Am 19. Mai hat CD Projekt RED den dritten Teil der Witcher-Reihe veröffentlicht. Die Reihe basiert auf den Romanen des polnischen Autors Andrzej Sapkowski. Das Spiel trägt den Untertitel The Wild Hunt obwohl die Wilde Jagd auch schon zuvor Thema war, beispielsweise im direkten Vorgänger. Den habe ich vor einigen Monate in relativ kurzen 20 Stunden durchgespielt und war recht begeistert. Das Rollenspiel war zwar ziemlich linear angelegt und spielt in vier oder fünf überschaubaren Umgebungen, trotzdem wird eine tragische, wendungsreiche Story erzählt und das Gameplay zwischen Kampf, Alchemie, Magie, Leveln und Rätseln ist zwar komplex aber gut zu managen. Tolle Wurst! Richtig beachtlich sind die Entscheidungen, die wir während des Spiels treffen und deren Konsequenzen die Story im Kleinen wie im Großen beeinflussen. Sie führen auch dazu, dass man dutzende Variante der Story spielen kann. Einige Charaktere überleben, andere nicht. Manchen Leuten helfen wir, anderen nicht. Und in fast allen Fällen erfahren wir im Verlauf, wie die Konsequenzen aussehen. Darin liegt ganz klar eine besondere Stärke des Spiels. Wie also kann man so ein gelungenes Spiel noch verbessern? Ganz einfach: Mit mehr.
Von der Klippe sehe ich hinab. Im Wasser tummeln sich Ertrunkene. Mist. Ich stürze mich ins kühle Nass. Unten angekommen genügen zwei, drei Schüsse mit der Armbrust um die Ertrunkenen zu final zu beerdigen. Ich tauche in eine Höhle ab und gelange so unter die Burgruine. Irgendwie hatte ich mir das einfacher vorgestellt…
Zur Story: Gerald von Riva, der Held der Witcher-Reihe, ist Hexer und tötet Monster für Geld. Dabei dient er den aktuellen Herrschern, verteidigt den kleinen Mann, säuft und vögelt sich durch die Lande. Wenn man ihn lässt. Im letzten Teil hatte Gerald sein Gedächtnis verloren, verliebte sich auf der Suche nach einer Zauberin namens Yennefer in eine Zauberin namens Triss, wurde des Mordes an König Foltest bezichtigt und musste sich dieses Vorwurfs erwehren. Im dritten Teil geht es um des Hexers Mündel Ciri, die lange verschwunden war und nun wieder aufgetaucht sein soll. Die Hauptquest beschäftigt sich mit der schwierigen Suche nach ihr und wir treffen fast alle bekannten Charaktere und unzählige neue auf der Reise kreuz und quer durch das vom Krieg gebeutelte Land. Das Königreich Nilfgaard will sich Temerien einverleiben während die Bewohner – Elfen, Zwerge, Menschen und andere – sich gegenseitig die Leben schwer machen. Während dessen sucht der Hexer Nekromanten, Geister, Drachen, Spinnen, Greife und anderes Getier und metzelt sie mit seinem Silberschwert – wenn jemand ein paar Münzen dafür locker macht.
Ich tauche auf und stelle fest, dass ich im Keller der Burg bin. Immerhin. Kisten und Fässer mit Schnaps und Brot stehen herum, ich bediene mich. Dann nach oben. Die bedrohlichen Geräusche nehmen zu, an der Tür angekommen werde ich von einem Wyvern begrüßt, der offenbar hier seinen Landeplatz hat. Ich lade die Armbrust, trinke eine meiner Tränke, wirke das Aard-Zeichen und stürze mich in den Kampf. Einige Dutzend Schwerthiebe später liegt das Vieh auf der Mauer und keucht. Von ein paar Streifwunden abgesehen ist alles gut. Ich durchsuche die Umgebung mit meinen Hexereien nach brauchbarem. Neben einigen Tränken, alten Waffen und Büchern finde ich ein Schema für ein neues Silberschwert. Danach habe ich gesucht.
Bislang habe ich circa 60 Stunden gespielt, ungefähr 35 % vom Spiel soll ich erst gesehen haben. Trotzdem habe ich schon viel erlebt, die Story bis hier zu rekonstruieren würde sicherlich einige Seiten kosten und die Hauptquest spoilern, daher lasse ich das mal. Nebenher habe ich in Velen und Novigrad zahlreiche Monster erledigt, Schätze gesucht und gefunden, Menschen geholfen und meine Ausrüstung verbessert. Es gibt soviel zu tun, dass man tatsächlich manchmal nicht weiß, wo man anfangen soll. Die komplette Welt kann potentiell von Beginn an bereist werden, einige der Quests (wie z.B. die Reise nach Skellige) werden für das aktuelle Level nicht empfohlen und sind rot markiert, können also erst später angegangen werden. Ansonsten bin ich frei, treffe ich aber auf starke Monster, die sich übrigens nicht auf mein Level einstellen, dann hilft es nur, die Beine in die Hand zu nehmen, sonst rollt der Kopf. Mit am Wegrand gesammelten Kräutern braue ich Tränke und verkaufe gefundene oder ihren toten Besitzern abgenommene Waffen. Von dem Geld gibt’s einen neue Sattel für unser Pferd Plötze, mehr Ausdauer für längere Reisen, und größere Satteltaschen.
Nachdem ich alle Räume erkundet und ihrer Schätze beraubt habe, öffne ich von innen die Zugbrücke und verlassen diesen schaurigen Ort. Die Sonne deutet sich am Horizont an und ich habe mit dem letzten Schema endlich alle Teile für die Greifenausttattung bestehend aus Schwertern, Rüstung, Stiefeln, Hose und Handschuhen zusammen. Beim nächsten Rüstung- oder Waffenschmied mit genug Erfahrung werde ich, wenn ich denn alle Zutaten habe, mir diese Items fertigen lassen. Gut, dass ich auch ein wenig Geld gefunden habe.
Was ist anders als beim Vorgänger? Zunächst mal die riesige Welt. Es gibt einfach mehr von allem. Mehr Viecher, mehr Dörfer, mehr Quests, mehr Schätze, mehr Kräuter, mehr Händler, mehr Fraktionen, mehr Gelegenheiten für virtuellen Beischlaf. Klar, da wiederholt sich schonmal das ein oder andere Haus und jedes Dorf ist bei genauerem Hinsehen von sich sehr ähnelnden Personen bewohnt. Auch wenn es viele verschiedene Monster gibt, tauchen manche recht häufig auf, weshalb man irgendwann gegen Ertrunkene beispielsweise im Halbschlaf antreten kann. Aber man kommt sich nicht vor wie vor einer sich wiederholende Leinwand. Die optischen Unterschiede z.B. zwischen Skellige und Velen sind sehr deutlich. Flora, Fauna und auch Architektur verraten schnell, wo man sich gerade befindet. Und das dynamische Wetter taucht jede Gegend eh nochmal in eine andere Stimmung. Open World wurde hier offenbar sehr ernst genommen.
Verändert hat sich auch die Alchemie. Wo früher Tränke (und Bombe etc.) neu gebraut werden mussten, wenn sie aufgebraucht waren, werden Sie jetzt nach Meditationen automatisch wieder aufgefüllt, wenn man sie einmal hergestellt hat. Das Sammeln der Kräuter ist daher nicht allzu nötig. Das Schnellreisesystem (von Straßenschild zu Straßenschild) ist etwas fummelig, geht aber im Zweifel natürlich schneller, als auf dem Rücken von Plötze die ganze Karte zu überqueren. Um alle Winkel der Karte aufzudecken, reitet man trotzdem viel.
Technisch gibt es nichts zu kritisieren, die Grafik ist toll, die Ladezeiten erträglich, die Musik sehr gelungen. Kein Wunder, dass Wild Hunt offenbar eingeschlagen ist wie eine Bombe. Es sollen noch DLCs folgen, aber ich bezweifele, dass ein normalen Spieler nach etwa drei Wochen schon die Möglichkeiten des Hauptspiels ausgeschöpft hat.
Habe mir die Hacken nach qualifizierten Schmieden in Novigrad abgelaufen, endlich ist das Greifenset vollständig. Sitzt wie angegossen. Nun suche ich nach den verbesserten Schemata, um die Ausrüstung aufzuwerten. Nebenher habe ich noch für ein paar Münzen die Waffen verkauft, die ich einer Horde Piraten abgenommen hatte. Nach einem Besuch beim Banker, bei dem ich Geld gewechselt habe, suche ich meine alte Freundin Triss Merigold auf, um ein wenig zu brandschatzen. Unterwegs pöbelt eine Gruppe Rabauken eine Elfin an. Gute Gelegenheit, das neue Schwert zu testen…
Insgesamt ist The Witcher III: Wild Hunt ein großartiges Spiel, dass den anderen Rollenspielen, die ich kenne, also u.a. die Fallout-Reihe und Elder Scrolls: Skyrim, deutlich nacheifert und sie in einige Punkten sogar übertrifft. Das Gameplay ist in vielen Punkten modern aber nicht abgekupfert, die Storyentscheidungen fühlen sich wichtig und unvorhersehbar an, wir sind in der Rolle des Hexers und wissen nicht mehr, als er selbst. Die Welt bietet reichlich Ablenkung neben den Hauptquests und nicht nur blasse 08/15-Abläufe wie Leute bequatschen, Monster finden, töten, Geld einsacken. Einige Nebenquests sind sicher erzählerisch tiefer als andere, aber es kann halt auch nicht alles Gold sein. Es gibt nur kleinere Mankos und auch keine großen Bugs, die aber eh aktiv behoben werden. Aber es bleibt schon einmal ein Königswyvern an der Klippe hängen und kann dann nicht mehr erreicht werden, was den Kampf verhindert. Etwas schade finde ich, dass für den Bastler nicht so viele Möglichkeiten da sind. Man kann, anders als in Skyrim, keine Häuser kaufen und einrichten, Gerald ist und bleibt ein Wandersmann. Selbst die baufällige Festung Kaer Morhen kann man nicht flicken, obwohl sich hier eine kleine Aufbausimulation wie im zweiten Assassin’s Creed anböte. Gerald ist ja ein selbstständige Unernehmer und es hätte schon Charme, wenn er sein Geld irgendwie investieren könnte. Aber vielleicht kommt da noch etwas nachgeliefert.
Mit einem günstigen Preis um 30 Euro (bei vielen Drittanbietern, ohne Expansion Pass) kann ich eine uneingeschränkte Empfehlung an Rollenspielfans aussprechen, das Spiel ist wesentlich mehr als ein Lückenfüller bis Fallout 4 herauskommt. Wer sich zunächst Videos anschauen will, wird bei Rocketbeans TV fündig, den Trailer habe ich auch mal angehängt.
Witcher 3 – In der Höhle des Eisbären
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