Vorgestern war ich schon wieder zu einer defensa (siehe den vorigen Artikel) eingeladen, diesmal am Ökumenischen Institut für Theologie an der anglikanischen Kathedrale, die sich nur wenige Straßen von uns entfernt befindet. Unter den Gästen sah ich eine von meinen Schülerinnen im Gespräch mit einer älteren Dame. Sie stellte mich vor: „Das ist mein Deutschlehrer.“ Die ältere Dame sagte gleich im ersten Satz: „Halten Sie sich immer noch für die überlegene Rasse ?“ Ich finde eine Anspielung auf Hitlers Rassenwahn zur Begrüßung nicht besonders höflich, beschließe aber, nicht ganz ernst zu antworten: „Natürlich sind wir immer noch die überlegene Rasse. Schließlich gibt es in Amerika, Asien, Afrika, Europa und Australien nur eine einzige menschliche Rasse. Und ich finde, dass wir Menschen den Hunden, Katzen und Moskitos überlegen sind.“ (Ich bitte alle Hundefreunde und Katzenfreundinnen um Verzeihung, aber wenn man in Havanna lebt, sind das die drei Tierarten, die einem als erstes einfallen). Nachdem sie mich noch über die Neonazis ausgefragt hat, wird sie zugänglicher, erzählt, dass sie als Journalistin in Ostberlin, in Vietnam und China war, dass sie Thomas Manns Buddenbrooks für das kubanische Radio aufbereitet hat, und dass das Museum mit den babylonischen Ausgrabungen in Berlin sie begeistert hat (Sie meint anscheinend das Pergamonmuseum)
Das wären doch bessere Gesprächseinstiege gewesen, aber sie ist nicht der erste Kubaner, der mich hier gleich zu Anfang eines Gesprächs auf die Nazis angesprochen hat.