das, was eine "beste Freundin" ausmacht.
Ich glaube es liegt am Wetter. Sonnenschein macht mich sentimental. Ich habe Lust auf lange Autofahrten mit Sonnenbrille und runtergelassenem Fenster. Auf Abenteuer. Auf neue Geschichten. Ich WILL neue Geschichten. Etwas, das ich irgendwann deinen und meinen Kindern erzählen kann. Und dann kann ich sagen "Und dann hat Mama..." und du wirst mit hochrotem Kopf nur "SINE" quietschen, und ich werde lachen (und auch meine Kinder werden lachen, denn sie werden die Geschichte schon kennen) und wir werden unseren Kindern ein gutes Vorbild für Freundschaft sein. Weil das eben meine Zukunftsvorstellung ist, mit der du leben musst!