So sehr mich das Genre der Science-Fiction fasziniert, von Zeit zu Zeit muss er einfach sein: der Blick über den Tellerrand. Nun stand mir der Sinn nicht gerade nach einer schmalzigen Liebesgeschichte (tut er überhaupt nur in äußerst seltenen Fällen), weshalb ich mich, passend zur Jahreszeit, für ein wenig Grusel entschied. Meine Wahl fiel schlussendlich auf Herz aus Stein, die erste Episode aus der Reihe Linda Budingers Schauergeschichten, veröffentlicht vom Ohrland Verlag. Die Lesung ist mit einer Laufzeit von ca. 66 Minuten zum Preis von 9,95 Euro ab heute in den Läden.
Gelesen von der bekannten Sprecherin Karen Schulz-Vobach, erzählt Herz aus Stein von den unheimlichen Erlebnissen der Journalistin Bettina, die, begleitet von ihrem Freund Ralf, eine Story über den Dichter Graf Falk zu Tritzau schreiben will. Dieser lebte im 19. Jahrhundert und wird der Epoche der Schauerromantik zugerechnet, zu auch Autoren wie Edgar Allan Poe oder E.T.A. Hoffmann gehören. Als die beiden während der Recherchen auf dem Gelände des Familiengrabs der Tritzaus von einem Unwetter überrascht werden, scheint nur eine nahegelegene Tropfsteinhöhle ausreichend Schutz bieten zu können. Wie so häufig trügt jedoch der Schein, denn die Höhle erweist sich als Falle. Wenn die beiden ihr entfliehen wollen, müssen sie nicht nur hinter das Geheimnis des Dichters kommen, sondern sich zudem der "Steinernen Dame" stellen, die nicht vor hat, Bettina und Ralf wieder ziehen zu lassen.
Lesungen sind eigentlich nicht so mein Ding, weil ich bislang nur selten das Glück hatte, eine gute zu erwischen. An den Geschichten hat es selten gelegen, sondern mehrheitlich daran, dass in meinen Augen viele ansonsten gute Sprecherinnen und Sprecher einfach keine guten Vorleser sind. Sie geben sich wahrscheinlich wirklich Mühe, doch schnell plätschert der Text in meinen Ohren nur noch monoton vor sich hin. Als Einschlafhilfe mögen solche Produktionen durchaus taugen, doch mit Kamillentee erreiche ich das gleiche Ziel. Außerdem kann der Sinn einer Lesung ja nicht darin liegen, dass man ihr Ende nicht mehr mitbekommt, weil man sich zwischenzeitlich in Morpheus Arme geflüchtet hat. Die Gefahr, dass einem so etwas bei Linda Budingers Schauergeschichten – Volume 1: Herz aus Stein passiert, ist aber sehr gering, was neben der schönen Geschichte der Autorin vor allem Karen Schulz-Vobach zu verdanken ist, die es wirklich schafft, allen Figuren einen eigenes Wesen zu geben. Es mag seltsam klingen, doch mit der Zeit hat man wirklich den Eindruck, wie bei einem Hörspiel mehrere Stimmen zu hören, so unterschiedlich interpretiert Schulz-Vobach die Charaktere. Zudem wurde bei der Produktion auf wirkungsvolle Pausen geachtet und die Lautstärke angehoben, wenn Bettina plötzlich aufschreit. Wirklich wichtig, denn nur so überträgt sich der Schrecken auch auf den Hörer.
Die Geschichte verfügt mit Ralf und Bettina über glaubwürdige und sympathische Protagonisten, mit denen man sich eher identifizieren kann, als mit einem jener coolen Geisterjäger, wie sie die Hörspielszene zuhauf bevölkern. Zwei Normalos werden mit etwas Übernatürlichem konfrontiert, und gerade Bettinas Reaktion darauf ist spannend zu verfolgen. Dass Linda Budinger als Schriftellerin etwas kann, beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass ihre Kurzgeschichten bereits mehrfach auf den vorderen Rängen beim Deutschen Phantastik Preis rangierten. Nachdem ich mir diese Lesung angehört habe, weiß ich auch warum: Der Plot kommt ohne große Abschweifungen aus, steuert konsequent auf sein Ziel zu und bietet über die gesamte Dauer kurzweilige Unterhaltung mit Gruselfaktor.
Ohrland hat bereits drei Hörbücher für diese Reihe mit Karen Schulz-Vorbach aufgenommen und weitere sind darüber hinaus geplant. Ich bin auch beim nächsten Mal gerne wieder dabei.
Link: Website des Ohrland Verlags