Dass man mich heute nicht ganz ohne Widerstand zum Frauentag gehen lassen würde, hatte ich erwartet. Am Donnerstag hatte ich ja noch befürchtet, die Erkältung würde mir einen Strich durch die Rechnung machen, doch erstaunlicherweise machte sie sich heute Nacht still und leise davon. Gut, sie liess mir einen hartnäckigen Husten als Andenken zurück, aber Gliederschmerzen, Brummschädel und Triefnase hat sie wieder mitgenommen. Von dieser Seite her hatte ich also grünes Licht.
Etwas schwieriger war es mit den Kindern, die mich im Laufe der vergangenen Woche etwas weniger als gewöhnlich zu Gesicht bekommen hatten, was nicht alleine an mir lag, sondern auch an Geburtstagspartys, Musikstunden und Arztterminen. “Mama, du darfst nicht gehen”, klagten sie, aber nur so lange, bis sie sahen, dass ich ihnen in der Bäckerei Gipfeli und Tessinerbrot besorgt hatte und dann liessen sie mich von Herzen gerne ziehen. So wenig braucht es, damit die Kinder auch mal einen Tag ohne mich auskommen können…
Zwei aber konnten sich gar nicht damit abfinden, den Tag ohne mich zu verbringen: Leone und Henrietta. Wie gewöhnlich begleiteten sie mich zur Haustüre, aber anstatt sich im Garten auf Vogeljagd zu begeben, machten sie sich auf, mich zum Bahnhof zu begleiten. Zuerst dachte ich ja noch, ich könnte die zwei in irgend einem Garten unterwegs abschütteln, doch ich musste bald einmal erkennen, dass die Katzen nicht von meiner Seite wichen. Als wir an der Hauptstrasse angelangt waren, hiess es umkehren und Karlsson bitten, die Katzen zu holen. Hauptstrasse und Bahngeleise waren mir dann doch zu gefährlich für die zwei. Henrietta liess sich bereitwillig mit ins Haus nehmen, Leone aber mochte mich noch immer nicht alleine ziehen lassen. Inzwischen war mein Zug längst abgefahren, also machte ich mich auf zur Bushaltestelle, Leone stets an meiner Seite. Der Bus liess auf sich warten, Leone wartete in sicherer Distanz zur Strasse mit. Keine Sekunde liess er mich aus den Augen und hätte ihn eine nette Mitreisende nicht im letzten Moment um die Hausecke und somit in Sicherheit gejagt, er wäre wohl mit mir in den Bus gestiegen. Und so kam ich einmal mehr mit Verspätung an meinem Ziel an, ausnahmsweise nicht wegen der Kinder, sondern wegen der Katzen.
Als ich am späten Abend nach einem Tag voller netter Begegnungen und neuer Impulse von der Bushaltestelle nach Hause ging, wartete Kater Leone in sicherer Entfernung zur Strasse auf einem Mäuerchen. Kaum erkannte er mich, rannte er mir mit einem verzweifelten Miauen entgegen. Er, der gewöhnlich spätestens um fünf Uhr nachmittags bei Fressnapf und Sofa sein will, mochte erst wieder nach Hause kommen, als er mich wieder in Sicherheit wusste. Ich glaube fast, der Kleine hat mich vermisst…
Und dann noch dies:
Ich weiss nicht, ob mich der Inhalt oder die Orthographie mehr erschüttert, aber dieser Satz, den ich heute im Bus gelesen habe, geht mir nicht aus dem Kopf: “Schulergänzende Tagesstrukturen werden strickt abgelehnt.”