“Hulk Smash!” oder die Ankunft der Avengers

“Hulk Smash!” oder die Ankunft der Avengers

© Disney - Jeremy Renner als Hawkeye und Scarlett Johansson als Black Widow

Es gibt wenige Filme, bei denen man mit einem Glitzern in den Augen den Kinosaal betritt und mit diesem auch wieder hinaus kommt. Viele Fans werden sehnsüchtig auf das vierte Abenteuer von Indiana Jones gewartet haben, nur um dann die Erfahrung zu machen, dass manche Helden im Ruhestand bleiben sollten. ‚Die Abenteuer von Tim & Struppi‘ war sicherlich ein amüsanter Animationsspaß, aber doch fehlte ihm die Seele, zu unmenschlich wirkte, was möglichst menschlich wirken sollte. Und auch James Camerons viel umjubelter 3D-Durchbruch ‚Avatar – Aufbruch nach Pandora‘ war zwar ein technischer Fortschritt, aber die altbackende Story war dagegen wenig neu. Wie wird es nun wohl den vielen Comicfans ergehen, die seit vielen Jahren auf die Superhelden-Entladung namens ‚The Avengers‘ gewartet haben?

Immerhin wurde bereits 2008 der Grundstein für dieses einmalige Filmuniversum geschaffen, als Robert Downey Jr. zum Multimilliardär Tony Stark wurde, der sich in seiner Iron Man-Kampfrüstung zum ersten Marvel-Helden einer neuen Generation machte. Noch im selben Jahr schickten die Marvel Studios dann den unglaublichen Hulk ins Kino, ließen Iron Man noch ein zweites Abenteuer bestehen und fügten letztendlich noch Thor und Captain America hinzu. Ganz nebenbei sorgte man in vielen kleinen Sequenzen und in Szenen, die sich nach den eigentlichen Filmen abspielten für eine allumfassende Story, die nicht nur Figuren wie Hawkeye, Black Widow, Agent Phil Coulson oder Nick Fury einführten, sondern auch die Filme verknüpfte und auf ‚The Avengers‘ hinarbeiteten. Nun ist er also endlich da, der Moment in dem Filmemacher Joss Whedon sein Talent für einen Blockbuster-Ensemble-Film beweisen kann. Dabei muss er mit einem Milliardär im Metallpanzer, einem Gammastrahlen verseuchten Nuklearphysiker, einem Donnergott, einem Supersoldaten aus dem zweiten Weltkrieg und der Organisation S.H.I.E.L.D. hantieren, also einer bunten Mixtur aus handelsüblichen Superhelden.

“Hulk Smash!” oder die Ankunft der Avengers

Mark Ruffalo ist der neue Dr. Bruce Banner alias der Hulk

Wie gut, dass sich Joss Whedon nicht von Nick Fury (Samuel L. Jackson) und S.H.I.E.L.D. hat leiten lassen, denn die haben nach vielen Jahren die „Rächer-Initiative“ auf Eis gelegt. Zu unerreichbar schien das Ziel, eine Gruppe von Männern zusammen zu stellen, die allesamt mit außerordentlichen Fähigkeiten ausgestattet, die Welt in größter Not beschützen sollten. Aber just in so einer Situation befindet sich unsere Erde, als Thors rachsüchtiger Bruder Loki (Tom Hiddleston) dem Planeten einen Besuch abstattet. Dank eines kosmischen Würfels verfügt er nun über unbegrenzte Macht, mit der er den Weltfrieden und die globale Sicherheit bedroht. Nick Fury sieht sich gezwungen, die „Rächer-Initiative“ wieder ins Leben zu rufen, sie ist die einzige Chance, die die Welt noch hat. Doch bevor Iron Man (Robert Downey Jr.), Thor (Chris Hemsworth), Black Widow (Scarlett Johansson), der Hulk (Mark Ruffalo), Captain America (Chris Evans) und Hawkeye (Jeremy Renner) zu einem Team zusammen wachsen, müssen die Superhelden von Fury und seinem engsten Vertrauten, Agent Coulson (Clark Gregg) davon überzeugt werden, miteinander und nicht gegeneinander zu arbeiten.

Und wahrlich zeigt sich Whedon als Garant dafür, viele Köpfe auf einer Leinwand zu vereinen und dabei niemanden außen vor zu lassen. ‚The Avengers‘ ist ein Glanzstück des Blockbusterkinos, denn es hat nicht nur die Genre-typischen Spezialeffekte, Explosionen und Actionsequenzen, sondern auch starke Charaktere, die miteinander agieren, starke Einzelmomente bekommen und Dialoge, die mal in die Tiefe der Figuren einführen, dann aber auch wieder mit gekonnt platzierten One-Linern zu unterhalten wissen. So wird niemand in ‚The Avengers‘ hervorgehoben, aber auch nicht zurückgestellt. Robert Downey Jr. ist nicht der Mittelpunkt des Geschehens, auch wenn sein Tony Stark es gerne wäre. Der dritte Hulk-Darsteller Mark Ruffalo fügt sich geschmeidig in die Gruppierung ein, gibt dem grünen Monstrum seine ganz eigene Note. Scarlett Johansson, die einzige Frau im Ensemble – wenn man von Neuzugang Cobie Smudlers als Agentin Maria Hill einmal absieht – ist nicht etwa nur die hübsche Begleiterscheinung zum Angucken, sondern ein ernstzunehmendes Teammitglied, ebenso wie Hawkeye, der sich nicht zum bloßen Beiwerk machen lässt. ‚The Avengers‘ stützt sich nicht allein auf seine Action, auch wenn die letzte Stunde des Films als eine einzige Demontierung Manhattans gestaltet wurde, sondern bietet weitaus mehr. Und hierfür darf man sich offensichtlich bei Joss Whedon bedanken, der nicht nur Regie geführt hat, sondern auch dem Drehbuch den letzten Schliff verpasste.

In den ersten zehn Minuten setzt er dabei ganz auf die Abwesenheit der Rächer und konzentriert sich erst einmal auf S.H.I.E.L.D., deren Agenten bisher nur vereinzelt in Aktion getreten sind. Hier zeigt sich nun aber, dass schon sie allein dazu in der Lage wären, einen interessanten Film zu füllen. Die Ankunft von Loki, seine Flucht und die Zerstörung der Bodenbasis der Organisation starten den Film actionreich und zeigen, über wie viel Macht Thors Bruder nun verfügt, da er im Besitz des kosmischen Würfels gekommen ist, der in ‚Captain America – The First Avenger‘ mitsamt dem Supersoldaten auf dem Meeresgrund begraben wurde. Außerdem wird neben Nick Fury und Agent Phil Coulson noch einmal Hawkeye vorgestellt, der in einer kleinen Szene in ‚Thor‘ bereits seinen ersten Auftritt absolvieren durfte und Cobie Smulders (‚How I Met Your Mother‘) zeigt sich als hartnäckig agierende Agentin Maria Hill. Sie alle werden sich später gemeinsam mit ihren vereinten Helden auf dem Helicarrier versammeln, einem imposant in Szene gesetzten Flugzeugträger, der sich in die Lüfte erhebt und dank Tarnvorrichtung unsichtbar durch die Wolken schwebt.

“Hulk Smash!” oder die Ankunft der Avengers

Neuzugang Cobie Smulders als S.H.I.E.L.D.-Agentin Maria Hill

Allerdings ist es hier, wo Loki Unruhe stiftet. Getreu dem Motto „Divide & Conquer“ sät der diabolische Gegenspieler Zwietracht, verbreitet Skepsis und schafft es, die Helden aufeinander zu hetzen. Was für die „Rächer-Initiative“ ein Rückschlag ist, stellt sich für den Zuschauer als Bereicherung dar, so bekommt man ansehnlichen Kämpfe zwischen Thor, Iron Man und Captain America zu sehen, aber auch eine zerstörerische Auseinandersetzung zwischen dem Donnergott und Hulk, sowie ein hartnäckig gekämpftes Duell zwischen Black Widow und Hawkeye. Aber nachdem die List Lokis erkannt und ein Opfer erbracht wurde, nimmt das Bild der Avengers immer mehr Form an, untermalt von den Fanfaren des Komponisten Alan Silvestri, der musikalisch aus jeder Sequenz die größtmögliche Gänsehaut heraus zu kitzeln versucht.

Während sich die Helden sehr schlagkräftig in Szene setzen, spielt Tom Hiddleston den Loki erneut äußerst redegewandt. Der Theaterschauspieler vereint den Spaß an der Rolle mit der nötigen Verbissenheit und Überzeugungskraft. Vom ersten Moment an, wird er als übermächtiger Gegner aufgebaut, bekommt von Whedons Drehbuch ebenso viele Momente gutgeschrieben wie die titelgebenden Superhelden. Er trifft auf jeden Rächer, darf diese in Gesprächen Auge-in-Auge verbal niedermachen. Manchmal folgen daraufhin erbitterte Schlagabtäusche (Captain America, Thor), manchmal verbale Konter (Iron Man, Black Widow) und manchmal, zu Lokis eigener Verwunderung, wird ihm nur wenig begeisterte Langeweile entgegen gebracht (Hulk). Aber jeder dieser Momente ist ein Highlight für Schauspieler Tom Hiddleston, der es mit jedem Rächer alleine aufnehmen kann, nur das verbündete Team kann ihm Einhalt gebieten.

Es gäbe noch so viel mehr über ‚The Avengers‘ zu sagen. Aber dabei wäre auch die Gefahr sehr groß, zu viel zu verraten. Oder möchte wirklich jemand bereits vor dem Film wissen, was Marvel sich dieses Mal für die traditionelle Sequenz nach dem Abspann hat einfallen lassen? Oder welche Figur das zeitliche segnen wird? Das würde dem Film, an dem eine Generation von Comicfans nicht vorbei kommen wird, nicht gerecht werden. Aber so viel sei gesagt: ‚The Avengers‘ ist qualitativ hochwertiges Kinomaterial auf allen Ebenen, seien es die Spezialeffekte, die One-Liner, die Figuren, die Story oder das Schauspiel. Es ist ein Rundumschlag geworden, den Joss Whedon für das normal sterbliche Kinovolk inszeniert hat, mit einigen Anspielungen und Zitaten, an denen die Comicfans ihr Nerd-Wissen beweisen können. Und das wichtigste Zitat wird dann wohl sein: „Hulk Smash!“

Denis Sasse

“Hulk Smash!” oder die Ankunft der Avengers

‘The Avengers‘


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