Huch, die Sonne schickt eine Rechnung

Huch, die Sonne schickt eine RechnungNun muss der gelbe Mann schuld sein. Kaum hat der Bitterfelder Sonnenenergiekonzern Q-Cells angekündigt, nach drei Jahren Wachkoma nun doch Konkurs anmelden zu müssen, sind die Laienprediger der Energiewende auch schon mit einer Erklärung zur Hand. Der Chineser wars, die gelbe Gefahr! Dumpinglöhne in und Billigzellen aus Fernost haben die bisher größte Pleite eine deutschen Solarfabrik verschuldet. "Die Pleite der Firma Q-Cells zeigt: Die Tage der deutschen Zellenproduktion sind gezählt", schreibt der "Spiegel", "die Asiaten haben die hiesigen Firmen uneinholbar abgehängt". Wo es früher im selben Blatt hieß "Solarenergie, ja bitte", weil ja die Sonne keine Rechnung schickt, katzenjammert es nun "Seit einer Weile schon wird es finsterer im Sonnental, nun erlebt es mit der Pleite von Q-Cells seine bislang düsterste Stunde".
Die Rechnung kommt spät, aber sie kommt, weil Wünsche und politische Weichenstellungen eben noch nie gereicht haben, die Realität langfristig zu verändern. Dass die Erzeugung von elektrischem Strom aus Sonnenenergie in einem Land, das durchschnittlich nur 1.500 Sonnenstunden im Jahr zählt, nur theoretisch eine gute Idee ist, wussten die Mütter und Väter des Eneuerbare Energien Gesetzes. Solarzellen hierzulande sind unwirtschaftlich, sie sind für die Netzbetreiber unbequem, weil sie nur dann und wann Energie liefern. Weshalb die Förderväter des Solarbooms in Deutschland per Gesetz auch gleich eine Geldpipeline von den Steckdosen der Stromverbraucher zu den Firmenkassen der neuen Stromgiganten legten. 18 Milliarden Euro ließ die Politik ihre Wähler allein im vergangenen Jahr für den Versuch zahlen, die Energiewende auch noch in einen Jobboom umzumünzen.
Wie immer, wenn irgendwo so viel Geld lockt, waren Empfänger schnell zur Stelle, vor allem im industriell ausgetrockneten Osten, wo die Erinnerungen noch frisch sind an das DDR-System der Karnickel-Aufzucht, das sagenhafte Profite für alle versprach. Thüringen siedelte innovative Solarfirmen im Dutzend an, Sachsen buhlte um Ökostromfabriken, Sachsen-Anhalt schuf sich mit dem "Solar Valley" bei Bitterfeld gleich ein virtuelles Sonnen-Tal, das schon im Namen mit dem Zaunpfahl winkte: Zukunft! Weltmarkt! Spitzenindustrie! Es entstand eine Branche, die all jene bediente, die es weniger auf direkte Sonneneinstrahlung als auf indirekte Stromeinspeisungszahlungen abgesehen hatten.
Huch, die Sonne schickt eine RechnungDer Glanz aber war aus den Geldbörsen der Stromkunden geborgt, die nicht einmal um eine Spende gebeten worden waren. Eine Schimäre von sauberer, nachhaltiger Energieerzeugung, die auch die Millionen Tonnen an Restmüll, die neuzubauenden Leitungen zu den dezentralen Sonnenparks und die Pflegekosten für die gern und schnell überwuchernden Anlagen nie mitrechnete. Konkurrenzfähig zur herkömmlichen Energieerzeugung aus Kohle oder Wasser war die kostenlose Sonnenernergie ja so schon nicht, warum also alles noch komplizierter machen?
Das klappt immer, und so auch am Ende. Denn selbstverständlich folgt nun im letzten Akt ein neuer Schlenker ins Absurde. Auftritt: Der Chinese! Mit ihren menschenverachtend effizienten Dünnschichtmodulen zerquetsche die asiatische Konkurrenz die deutschen Wettbewerber, die "zu lange auf die Solarförderung gesetzt haben", wie der "Spiegel" kundig analysiert. Dabei sei doch längst klar gewesen, "dass die deutschen mit den asiatischen Produzenten nicht mithalten können. Entsprechende Warnungen gab es schon Jahre zuvor - und sie erforderten auch keine hellseherischen Fähigkeiten", heißt es nicht einmal ganz drei Jahre nach der aus demselben Haus stammenden Analyse, dass "die langfristigen Aussichten" für Solar-High-Tech aus Deutschland "kaum besser sein" könnten.
Man musste kein Hellseher sein, um den Sonnenuntergang kommen zu sehen. Und man muss nicht Charttechnik studiert haben, um zu erkennen, dass die Probleme der deutschen Solarenergiefirmen auch die Probleme der chinesischen und kanadischen Konkurrenz sind. Angefeuert vom Subventionsboom ist die weltweite Produktionskapazität für Solarmodule auf acht bis 15 Gigawatt gestiegen. Die Nachfrage liegt bei sechs bis acht Gigawatt, dank der anstehenden Zuschusskürzungen ist die Tendenz sinkend. Eine Zukunftsbranche, zweifellos. Für Insolvenzverwalter.

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