ICH BIN CHINA, LAND DER TRÄUME

Von Cousteau
Ich kam mir schon wie China vor, das für die Olympische Spiele 2008 ganze Häuserblocks hat abreißen lassen. Ohne sichtbaren Protest eilte ein Weberknecht davon. Mit eingerolltem Zeitungspapier angelte ich nach Spinnweben, die im Luftzug tanzten. Seine waren es sicher nicht. Die Eigentümer hatten sich längst in Ritzen geflüchtet: Ein Zimmer neu einzurichten, fordert seinen Preis. Für Spinnen-Slums ist in meinem grünen Salon kein Platz mehr.
Ja, grün. Dunkelgrün. Der Malerroller sah nach seiner ersten Bahn wie ein satter Rasen aus, auf dem man gemütlich liegen möchte wie ich jetzt auf meinem Sofa. Die dunklen Wände scheinen mich zu umarmen, und dann bald auch meinen Besuch. Meine Gäste dürfen sich von meiner neuen Stehlampe weich auf die Stirn scheinen lassen und davon träumen, eine Fee würde ihnen durch die Haare streichen. Der Plattenspieler summt vom Sommer, und die knarrenden Dielen erzählen Legenden, wie sie sich kein Dichter ausdenken kann. Durch den Spalt der einen Tür strömt der Duft von frischem Kaffee und verspricht, dass es hinter der anderen genau sein muss.
Aber die bleibt zu.
Mein Reich ist samtweich und dunkelgrün. Kleiderhaufen wild auf dem Boden? Farbeimer mit leeren Bäuchen? Verdurstende Blumen? Zwangsumgesiedelte Bücher mit falschen Ideen? Überfüllte Regalbauten, die bald brechen? Solches Elend gibt es bei mir nicht.