1966 unternahmen Cliff Allister McLane und die Besatzung des schnellen Raumkreuzers Orion in Folge 3: Hüter des Gesetzes der kultigen SF-Fernsehserie Raumpatrouille einen Abstecher zum Planetoiden Pallas, um Unregelmäßigkeiten in Zusammenhang mit einer dort angesiedelten Bergwerkskolonie auf den Grund zu gehen. Heute nun, 50 Jahre später, verschlägt es den jungen Mark Brandis in Mark Brandis - Raumkadett Folge 9: Endstation Pallas ebenfalls dorthin. Und wenngleich er es im Unterschied zu McLane nicht mit revoltierenden Robotern zu tun bekommt, so steht ihm doch alles andere als ein Spaziergang bevor. Das Hörspiel hat eine Laufzeit von ca. 54 Minuten und kommt heute offiziell in den Handel.
Mark Brandis und Rodrigo Rojas sind zum Dienst auf einer verlassenen Raumstation im Inneren des Asteroiden Pallas abgestellt. Als beide sich bereits an die langweilige Routine gewöhnt haben, lässt ein vermeintlicher Republikenangriff auf die afrikanische Stadt Nairobi und JUSTITIA bei Mark alle Alarmglocken läuten. Sind Attentäter vielleicht schon unterwegs, um ihn als Augenzeugen des Mordes an Präsident Bähler zu beseitigen? Den beiden Raumkadetten bleibt nur wenig Zeit, um sich auf alle Möglichkeiten vorzubereiten ... (Klappentext)
Im Bereich der Fernsehserien kennt man den Begriff der Bottle Episode. Dabei handelt es sich um Folgen, die ausschließlich in bestehenden Sets und mit einem Minimum an Darstellern (zumeist nur der Stammbesetzung) realisiert werden. Ein typischer Vertreter einer Bottle Episode wäre beispielsweise eine Geschichte, in der zwei Hauptdarsteller in einem Lift festsitzen und sich über frühere Erlebnisse austauschen, während sie darauf warten, dass eine Rettungsmannschaft sie aus ihrer misslichen Lage befreit. Gedreht werden solche Bootle Episodes aus organisatorischen, kreativen und auch aus finanziellen Gründen - zum Beispiel dann, wenn Geld eingespart werden muss, weil andere Folgen durch Außendrehs, namhafte Gaststars oder viele Statisten überdurchschnittlich teuer in der Herstellung waren.
Als Hörspielserie benötigt Mark Brandis - Raumkadett natürlich keine Sets und hat auch keinen Bedarf an Aufnahmen außerhalb des Studios, doch fühlt sich Folge 9: Endstation Pallas zunächst wie eine Bottle Episode an. Der Plot ruht quasi ausschließlich auf den Schultern von Mark Brandis (Daniel Claus) und Rodrigo Rojas (Arne Kapfer); einzig der Part von Katrin Decker als Valéria Alvarez fällt noch etwas größer aus. Der Rest der Besetzung (Leon Boden, Marius Clarén, Sebastian Kluckert u.a.) absolviert nur Kurzauftritte. Kammerspielartig isoliert die Handlung die beiden Protagonisten in einer verlassenen Forschungsbasis auf Pallas, von Lt. Mercier, den Brandis und Rojas dort ablösen, bezeichnet als „die langweiligste Station diesseits des Saturn". Doch weil es eben „unser (gemeint ist: die Union) Stückchen Irgendwas im großen Nichts innerhalb eines halbhohlen Asteroiden" ist, wie Mercier sich ausdrückt, muss sie vor dem Zugriff durch die Republiken geschützt werden, da der Konflikt zwischen den beiden Machtblöcken auf der Erde weiterhin keiner friedlichen Lösung entgegensieht. Die Tristesse an Bord der Station vermag das Hörspiel gut zu vermitteln, ehe der Angriff auf Nairobi und die Zerstörung von JUSTITIA der Geschichte eine überraschende Wendung sowie eine ganz neue Dynamik gibt, weil Brandis' Abkommandierung auf diesen entlegenen Posten plötzlich in einem ganz anderen Licht erscheint. Während Brandis schwant, was auf ihn zukommt, ist Rojas komplett ahnungslos und muss daher erst einmal ins Bild gesetzt werden. Die perfekte Gelegenheit für die Story, den Bogen bis ganz zu den Anfängen zurückzuschlagen und noch einmal zu rekapitulieren, wie das damals war, als Präsident Bähler starb ( Folge 3: Tatort Astronautenschule), Brandis von Bengasi überraschend freigelassen wurde ( ebenda) und wie er zusammen mit seinen Freunden bei JUSTITIA eine Zeugenaussage hinterlegt hat, die ihm bis jetzt die Verschwörer, die Bähler auf dem Gewissen haben, vom Hals hielt ( Folge 6: Woran Du glaubst...). Auf diese Weise bekommt die Folge die Zeit herum bis zum Auftauchen der Antagonistin - einer Figur aus Folge 1: Aufbruch zu den Sternen, die nun ihr Comeback gibt. Getreu dem Motto: Wenn wir schon im Recap-Modus sind, dann auch konsequent. Ihr gegenüber geht Brandis zwar in einer für untypischen, extrem brutalen Gangart vor, doch Autor Balthasar v. Weymarn war so clever, Mark Brandis - Raumkadett Folge 9: Endstation Pallas mit einer Einleitung durch den reifen Mark Brandis zu versehen, in der dieser zum Ausdruck bringt, sein damaliges Verhalten auf Pallas gehöre zu jenen Momenten, die ihm bis heute als Stein auf der Seele lägen.
Die diversen Rückbezüge auf vorangegangene Folgen sind natürlich ein Fest für regelmäßige Hörer, die sich zudem darüber freuen dürfen, dass der Handlungsstrang um die Verschwörung zur Ermordung von Präsident Bähler nun seinen Abschluss findet. Und Fans der Urserie werden dankbar zur Kenntnis nehmen, dass das Prequel immer erwachsener wird, indem es ethisch-moralische Fragen auswirft, ohne auf sie einfache Antworten zu geben. Zwar lässt sich Brandis' Vorgehen mit dem ehrbaren Ziel rechtfertigen, das er damit verfolgt. Doch heiligt der Zweck wirklich jedes Mittel? Zumal die „Behandlung", die Brandis seiner Gegnerin angedeihen lässt, nicht der Phantasie des Autors entsprungen ist, wie dem Booklet zu entnehmen ist. Da kann einem ganz anders werden...
Mark Brandis - Raumkadett Folge 9: Endstation Pallas unterscheidet sich im Aufbau her deutlich von den ersten beiden Geschichten der zweiten Staffel, womit die Serie ihre Flexibilität beweist. Der Plot ist dicht, setzt die richtigen Akzente und zeigt den jungen Mark Brandis einmal von einer anderen Seite, nämlich als einen Menschen, der in die Ecke gedrängt drastische Maßnahmen ergreift. Eine rundum gelungene Folge und aus meiner Sicht eine klare Hörempfehlung.
Mark Brandis - Raumkadett Folge 9: Endstation Pallas ist eine Produktion von Interplanar für Folgenreich. Das Hörspiel ist ab dem 1. Juli 2016 offiziell im Handel erhältlich.