„Deutschland ist hungrig nach Bandbreite“, schreibt Niek Jan van Damme, seines Zeichens „Vorstandsmitglied Deutschland und Sprecher der Geschäftsführung Telekom Deutschland GmbH“ und er muss es schließlich wissen.
Und weiter: „Vor allem gefüttert durch Videoanwendungen wächst der Datenstrom im Internet rasant. Ähnlich wie beim Kaffee wollen die Kunden auch unterwegs nicht mehr auf ihre Konsumgewohnheiten verzichten: Facebook, Youtube und Co. sollen auch mobil verfügbar sein. Dabei spielt es letztlich keine Rolle, mit welcher Technik die Kunden hohe Übertragungsgeschwindigkeiten erhalten. Entscheidend ist, dass sie schnelle Internetverbindungen bekommen – und das möglichst günstig.“
Genau.
„Die Telekom setzt beim Breitbandausbau auf eine intelligente Mischung sie treibt den Ausbau sowohl über Mobilfunklösungen wie LTE und UMTS als auch über das Festnetz voran.“
Hm. Überall und flächendeckend?
Im Zuge der „..can’t do…“ Werbekampagne melden sich immer mehr enttäuschte Telekom D1-Kunden, die gerne bei D1 bleiben würden, wenn an ihrem Lebensumfeld überhaupt oder „mehr D1-Netz“ vorhanden wäre.
Die Telekom setzt auf zwei Säulen: Mobilfunkausbau ist besonders effizient, weil damit relativ viele Menschen erreicht werden können. Der teure Tiefbau (sprich das Buddeln und verlegen von Kabeln) entfällt weitgehend, von der Glasfaseranbindung der Mobilfunkstandorte einmal abgesehen. Hier kann man Kabel durch den Boden „schießen“, muß nur aufpassen, daß man richtig trifft, sonst stehen plötzlich Keller unter Wasser oder andere Ver- oder Entsorgungsleitungen werden unterbrochen und dann wird es richtig teuer.
Beim Ausbau des Festnetzes hat die Telekom folgende Erfahrung gemacht: Sie will nicht mehr einfach ein Glasfasernetz aufbauen und hinterher schauen, ob die Kunden die Anschlüsse wirklich kaufen. Inzwischen geht sie anders vor.
Bevor mit den Tiefbauarbeiten gestartet wird, müssen in den geplanten Ausbaugebieten zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Mindestens 80 Prozent der Eigentümer müssen ihr Einverständnis für den Anschluss ihres Hauses geben und wenigstens zehn Prozent der Kunden müssen vorbestellen.
Ist das nicht der Fall investiert die Telekom lieber an anderen Orten oder in andere Technologien. Die Telekom nennt das „dem Bedarf entsprechend investieren.“
Hm.
Der Bedarf kommt oft erst mit dem Essen. Wer heute DSL 2000 hat, ist vielleicht glücklich. Gibt man ihm 16.000 wird er nichts anderes mehr nutzen wollen. Steigert man auf 25.000 oder gar 50.000 werden neue Anwendungen möglich, an die vorher keiner gedacht hat.
Bei aller Glasfaser-Euphorie macht die Telekom eine klare Ansage: Im Festnetz hat das gute alte Kupferkabel nicht ausgedient: Die Telekom testet derzeit Technologien, mit denen sich auch über das gute alte Kupfer Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s erreichen lassen. Der Traum vom Glasfaser ins Haus (FTTB) wird noch lange nicht überall verwirklicht werden können.
van Damme hat richtig erkannt, daß beim Breitbandausbau die Öffentlichkeit zuerst auf die Telekom schaut. Die Deutsche Telekom wird nach wie vor als „Grundversorger“ wahrgenommen, als Rechtsnachfolger der guten alten Deutschen Bundespost. Viele Private Anbieter können oder wollen gar kein flächendeckendes Netz aufbauen, zumal es sich je nach Zielgebiet oft gar nicht gleich rechnet und welcher mittlere oder kleinere private Unternehmer kann schon auf 10 Jahre im Voraus kalkulieren?
Doch kein Unternehmen kann ganz Deutschland alleine mit einem Glasfasernetz ausbauen, auch die privatisierte Telekom nicht (mehr), weil das – je nachdem wen man fragt – so rund 50 Milliarden Euro kosten würde. Deshalb verkündet die Telekom „Zusammenarbeit mit Wettbewerbern und Stadtnetzbetreibern und sehr erfolgreiche Kooperationen mit den Kommunen. Wo der Breitbandausbau nicht wirtschaftlich ist, kann es sinnvoll sein, dass die öffentliche Hand „unterstützt“. So können die Gemeinden beispielsweise vorhandene Leerrohre zur Verfügung stellen, die Tiefbaumaßnahmen übernehmen oder sich finanziell beteiligen, was die Kosten der Telekom senkt.
Allein in Jahre 2011, vermeldet der Sprecher des Telekom Vorstandes wurden mehr als 1.000 solcher Kooperationen vereinbart und so mehr als 180.000 Haushalte mit schnellem Internet versorgt.
Vorraussetzung ist dafür, das weitsichtige Politiker vor Ort rechtzeitig Förderanträge bei den Bundesländern stellen und die Verhandlungen mit dafür in Frage kommenden Telekommunikationsanbietern anschieben, was sich in der Praxis als gar nicht so einfach und langwierig herausstellt. In den meisten Fällen schließen die Gemeinden mit der Telekom ab, aber längst nicht immer.
Manchmal kommen auch „neue“ Spieler zum Zuge, die teilweise bereits Infrastruktur haben, sprich kommunale oder überregionale Energie-Versorger oder auch kleine unbekannte Firmen oder private Initiativen, die ganze Orte z.B. über extra aufgebaute WLAN-Funknetze erschließen.
Im Zeitalter der Kostensenkung kann es dann passieren, daß Störungen im Telekom-Netz länger dauern, als gedacht. Kennen Sie Birkert (Gemeinde Brombachtal) im Odenwald? Im Jahre 2007 dauerte es 3 Wochen und im Jahre 2011 fast genauso lange (Video leider nicht mehrverfügbar , bis das Problem (ein „ertrunkenes Kabel“ beseitigt war.
Wobei es nicht nur einmal vorgekommen sein soll, daß die privaten Kabelgräber „aus Versehen“ das Telekomkabel „erwischen“ – der Streit um die „Schuld“ sichert später Arbeitsplätze in Anwaltskanzleien und Rechtsabteilungen.
Trotzdem: Ein flächendeckender Ausbau tut not. Er schafft und sichert einige Arbeitsplätze bei Bauunternehmen und Lieferanten von Technik und Geräten. Wer „in der Provinz“ auf schnelles Internet zugreifen kann, braucht nicht umzuziehen, neue Lebens- und Arbeitsformen werden möglich.
Man würde sich nur wünschen, daß die Zusammenarbeit zwischen der Telekom und ihren privaten Mitbewerbern etwas besser und intensiver und vor allen Dingen reibungsloser funktionieren würde.
Doppelte Kabelgräben oder lange Wartezeiten auf den Telekom-Techniker sind kein Vergnügen und müssten nicht sein.
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