Einer der für Deutsche schwer einzuordnenden Aspekte des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs ist die Jagd der Kandidaten nach den Wahlempfehlungen der Amtsträger der eigenen Partei, die endorsements. Hierzulande ist mangels eines Personenwahlkampfs klar, welchen Kanzlerkandidaten ein SPD-Ministerpräsident vorschlägt (sofern es nicht gerade Thorsten Albig ist). In den USA, wo sich der Präsidentschaftskandidat erst im Vorwahlkampf (primary) herauskristallisieren muss, haben die endorsements dagegen eine wesentlich größere Bedeutung. Nun muss natürlich die Frage erlaubt sein, warum es so wichtig ist, wen der Gouverneur von Ohio zur Wahl empfiehlt. Schließlich hört dem ja nur ein kleiner Teil der Wähler seiner Partei in Ohio zu. Gegenüber großen TV-Debatten oder Wahlwerbespots sollte dieser Faktor also zu vernachlässigen sein. Trotzdem erfährt die endorsement-Jagd eine große Bedeutung, so groß, dass das renommierte Blog FiveThirtyEight eine eigene Unterkategorie mit Statistiken dazu hat. Die Wahlempfehlungen von George Clooney oder Brad Pitt dagegen, die wesentlich mehr Presseaufmerksamkeit erfahren, werden effektiv von keinem professionellen Beobachter ernst genommen. Was also macht diese Empfehlungen von Amtsträgern so wertvoll?
Der Präsidentschaftswahlkampf unterteilt sich letztlich in drei große Phasen. Die so genannte invisible primary, die bereits zwei oder mehr Jahre vor dem eigentlichen Wahlkampf beginnt, die primaries, die etwa ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin bedeutsam werden, und die eigentliche Präsidentschaftswahl zwischen Republicans und Democrats im November. Offiziell existieren davon nur die letzten beiden, die innerparteilichen primaries und der spätere Präsidentschaftswahlkampf. Die eigentlichen Abstimmungen finden dabei 2016 zwischen dem März und Juli (primaries) bzw. im November (presidency) statt. Die invisible primary dagegen ist die Vorentscheidung, gewissermaßen der Wahlkampf darum, wer überhaupt Wahlkampf führen kann. Dieser findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (die sich, wie man fairerweise anmerken muss, auch kaum dafür interessiert). Bekanntlich ist der Wahlkampf in den USA ein teures Geschäft, das außer für Donald Trump für jeden Kandidaten nur mit Spendengeldern zu bestehen ist.
Woher kommen die hohen Kosten? Ein Kandidat muss für einen Zeitraum von rund ein bis zwei Jahren einen Mitarbeiterstab finanzieren, der die Pressearbeit und strategische Planung übernimmt (wofür in Deutschland die Parteizentralen zuständig sind). Dazu muss Werbung geschaltet werden, die naturgemäß teuer ist. Zudem muss der Kandidat zwischen den für die Wahl relevanten Bundesstaaten hin- und herreisen und eine eigene Infrastruktur aufbauen (vor allem Iowa und New Hampshire, weil hier die ersten primaries stattfinden). Da in Wahlkämpfen zunehmend entscheidend ist, dass die Kandidaten (beziehungsweise ihre Vertreter) vor Ort präsent sind, sind die Personalkosten ziemlich hoch. Ein Großteil dieser Kosten kann nur durch Spenden gedeckt werden.
Woher aber kommen die Spenden? Für gewöhnlich von wohlhabenden Einzelpersonen und, bedeutender, organisierten Interessengruppen. Ob Gewerkschaften oder Wallstreet, jede Interessengruppe wird versuchen, den wahrscheinlichen Präsidentschaftskandidaten für sich einzunehmen. Aber woher weiß ein Spender, welcher Kandidat gewinnen wird? Niemand spendet schließlich gerne für einen Verlierer, was nicht nur Geld verbrennt, sondern einen auch in Opposition zu dem Gewinner setzt. Hier kommen die endorsements ins Spiel. Ein Gouverneur (bleiben wir für das Beispiel bei Ohio) hat, um seinen Posten zu erlangen, dasselbe Spiel wie der Präsident auf der Ebene des Bundesstaates schon einmal gespielt. Das bedeutet, dass der Gouverneur einen Stab, Infrastruktur und ein Spendernetzwerk besitzt. Welchem Kandidaten er dieses zur Verfügung stellt ist daher von entscheidender Bedeutung, denn dieser muss nicht - wie alle seine Konkurrenten - alles von null an aufbauen.
Das endorsement hat daher nicht nur die Bedeutung den Wählern zu signalisieren, dass ein bestimmter Politiker für einen anderen eintritt. Dieser Aspekt ist natürlich ebenfalls von Bedeutung, besonders bei Parteigrößen wie Ted Kennedy, dessen endorsement für Obama 2007 eine entscheidende Wegmarke für dessen Etablierung als seriöse Alternative zu Clinton war. Für die breite Masse der endorsements aber gilt, dass sie vor allem wegen der dahinterstehenden Ressourcen interessant sind. Für einen Kandidaten relevant sind nicht so sehr die öffentlichen endorsements an sich, sondern das commitment, das dahinter steht. Generell aber gilt: selbst ein lauwarmes endorsement ist besser als gar keines.
Wie sieht es hier für den Wahlkampf 2016 also bisher aus? Für einschlägig Interessierte hat das oben verlinkte FiveThirtyEight die konkreten Statistiken. Zur besseren Einordnung hat die Seite ein Punktesystem eingeführt: Repräsentanten geben einen, Senatoren fünf und Gouverneure zehn Punkte. Aktuell können wir zwei entscheidende Informationen aus dem Stand der endorsements entnehmen. Hillary Clinton führt das Feld mit 305 Punkten deutlich an. Nur ein einziger ihrer Konkurrenten, Martin O'Malley, hat überhaupt ein endorsement, und dabei nur einen Repräsentanten (Eric Salwell, der ein persönlicher Freund O'Malleys ist). Zum Vergleich: zum Zeitpunkt seiner Wahl 2008 hatte Obama gerade einmal 330 Punkte in endorsements gesammelt - und dieser Termin liegt noch 15 Monate in der Zukunft. Clintons frontrunner-Status bei den Democrats ist so ungeheur groß, dass niemand anderes eine ernsthafte Chance gegen sie besitzt, sofern sie sich keine wirklich bedeutenden Skandale erlaubt. Sofern nicht noch ein Wunder geschieht, wird sie Kandidat der Democrats 2016 - und geht mit einem gewaltigen Vorsprung an ausgebauter Infrastruktur gegenüber den Republicans ins Rennen, vergleichbar mit dem, den Obama 2012 genoss.
Die endorsements-Situation der Republicans zeigt dagegen vor allem eins: einen frontrunner gibt es dort noch überhaupt nicht. Ausgerechnet Chris Christie, mit rund 3-4% in den Umfragen einer der weniger aussichtsreichen Kandidaten, führt die Liste knapp vor Bush an, der der einzige Kandidat mit nennenswerten endorsements ist. Auffällig ist auch, dass nur 11 der 16 Kandidaten überhaupt endorsements haben. Donald Trump etwa hat keine, ein weiterer Indikator dafür, dass er trotz seiner aktuell gewaltigen Umfragewerte keine Chance hat, ins Weiße Haus einzuziehen. Die meisten Amtsträger der Republicans halten sich zurück und warten ab, um ihr Gewicht später hinter den Gewinner zu werfen. Dasselbe Muster war 2012 zu beobachten, wo erst im Umfeld der Iowa-Wahl die endorsements für Romney zunahmen - viele davon eher halbherzig und mehr aus Pflichtgefühl denn Überzeugung, was Romneys Schwäche in Finanzen und Organisation gegenüber Obama zu erklären hilft.
Die Kandidaten mit den besten Chancen für endorsements sind natürlich die, die a) in mächtigen Positionen und b) schon lange genug im Geschäft sind, als dass man ihnen Gefallen schuldet. Das erklärt auch Christies aktuelle Führung: als Gouverneur von New Jersey hat er die größte Regierungsverantwortung vor den anderen Frontrunnern Scott Walker (Gouverneur von Wisconsin), Marco Rubio (seit 2010 im Senat) und Jeb Bush (1999-2007 Gouverneur von Florida). Dieses Dreigestirn ist auch das einzige, das Chancen hat, größere Mengen an endorsements einzusammeln. Ted Cruz etwa, vor Trump der Darling der Rechten, hat in seiner Zeit im Senat seit 2010 so viele Brücken hinter sich abgebrannt dass er eher Chancen auf die meisten anti-endorsements hat, und der Rest des Rudels ist zu obskur, um in Frage zu kommen (mit der möglichen Ausnahme von John Kasich, Gouverneur von Ohio).
Angesichts dieser Lage bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass 2016 auf ein Rennen zwischen Bush und Clinton hinausläuft.
Der Präsidentschaftswahlkampf unterteilt sich letztlich in drei große Phasen. Die so genannte invisible primary, die bereits zwei oder mehr Jahre vor dem eigentlichen Wahlkampf beginnt, die primaries, die etwa ein Jahr vor dem eigentlichen Wahltermin bedeutsam werden, und die eigentliche Präsidentschaftswahl zwischen Republicans und Democrats im November. Offiziell existieren davon nur die letzten beiden, die innerparteilichen primaries und der spätere Präsidentschaftswahlkampf. Die eigentlichen Abstimmungen finden dabei 2016 zwischen dem März und Juli (primaries) bzw. im November (presidency) statt. Die invisible primary dagegen ist die Vorentscheidung, gewissermaßen der Wahlkampf darum, wer überhaupt Wahlkampf führen kann. Dieser findet weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (die sich, wie man fairerweise anmerken muss, auch kaum dafür interessiert). Bekanntlich ist der Wahlkampf in den USA ein teures Geschäft, das außer für Donald Trump für jeden Kandidaten nur mit Spendengeldern zu bestehen ist.
Woher kommen die hohen Kosten? Ein Kandidat muss für einen Zeitraum von rund ein bis zwei Jahren einen Mitarbeiterstab finanzieren, der die Pressearbeit und strategische Planung übernimmt (wofür in Deutschland die Parteizentralen zuständig sind). Dazu muss Werbung geschaltet werden, die naturgemäß teuer ist. Zudem muss der Kandidat zwischen den für die Wahl relevanten Bundesstaaten hin- und herreisen und eine eigene Infrastruktur aufbauen (vor allem Iowa und New Hampshire, weil hier die ersten primaries stattfinden). Da in Wahlkämpfen zunehmend entscheidend ist, dass die Kandidaten (beziehungsweise ihre Vertreter) vor Ort präsent sind, sind die Personalkosten ziemlich hoch. Ein Großteil dieser Kosten kann nur durch Spenden gedeckt werden.
Woher aber kommen die Spenden? Für gewöhnlich von wohlhabenden Einzelpersonen und, bedeutender, organisierten Interessengruppen. Ob Gewerkschaften oder Wallstreet, jede Interessengruppe wird versuchen, den wahrscheinlichen Präsidentschaftskandidaten für sich einzunehmen. Aber woher weiß ein Spender, welcher Kandidat gewinnen wird? Niemand spendet schließlich gerne für einen Verlierer, was nicht nur Geld verbrennt, sondern einen auch in Opposition zu dem Gewinner setzt. Hier kommen die endorsements ins Spiel. Ein Gouverneur (bleiben wir für das Beispiel bei Ohio) hat, um seinen Posten zu erlangen, dasselbe Spiel wie der Präsident auf der Ebene des Bundesstaates schon einmal gespielt. Das bedeutet, dass der Gouverneur einen Stab, Infrastruktur und ein Spendernetzwerk besitzt. Welchem Kandidaten er dieses zur Verfügung stellt ist daher von entscheidender Bedeutung, denn dieser muss nicht - wie alle seine Konkurrenten - alles von null an aufbauen.
Das endorsement hat daher nicht nur die Bedeutung den Wählern zu signalisieren, dass ein bestimmter Politiker für einen anderen eintritt. Dieser Aspekt ist natürlich ebenfalls von Bedeutung, besonders bei Parteigrößen wie Ted Kennedy, dessen endorsement für Obama 2007 eine entscheidende Wegmarke für dessen Etablierung als seriöse Alternative zu Clinton war. Für die breite Masse der endorsements aber gilt, dass sie vor allem wegen der dahinterstehenden Ressourcen interessant sind. Für einen Kandidaten relevant sind nicht so sehr die öffentlichen endorsements an sich, sondern das commitment, das dahinter steht. Generell aber gilt: selbst ein lauwarmes endorsement ist besser als gar keines.
Wie sieht es hier für den Wahlkampf 2016 also bisher aus? Für einschlägig Interessierte hat das oben verlinkte FiveThirtyEight die konkreten Statistiken. Zur besseren Einordnung hat die Seite ein Punktesystem eingeführt: Repräsentanten geben einen, Senatoren fünf und Gouverneure zehn Punkte. Aktuell können wir zwei entscheidende Informationen aus dem Stand der endorsements entnehmen. Hillary Clinton führt das Feld mit 305 Punkten deutlich an. Nur ein einziger ihrer Konkurrenten, Martin O'Malley, hat überhaupt ein endorsement, und dabei nur einen Repräsentanten (Eric Salwell, der ein persönlicher Freund O'Malleys ist). Zum Vergleich: zum Zeitpunkt seiner Wahl 2008 hatte Obama gerade einmal 330 Punkte in endorsements gesammelt - und dieser Termin liegt noch 15 Monate in der Zukunft. Clintons frontrunner-Status bei den Democrats ist so ungeheur groß, dass niemand anderes eine ernsthafte Chance gegen sie besitzt, sofern sie sich keine wirklich bedeutenden Skandale erlaubt. Sofern nicht noch ein Wunder geschieht, wird sie Kandidat der Democrats 2016 - und geht mit einem gewaltigen Vorsprung an ausgebauter Infrastruktur gegenüber den Republicans ins Rennen, vergleichbar mit dem, den Obama 2012 genoss.
Die endorsements-Situation der Republicans zeigt dagegen vor allem eins: einen frontrunner gibt es dort noch überhaupt nicht. Ausgerechnet Chris Christie, mit rund 3-4% in den Umfragen einer der weniger aussichtsreichen Kandidaten, führt die Liste knapp vor Bush an, der der einzige Kandidat mit nennenswerten endorsements ist. Auffällig ist auch, dass nur 11 der 16 Kandidaten überhaupt endorsements haben. Donald Trump etwa hat keine, ein weiterer Indikator dafür, dass er trotz seiner aktuell gewaltigen Umfragewerte keine Chance hat, ins Weiße Haus einzuziehen. Die meisten Amtsträger der Republicans halten sich zurück und warten ab, um ihr Gewicht später hinter den Gewinner zu werfen. Dasselbe Muster war 2012 zu beobachten, wo erst im Umfeld der Iowa-Wahl die endorsements für Romney zunahmen - viele davon eher halbherzig und mehr aus Pflichtgefühl denn Überzeugung, was Romneys Schwäche in Finanzen und Organisation gegenüber Obama zu erklären hilft.
Die Kandidaten mit den besten Chancen für endorsements sind natürlich die, die a) in mächtigen Positionen und b) schon lange genug im Geschäft sind, als dass man ihnen Gefallen schuldet. Das erklärt auch Christies aktuelle Führung: als Gouverneur von New Jersey hat er die größte Regierungsverantwortung vor den anderen Frontrunnern Scott Walker (Gouverneur von Wisconsin), Marco Rubio (seit 2010 im Senat) und Jeb Bush (1999-2007 Gouverneur von Florida). Dieses Dreigestirn ist auch das einzige, das Chancen hat, größere Mengen an endorsements einzusammeln. Ted Cruz etwa, vor Trump der Darling der Rechten, hat in seiner Zeit im Senat seit 2010 so viele Brücken hinter sich abgebrannt dass er eher Chancen auf die meisten anti-endorsements hat, und der Rest des Rudels ist zu obskur, um in Frage zu kommen (mit der möglichen Ausnahme von John Kasich, Gouverneur von Ohio).
Angesichts dieser Lage bleibe ich bei meiner Einschätzung, dass 2016 auf ein Rennen zwischen Bush und Clinton hinausläuft.