Hurra, wir lesen noch! Oder?

Unter dem Weihnachtsbaum wird auch 2019 wieder das ein andere Buch gelegen haben. Aber insgesamt ist die Umsatzentwicklung des Buchhandels enttäuschend, selbst wenn man das Internet mit einbezieht.

Die Zahlen des Börsenvereins

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels veröffentlicht monatlich Zahlen zum Buchumsatz und jährlich solche zum Umsatz des Buchhandels insgesamt. Seit Anfang des Jahrtausends schon stagnieren die Zahlen, 2018 lag der Umsatz buchhändlerischer Betriebe mit 9,1 Milliarden Euro niedriger als 1999, als er bei 9,2 Milliarden gelegen hatte. Vor allem das vergangene Jahrzehnt (wenn man das Jahrzehnt, wie üblich, mit dem auf die Null endenden Jahr beginnen lässt) war ein Desaster. 2010 setzen die Buchhändler noch 9,7 Milliarden Euro um, ein Minus um 6,1 Prozent in acht Jahren bei steigenden Kosten.

Schon nach der Jahrtausendwende hatte es einen Umsatzrückgang gegeben, der allerdings wieder aufgeholt werden konnte - ohne Inflationsausgleich aber.

Für den November 2019 haben die Buchhändler ein Plus von 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat angegeben. Was für andere Betriebe eine Katastrophe wäre, feiert der Börsenverein schon als Erfolg. Zu verdanken haben es die Händler vor allem den Kinder- und Jugendbüchern, deren Umsatz um 5,5 Prozent zulegte. Verloren hat dagegen die sozialwissenschaftliche Literatur, was aber schon an einem einzigen Buch liegen kann.

Diese Monatszahlen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, beispielsweise lag der Umsatz im März 2019 um 14,0 Prozent unter dem Vorjahreswert, im April dagegen um 22,9 Prozent darüber. Die Käufer kamen also nur etwas später in die Läden. Allerdings dürfte der Grund gewesen sein, dass Ostern 2019 erst am 21. April statt schon am 1. April war. Dagegen ist Weihnachten immer an den gleichen Tagen. Über die ersten elf Monate lagen die Umsätze meist höher als im Vorjahr.

Schwache Umsatzentwicklung liegt nicht an den Büchern

Dass der Zuwachs nicht stärker war, liegt auch an den Hörbüchern. Deren Umsatz sank um 23,2 Prozent, vermutlich da die Hörer, statt CDs zu kaufen, Streaming-Angebote nutzen. Auch Karten und Globen verloren 7,5 Prozent, wohingegen Kalender etwas häufiger gekauft wurden.

Bei den Büchern selbst stieg der Umsatz mit Taschenbüchern um 2,6 Prozent, der mit anderen Büchern um 1,0 Prozent. E-Books sind in den Zahlen nicht enthalten. Laut dem vierteljährlichen E-Book-Report sinkt deren Umsatz sogar, er lag trotz höherer Preise um 0,6 Prozent niedriger als in den drei Quartalen zuvor. Zwar kauften mehr Menschen E-Books, die aber setzten weniger um. Möglicherweise auch, weil Vielkäufer auf Abomodelle umgestiegen sind, bei denen man gegen eine monatliche Gebühr unbegrenzt lesen kann.

Bücher werden im Laden gekauft

Laut des Internetportals Statista wurden auch 2018 die meisten Bücher noch im Laden gekauft - zumindest dem Umsatz nach. Zwar sinkt der Umsatz im Laden kontinuierlich, während das Internet hinzugewinnt, aber immer noch entfallen deutlich mehr Umsätze auf den Laden als auf das Internet.

Hurra, wir lesen noch! Oder?

Nach den Daten des Börsenvereins werden nur 19,5 Prozent der Umsätze im Internet erzielt, 46,8 Prozent dagegen in Buchhandlungen. Der Rest entfällt auf Warenhäuser, sonstige Verkaufsstellen wie Tankstellen oder Kioske, Direktverkäufe der Verlage, Buchgemeinschaften und den traditionellen Versandhandel über Katalog.

Ist Goliath mit dabei?

Bei diesen Zahlen drängt sich natürlich die Frage auf, ob der bekannte Online-Versender, dessen Name an den eines südamerikanischen Flusses erinnert, in den Daten enthalten ist. Er beherrschte schon im Jahr 2014 nach Daten des Bundesverbands Deutscher Versandbuchhändler den Online-Markt mit einem Anteil von mehr als 90 Prozent. Und er ist nicht Mitglied im Börsenverein, sondern eben bei den Versandbuchhändlern, die 2016 mit dem Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) fusionierten.

Hurra, wir lesen noch! Oder? Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Die Situation dürfte heute noch schlechter sein, obwohl der Buchhandel mit Angeboten wie dem E-Book-Reader Tolino oder den Netzwerken Geniallokal und buchkatalog.de versucht dagegenzuhalten.

Auf den ersten Blick scheint Amazon nicht enthalten zu sein, immerhin weißen die Versandhändler schon für 2014 rund 2,2 Milliarden Umsatz mit Büchern bei Amazon aus, obwohl der Börsenverein insgesamt nur rund 1,5 Milliarden Umsatz für alle Versandhändler benennt. Allerdings scheint das auf unterschiedliche Berechnungen zurückzuführen zu sein, denn in der Fußnote behauptet der Börsenverein explizit, dass Amazon in den Daten enthalten sei.


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