Es gibt keine Setlist. Ein Mann und zwei Gitarren. Allein auf einem Stuhl auf einem Podium. Der lang gezogene Saal davor ist brechend voll. Gut 200 Zuschauer haben sich eingefunden im Kulturzentrum Sinsteden an diesem Samstagabend im März.
Ian Siegal ist Gewinner des British Blues Award 2011 in der Kategorie: „Bester männlicher Sänger“. Dass dies einen triftigen Grund hat, bekommen wir heute von der ersten Konzertminute an zu spüren.
Ian Siegal’s Stimme und seine Art damit umzugehen ist die eine Hälfte seines künstlerischen Kapitals. Die andere besteht in seinem Gitarrenspiel. Egal, ob er auf der Dobro slidet oder auf seiner Takamine- Gitarre in Standardtuning spielt.
Bei derartigen Soloveranstaltungen besteht oft die Gefahr, dass nach einer gewissen Weile, leichte Langeweile aufkommt, d a ein Künstler allein natürlich nicht unbedingt in der Lage ist, für die Abwechslung zu sorgen, die auch beim Zuhörer den Spannungsbogen aufrecht erhält.
Bei Ian Siegal ist dies völlig anders. Er weiß mit seinen Songs interessante Geschichten zu erzählen und die Überleitungen dazwischen sind immer gewürzt mit einer Prise besten britischen Humors.
Dazu kommt seine überzeugend, authentische Art die Titel vorzutragen. Eine ausdrucksstarke Stimme, schwarz wie Kohle und ein ausgeprägt virtuoses Gitarrenspiel.
Songs wie „Mary, Don’t You Weep No More“ oder „Cocaine Cannot Kill My Pain“ gehen porentief unter die Haut. Bei “John, The Revelator” wird die Dobro kurzerhand zum Schlaginstrument.
Die ersten 60 Minuten bis zur Pause vergehen wie im Flug und irgendwann ist es 22 Uhr und das Konzert ist schon beendet. Der Anfang war bereits um 19 Uhr, so dass wir auf eine Nettospielzeit von zweieinhalb Stunden zurück blicken, die durch ein Zugabeset mit Songs von Tom Waits gekrönt werden, wobei mir als eingefleischtem Waits- Fan natürlich das Herz aufgeht, denn stimmlich ist dies die perfekte Illusion.
Ian Siegal habe ich bisher schon mehrmals bewundern dürfen. Er ist einfach ein Garant für beste Bluesunterhaltung, gleich, ob solo oder auch mit Band.
Darum gilt auch hier wieder meine uneingeschränkte Empfehlung: Unbedingt nicht verpassen!
Einen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle noch an die Verantwortlichen vom Kulturzentrum Sinsteden richten, die es immer wieder schaffen, exzellente Blueskonzerte zu veranstalten. Damit haben sie sich mittlerweile ein hoch zufriedenes Stammpublikum geschaffen, das, wie ich immer wieder feststellen konnte, auch dann zur Stelle ist, wenn relativ unbekannte Namen angekündigt sind.