Ian Parker
Ian Parker gehört zu der Riege junger britischer Songwriter und Gitarristen, die immer wieder aufhorchen lassen. Seine Musik scheint oft etwas schwermütig, seine Texte sind sehr poetisch und lohnen ein genaueres Hinhören.
Stilistisch lässt sich Ian Parker schwer einordnen. Blues ist sicher ein großer Einfluss in seiner Musik, doch nicht der Einzige, das, was er schreibt und spielt, könnte man weitläufig unter Roots Music verbuchen, wenn man denn eine Schublade braucht.
So auch an diesem Abend. Ich freue mich, ihn und seine Band endlich einmal live erleben zu können. Gegen 19 Uhr beginnt das erste einstündige Set.
Ian hat neben einigen Älteren etliche neue, bisher noch nicht auf Tonträger erschienene Songs im Gepäck. Allesamt wie schon oben beschrieben Titel, die zum intensiveren Zuhören veranlassen. Die Lautstärke geht passend zu den Songs manchmal auf „unplugged“ Niveau herunter.
Ausdrucksstark im Gesang, feinfühlig und gleichzeitig präzise auf der Gitarre, besser gesagt auf den Gitarren, egal, ob elektrifiziert oder akustisch, es macht einfach Freude, diesem britischen Künstler zuzuhören und auf die Finger zu schauen.
Es sind Songs, die einen einspinnen, gefangen nehmen und nicht mehr los lassen. Textlich wie musikalisch. Man muss sich nur darauf einlassen. Das tun die meisten der etwa 30 bis 40 Zuhörer auch an diesem frühen Sonntagabend. Einigen scheint die Musik nur der Untermalung zu ihrem Kneipengang mit reichlicher Alkoholzufuhr zu dienen, immer wieder tönt Gegröhle und Gelächter durch die feinmaschig geknüpften Melodien. „Damit muss man leben, wenn man in solchen Locations spielt.“, meint Ian in unserem Gespräch nach dem Konzert. „Es ist halt eine Kneipe und keine Konzerthalle, aber es ist schon ok so.“
So wird es sein, bei lediglich 5 Euro Eintritt, kann eine derartige Veranstaltung aus Sicht des Betreibers nur über den Getränkeverkauf einigermaßen finanziert werden.
Morg Morgan bedient das Nord Electro Sixty One, einem Keyboard, dessen Einsatz ich letzter Zeit vermehrt auf den Bühnen feststellen kann, zuständig in der Hauptsache für Piano- und Orgelsounds. Morg’s Tastenspiel, sei es als Orgelfläche oder als Pianotupfer, ist die ideale Ergänzung zu Ian’s Gitarrenarbeit. Im Song «People Come, People Go», den Ian auf der Fender Dobro spielt, greift er indes auch zur Akustikgitarre.
Den Fender Precision Bass spielt Steve Amadeo im Wechsel mit einem Harmony Bass. Sein Spiel ist unterstützend und immer auf der Höhe des Geschehens und harmoniert wunderbar mit dem des Drummers Wayne Proctor an seinem Slingerland Set.
Einige der gespielten Songs seien hier aufgeführt: «Keep Me Walking», «Winding River», «Your Love Is My Home», Bob Dylan’s «Man Gave Names To All The Animals» und als krönenden Abschluss eine Traumversion von Leonard Cohen’s «Hallalujah».
Es ist ein Abend mit brillanten Songs von einem brillanten Songschreiber begleitet von einer ebenso brillanten Band. Ein Abend zum Zurücklehnen und Genießen. Was ich dann auch gerne tue. Ein zweistündiger Kontrapunkt zur letzten Zeit, wo es immer mal wieder sehr hektisch zuging, es ist schön mal wieder in Ruhe durchatmen zu können.
Fazit: Ian Parker’s Musik lässt sich derzeit nicht unter dem Ordner „Blues“ ablegen, wer aber auf sehr gutes musikalisches Handwerk steht und bereit ist, einmal wunderbaren Songs zu lauschen und sich von ihnen mitnehmen zu lassen, der ist bei einem seiner Konzerte bestens aufgehoben. Ich werde sicherlich weitere Gigs von ihm wahrnehmen.
Text und Fotos © 2009 Tony Mentzel