Milarepa und die Felsdämonin
In einer berühmten Geschichte von Milarepa, als er seine Höhle für einen Moment verließ und dann zurück kam, sah er, dass die Dämonin des Felsens seine Höhle versperrt und fünf äußerst schreckliche Emanationen versammelt hatte. Milarepa war so verwundert, diese Dämonen in seiner Höhle zu sehen, dass er keinen Schritt durch die Tür machen konnte. Er war von Schrecken erfüllt und begann das Mantra seiner Meditationsgottheit so schnell er konnte zu rezitieren. Dies machte es nur schlechter. Die Dämonen wurden immer größer und größer. Dann begann er auf die Selbstnatur als Gottheit zu meditieren und auch das verschlechterte alles nur. Dann begann er mit zornvollen Mantras und auch dies funktionierte nicht. Schließlich in völliger Verzweiflung erinnerte er sich an die hinweisenden Anweisungen, die sein Lama ihm gegeben hatte – dass alle Phänomene aus dem Geist entstehen und dass alle Erscheinungen nur die eigenen Projektionen sind. Dann trat er in das Gewahrsein der Natur der Leerheit ein, der Natur des Geistes, und sofort verschwanden sie, lösten sich auf. Dies ist eine sehr bekannte Geschichte von Milarepa, wie er die Dämonin vom Felsen seiner Höhle ein für alle mal beseitigte. Bis man realisiert, dass die Phänomene Projektionen des eigenen Geistes sind, kann man annehmen, dass wo immer man hingeht, es immer Dämonen, Geister und Probleme geben wird.
Dämonen und geistige Projektionen
Daher lehrte Milarepa, wenn jemand an die Existenz von äußeren Geistern glaubt, dann wird es leidvoll sein. Es ist durch diesen Glauben, dass es einen wahrhaft existierenden Geist gibt, dass dieses Leid von diesem Geist hervorgerufen wird. Wenn jemand andererseits versteht, dass es nur der Ausdruck des Geistes ist, dann ist der Dämon beseitigt und Leid oder ungünstige Umstände sind beseitigt. Das Realisieren der leeren Natur des Geistes ist die Bedeutung von Chöd. Durch das Durchtrennen oder Abschneiden des falschen Konzepts wird man von Leid befreit.
Aus den Belehrungen des Ehrw. Yangthang Rinpoche zum Thema Chöd. Übersetzt und zusammengestellt vom Ngak’chang Rangdrol Dorje (Enrico Kosmus, 2010)