Um es noch einmal zu betonen, ich bin ein Titan. Ein fotografischer obendrein. Das muss auch einmal gesagt werden und wenn, dann auch nicht zu knapp. Das habe ich gelernt. Beste Vorlagen zur Selbstbeweihräucherung findet man im Web und da allerorten. Das Eigenlob, über den grünen Klee hinaus, gehört zum guten Ton. Jedenfalls in der Fotografie. Qualität hin oder her, spare nicht mit Eigenlob und der Erfolg wird sich einstellen.
Ich blogge nur noch selten. Mir ist ein wenig die Lust daran vergangen. Nicht, dass zurzeit wenig erzählenswerte Dinge geschehen würden, aber in das allgemeine Marktgebrülle will ich mich nicht einordnen. Zudem scheint sich die Blog-Kultur ein wenig verschoben zu haben. Auch auf anderen, von mir bislang gerne gelesenen Blogs, gibt es nur noch selten interessante Kost. Ein wenig flau ist alles in der Blog-Landschaft geworden. Seichte Kost für eine schnelle Verdauung. Und wer kann schon alle Tage über Sensationen berichten? Übrigens … ist es Euch schon aufgefallen … wird häufig Vorgekautes noch einmal durchgekaut und als Eigenleistung … meist im schlechten Kopiermodus … angepriesen. Da sich jedoch ausreichend Leserschaft für derart leichte und vorverdaute Kost findet, schweige ich lieber still und konzentriere mich auf meine wirklichen Stärken: Ich bin ein Titan.
Wisst Ihr eigentlich, was ein Titan ist? Das Geschlecht der Titanen entspringt, gemäß der griechischen Mythologie, aus der geschlechtlichen und fruchttagenden Vereinigung von Gaia und Uranos. Da zurzeit in Europa jeder Gedanke an Griechenland kontrovers besetzt ist, werfe ich den Blick auf die Elemente. Uranos, uns fällt da natürlich sofort Uran ein, begründet väterlicherseits das Geschlecht der Titanen, nach deren Wortursprung das Element Titan benannt wurde. Ein Nichteisenmetall, dessen außerordentlichen Eigenschaften so manchen Maschinenbauer in wahre Verzückung geraten lassen. Leicht, fest, dehnbar, korrosions- und temperaturbeständig. Sogar einige Säuren können ihm nichts anhaben. Ein Titan ist mächtig und gut … irgendwie … und die Verbindung zu Uran kann auch nicht schaden … energietechnisch sozusagen. So, das hätten wir also geklärt und ich bin ein Titan, ein fotografischer.
Wie komme ich nun darauf, als Titan in die Fotogeschichte eingehen zu müssen? Ihr werdet staunen, wenn ich es Euch erzähle. Letztes Wochenende waren Tilla und ich unterwegs auf Usedom. Mit dabei im Reisegepäck war ein Hochauflösungsfilm, ISO 32, gut für feine Strukturen oder etwas in der Art. Nun haben wir den ganzen Tag lustiges Fotografentreiben gespielt … Usedom ist in der Hinsicht ein genialer Tummelplatz … und am Ende des Tages hatte ich noch zwei Bilder, bevor das Rölleken voll war. Die Sonne war schon unter gegangen und das an der See übliche Nachglühen hatte eingesetzt. Und da sah ich Nebelschwaden von der Ostsee her aufsteigen, eine einsame Straßenlaterne beleuchtete einen kleinen Anlegesteg direkt neben einer winzig kleinen Dorfstraße. Das wollte ich fotografieren. Der Belichtungsmesser der Zeiss Icon faselte irgend etwas von einer Sekunde. Ich hob die Kamera, tief einatmen, tief ausatmen, Ellenbogen gegen den Brustkorb gestemmt löste ich aus. Eine Sekunde Verschlusszeit! In Zahlen 1 sec! Ich bin ein Titan, hier ist das Bild:
Interessant! Hochauflösungsfilme sind extreme Dünnschichtfilme. Aus diesem Grund sind sie sehr lichtaktiv. Bei dieser Aufnahme sieht man sehr schön, dass das geringe Licht trotzdem die Emulsion vollkommen durchzeichnen konnte. Derartiges funktioniert nur mit solchen Filmen. Also bitte sehr, eine Sekunde Belichtungszeit aus der freien Hand ist das Werk eines Titanen. Ok, der Film (SPUR DSX) ist auch gut, aber ohne mich als Foto-Titan, wäre es eben doch nur ein Film. Oder höre ich da ein angewidertes Gemurmel? Das kann nicht sein, da ich doch nur das mache, was alle anderen Fotografen auch machen: Eigenlob und Selbstbejubelung pflegen. Kann den Titanismus Sünde sein?
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