© Universal Pictures International Germany GmbH / Die Minions in “Ich – Einfach Unverbesserlich 2″
Lange Nase, Glatze, eine eher kränkliche Körperhaltung und ein Akzent, mit dem er als kleiner Junge die Mädchen verschreckt hat. An seiner Seite eine ganze Armada von Erdnuss-ähnlichen Winzlingen, die in ihrer ganz eigenen Brabbelsprache weniger wie finstere Advokaten dieses Bösewichts erscheinen, vielmehr die niedlichen Gnome sind, durch die Illumination Entertainments „Ich – Einfach Unverbesserlich“ 2010 zum Animations-Überraschungserfolg wurde. Wenig verwunderlich also, dass nun der geläuterte Superschurke Gru – im Original von Steve Carell, in der deutschen Synchro von Oliver Rohrbeck gesprochen – mitsamt seiner Minions zurück ist. Da ereilt uns natürlich sofort der Zweifel darüber, ob es für einen zweiten Auftritt reicht. Ob wir nicht schon genug Exzentrik seitens Gru erlebt haben, wie er vom Mond stehlenden Fiesling zum liebenden Familienvater mutiert, wie die kleinen Minions wirr und unkontrolliert durch das Bild rollen, in ihren Kostümen und mit ihrer Sprache die geheimen Helden im Kinderzimmer wurden. Es genügt. Es genügt allemal. Denn „Ich – Einfach Unverbesserlich 2“ versteht es ungemein, alte Werte mit einer neuen Geschichte zu kombinieren.
Gru bleibt Gru, daran hat sich auch im zweiten Teil nichts geändert. Zwar lässt er sich sogar dazu hinab, auf dem Geburtstag seiner jüngsten Tochter Agnes als zauberhafte Märchenfee im pinken Kleid den Hampelmann zu mimen, findet sich im nächsten Moment aber bereits im Superwaffenduell gegen Agentin Lucy Wilde wieder, die Gru für die AVL kidnappen will. Die Anti-Verbrechens-Liga ist an Gru interessiert, da ein unbekannter Superschurke ein geheimes Labor überfallen hat, in dem ein Serum entwickelt wurde, dass aus harmlosen kleinen Kreaturen wilde Monster werden lässt. Und wer könnte sich besser in die Gedankenwelt eines Superschurken hinein versetzen als ein Superschurke selbst. Das ganz zufällig immer mehr Minions verschwinden, spielt in den teuflischen Plan mit ein, der Gru dazu bringt, als geheimer Agent mitsamt Lucy Wilde als hyperaktiver Partnerin im lokalen Super-Shopping-Center unterzutauchen und die verschiedensten, verdächtigen Ladenbesitzer unter die Lupe zu nehmen.
So weit, so chaotisch. „Ich – Einfach Unverbesserlich“ tritt dabei den Weg nach vorne an. Hat man im ersten Teil dem Schurken noch die drei süßen Kiddies zugespielt, die nun damit beschäftigt sind, sich entweder selbst zu verlieben (Margo), sich als Ninja auszuprobieren (Edith) oder von einer Mutter zu schwärmen (Agnes), tritt eine eben solche nun in das komplizierte Familienleben Grus hinein. Lucy Wilde, der Name spricht Bände, ist eine angenehme Ergänzung zum Gru-niversum, in dem sich nun auch noch Superschurke El Macho austoben darf, der den Gru’schen Minions eine Armee alles fressender Wirrköpfe entgegen stellt. Damit hat man sich der stärksten Waffe des ersten Teils bedient – den Minions – und sie ein wenig mehr in den Mittelpunkt gerückt. Sie bleiben die heimlichen Stars, sorgen für die meisten Lacher, wenn sie schlicht im Hausmädchen Kostüm umher albern oder aber als Verschnitt der 90er Jahre Band All 4 One ihre ganz eigenen Interpretation von ‘I Swear’ brabbeln/singen.
Den Minions verzeiht man alles. Würde man einen anderen Film sehen, in dem sich eine Figur über den Namen ‚Rumspopo‘ – der Leiter der AVL – lustig macht, weil er die Endung ‚Popo‘ so ulkig findet, man würde vermutlich die Hände vors Gesicht halten vor lauter Abgedroschenheit. Hier aber ist es die subtile Art und Weise, die schlichte Herangehensweise, die eigentlich aus jeder Bewegung, aus jedem Ton der Minions einen Witz herausholt, der zumindest in diesem Kinojahr bisher seinesgleichen sucht. Dabei läuft der Film vom Regisseurenduo Pierre Coffin und Chris Renaud niemals Gefahr, ein reiner Auftritt der Minions zu sein, zu stark behält man Gru an vorderster Front, zu gut hat man sich um die Neufigur Lucy Wilde bemüht, zu niedlich wirken immer auch noch die drei Töchterlein, allen voran Agnes, die schon im ersten Teil ihren ‘Es ist so flauschig’-Auftritt hinlegen durfte.
Ein weiteres Highlight bildet die Musik von dem in Brasilien geborenen Komponisten Heitor Pereira, der sich mit seinen Klängen zwischen Superhelden/schurken und Agentenfilm bewegt, wie es zuletzt nur Michael Giacchino für Pixars „Die Unglaublichen“ hat klingen lassen. Vom Spionageeinsatz in der Shopping Mall, bei dem Gru und Lucy Wilde auf ein unheimlich starr und konzentriert dreinblickendes, mexikanisches Kampfhuhn treffen – „Ich hasse dieses Huhn“ – bis hin zu Einsätzen mit megalomanen Superwaffen, einem riesigen Magnetraumschiff und einem mit Kanonen bestückten Flugfrachter, der entfernt an die Transportraumschiffe der Klonkrieger in „Star Wars“ erinnert. Immer hat Pereira die richtigen Laute parat. Mal fühlt man sich wie bei James Bond, dann wieder wie bei Superman.
Selten gelingt es einer Fortsetzung den Vorgänger zu überflügeln und auch „Ich – Einfach Unverbesserlich 2“ muss sich bei diesem Vorhaben geschlagen geben. Er muss sich aber auch nicht hinter dem ersten Teil verstecken, findet sich vom qualitativen Unterhaltungswert gleichauf. Es dürfte niemanden mehr verwundern, dass für Dezember 2014 nun ein eigener Minion-Film geplant ist, ein Prequel, in dem die kleinen Erdnüsschen auf einer Superschurken-Convention um die Gunst einer neuen Meisterin (Sandra Bullock) werben. Das mag dann noch ganz unterhaltsam sein, aber man sollte die kleinen Ungetüme auch nicht zu sehr verbrauchen. Die gesunde Mischung aus Gru und Minions macht zumindest aus der „Ich – Einfach Unverbesserlich“-Fortsetzung ein wohlwollendes Abenteuer fürs Zwerchfell.
“Ich – Einfach Unverbesserlich 2“
Originaltitel: Despicable Me 2
Altersfreigabe: ohne Altersbeschränkung
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 98 Minuten
Regie: Pierre Coffin & Chris Renaud
Deutsche Synchronisation: Oliver Rohrbeck, Martina Hill, Marie Christin Morgenstern, Zalina Sanchez, Sarah Kunze, Thomas Danneberg, Peter Groeger, Erich Räuker, Sebastian Kluckert, Marion Musiol, Sonya Kraus, Axel Malzacher
Deutschlandstart: 4. Juli 2013
Im Netz: unverbesserlich2-film.de