Edgar Wright hat mit seiner 2004er Horror-Komödie Shaun of the Dead eigentlich nichts weiter getan, als einen Kommentar auf unseren Alltag abzugeben. Wie wir morgens vor dem Spiegel stehen und mit weit aufgerissenem Mund vor uns hin gähnen, wie wir müde-träge durch die Straßen schlurfen oder uns mit nur halb wachen Blick in der Bahn gegenüber sitzen und wie Zombies anstarren.
Dann aber gibt er Shaun of the Dead natürlich den Twist, dass der Hauptprotagonist Shaun (Simon Pegg) auf einmal aus diesem Zombie-haften Alltag und seinem Herumgelunger im Winchester-Pub herausgerissen wird, als tatsächlich eine Zombie Apokalypse das Land heimsucht, in dem Cricketschläger statt Baseball-Bats zum Zombie-Hirn-Zermatschen benutzt werden, weil es nun einmal Großbritannien ist.
Gemeinsam mit seinem besten Kumpel Ed (Nick Frost) muss er zwei Zombies im Garten töten um überhaupt erst zu realisieren, was in London vor sich geht. Dann brechen die beiden Freunde auf um Shauns Mutter Barbara (Penelope Wilton) zu retten – mitsamt dem verhassten Stiefvater Philip (Bill Nighy) – sowie Shauns frischer Ex-Freundin Liz (Kate Ashfield) und ihren Freunden Dianne (Lucy Davis) und David (Dylan Moran). Alle zusammen wollen sich ins Winchester flüchten um dort die Krise auszusitzen.
Shaun of the Dead
" data-orig-size="1000,434" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Shaun (Simon Pegg, rechts) und Ed (Nick Frost, links) treffen auf einen Zombie
Natürlich gestaltet sich dieses Vorhaben äußerst blutig, wie die Truppe dort durch die zombifizierten Straßen Londons rennt. Deshalb ist es ja auch die blutrote Erdbeereis Episode der Cornetto-Trilogie, die von Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost mit Hot Fuzz (das blaue Original Cornetto als Polizeifarbe) und The World’s End (grünes Mint-Schokoladen Cornetto für die kleinen grünen Männchen aus dem All) fortgesetzt wurde.
Shaun of the Dead zeigt nur zu gut, wie Humor abseits von Hollywood funktionieren kann. Keine dämlichen Sprüche, keine Fäkalwitze, sondern teilweise nur Blicke, Mimik, Reaktionen auf Situationen, die rein zufällig Untote beinhalten. Allein wie Simon Pegg und Nick Frost sich anschauen, wenn sie zum ersten Mal ein Zombie in ihrem Garten erblicken, ist großartig.
Dort treffen sie auf eine scheinbar harmlose, aber etwas verwirrte Frau, die es auf die beiden abgesehen hat. Als sie sie von sich wegstoßen, landet sie auf einem Stahlrohr und lässt sich von diesem durchbohren. Dann steht sie aber trotzdem wieder auf und wir können Pegg und Frost durch das große, blutige Loch im Körper dieser Dame sehen. Dieser Moment benötigt keinen halbgaren One Liner um uns zum lachen zu bringen.
Wright baut einen Witz auf, entlädt ihn aber nicht sofort. Wenn Shaun zuerst ganz normal durch die Straßen der Nachbarschaft geht und erst einige Zeit später denselben Weg zum Kiosk noch einmal nimmt, dieses mal bereits mit der Apokalypse im vollen Gange, dann funktioniert das so gut, weil der Film mit dieser Szene auf sich selbst verweisen kann. Der Witz ist, dass Shaun vor lauter Müdigkeit keinen Sinn für seine zerstört-untote Umwelt hat, ebenso wie er die Nachrichten immer wieder weg schaltet und so die Zombie-Epidemie gänzlich an ihm vorbeigeht.
Zugleich zeigt sich Edgar Wrights Stil als ebenso musikalisch und sich im Takt bewegend wie es James Gunn mit Guardians of the Galaxy perfektioniert hat und wie Wright es selbst in seinem 2017er Baby Driver auf die Spitze getrieben hat.
Shaun of the Dead
" data-orig-size="1000,438" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Wer die Zombie-Horden überleben will, verhält sich am besten wie ein Zombie.
In Shaun of the Dead bekommen wir einen Zombie Bar-Fight zu Queens “Don’t Stop Me Now”, bei dem jeder Schlag mit einem Billard-Kö gegen einen Bartender-Zombie oder das an- und ausmachen von Lichtschaltern im Takt der Musik ausgeführt wird. Solcherlei rasante Szenen werden dann noch mit dem richtigen Witz unterlegt (“Kill the Queen” als Aufforderung, die Musikbox auszuschalten, aus der der Queen-Song ertönt). All diese ineinander verstrickten Fäden zeigen, dass Edgar Wright einen Blick für das große Ganze hat und nicht auf Momentplanungen aus ist.
Wenn George A. Romeros Menschheit sich in Dawn of the Dead einst in eine Shopping Mall rettete und der Ur-Zombie Regisseur damit einen wohl überlegten Kommentar auf die Konsumsucht machte, dann muss einem in Shaun of the Dead die Ironie bewusst sein, dass sich das Londoner Volk lieber in einem Pub verbarrikadiert.
Und zugleich zeigt sich, dass Edgar Wright und Simon Pegg, die gemeinsam für das Drehbuch verantwortlich sind, verstanden haben, dass ein Film Unterhaltung und Kommentar zugleich sein kann. Deshalb hebt sich ihr Shaun of the Dead so großartig von belangloser Fließbandware ab.