Definitiv bis jetzt mein bestes Buch der Liste.
Nichts mehr hinzuzufügen.
Ich bin noch ganz atemlos.
Fürs Erste ein paar Stichpunkte.
Gone with the Wind war für mich:
- 1000 Seiten und ca. eine Woche kompletter Realitätsverlust
- 5 Tage lang den Feierabend herbeisehnen, um endlich wieder im Amerika des 19. Jahrhunderts anzukommen
- Ca 10 mal die Minute ärgern über Scarlett O'Hara
- Mich pausenlos über den Respekt wundern, den ich einer Frau entgegenbringe, über die ich mich ca. 10 mal die Minute ärgere
- Unzählige atemlose Momente sobald Rhett Buttler ins Spiel kommt, gefolgt von entnervten Seufzern, wenn er wieder verschwindet
- ein Ansporn, mich über die Sklaven-Besitzer-Beziehungen in den früheren Südstaaten zu informieren
- ein bleibendes Gefühl des Ärgers über die "damn Yankees" und die "stubborn Southerners"
- Eine Festigung der Überzeugung, dass Kriege sinnlos sind. Und die Menschen sich immer das Gegenteil einzureden wissen, wenn die Kriege unausweichlich werden.
- eine beängstigende Steigerung meines Südstaatenticks
Die 16-jährige Scarlett O'Hara, verwöhnte Tochter eines irischen Plantagenbesitzers und einer der größten Damen des Countys Georgia im Jahre 1861, hat es satt, Geschichten vom Krieg zu hören. Die Männer reden von nichts anderem mehr und sind absolut heiß darauf, den eingebildeten Yankees endlich zu zeigen, wo es lang geht. Denn wenn es zum Krieg kommt, ist ja schließlich klar, dass die Südstaatler den Yankees diese Flausen von wegen "Sklaverei ist falsch" sehr schnell austreiben werden. Scarlett ärgert sich über dieses Interesse am Krieg, denn jedes Interesse, das nicht allein ihr gebührt, ärgert sie. Ihr genügt es, die Schönste auf jedem Ball zu sein und allen Männern den Kopf zu verdrehen. Selbst, wenn die schon einer anderen die Ehe versprochen haben. Gerade dann! So ist es kein Wunder, dass Scarlett zwar der Lieblings aller Männer ist, aber keines der Mädchen sie ausstehen kann.
Mitten in dieser Südstaatenidylle voller Bälle, Barbecues und Flirtereien geschehen zwei Dinge, die Scarletts Welt für immer ändern werden: Der einzige Mann, den sie je wirklich geliebt hat, heiratet eine andere - und der Krieg bricht aus. Scarlett, in einer von Männern dominierten Welt plötzlich auf sich allein gestellt, entdeckt dass sie durchaus die Fähigkeiten hat, sich und andere vor dem Hungertod zu retten. Und wenn die ehrhafte Gemeinschaft der Südstaatler auch noch so schlecht von ihr denkt - Scarlett reagiert mit dem Schwur, der 80 Jahre nach Erscheinen des Buches immer noch berühmt ist:
"As God is my witness, as God is my witness, the Yankees aren't going to lick me. I'm going to live through this, and when it's over, I'm never going to be hungry again. No, nor any of my folks. If I have to steal or kill- as God is my witness, I'm never going to be hungry again."
Meine Meinung:
Die erinnerungswürdigsten Charaktere und die verquersten Beziehungen aller Zeiten
Scarlett O'Hara ist wohl kaum eine Vorzeigeheldin: völlig verzogen und nur auf ihre eigenen Wünsche bedacht, nutzt sie Menschen aus, betrügt sie und kümmert sich einen Dreck darum, wie es ihnen dabei geht. Sie vernachlässigt ihre eigenen Kinder und schreckt auch vor Mord nicht zurück, wenn sie damit ihr Eigentum vergrößern kann. Auf der anderen Seite ist sie herzzerreißend mutig und erbittert loyal, wenn es um die Menschen geht, die sie liebt. Davon gibt es nicht viele, aber überraschenderweise gehören vor allem Sklaven dazu.
Melanie Wilkes ist die Frau, die Scarlett's Traummann schließlich heiratet. Scarlett hasst die gutherzige und durch und durch ehrbare Melly aus tiefstem Herzen. Durch eine seltsame Fügung des Schicksals werden die Wege der beiden Frauen aber zusammengeschweißt und die Beziehung zwischen ihnen ist keine, die der Leser so schnell wieder vergisst.
Rhett Buttler. "The dashing soldier of fortune". Oh verdammt noch mal, was für eine verquere Beziehung. Ich war noch nie so fix und fertig, wenn es um eine Liebesgeschichte geht! In der Hälfte der Szenen, in denen Captain Buttler auftaucht, möchte man einfach nur mit dem Kopf immer. wieder. auf. den. Tisch. schlagen. Wenn man ihn nicht gerade heiraten will.
His eyes were wide and blazing queerly and the tremor in his arms frightened her. "I want to make you faint. I will make you faint. You've had this coming to you for years. None of the fools you've known have kissed you like this - have they? [...] Gentleman all - what do they know about women? What do they know about you? I know you."
Die Geschichte der Südstaaten hautnah
Mit einem mittelschweren Südstaatentick behaftet, war es jetzt keine allzu große Überraschung, dass ich mich Hals über Kopf in das Buch verliebt habe. Hier bekommt man den Fall der Südstaaten, den dickköpfigen Stolz des Volkes, die verqueren Geschlechter Beziehungen und die widersprüchlichen Beziehungen zwischen Schwarzen und Weißen hautnah mit. (Wenn auch ziemlich romantisiert, wie ich befürchte.) Zu jedem dieser Themen würde sich aber ein eigener Post lohnen, weshalb ich hier nun besser aufhöre, sonst wird dieser Beitrag mehrere seiten lang. Für's erste reicht ein kurzes Fazit.
Fazit: Wundervoll. Mächtig, berauschend, belehrend, zum atemlos Schmökern und ungebremst heulen. Zum Südstaaten lieben und hassen.