Hin und wieder sollten wir nüchternen Zahlen ins Auge schauen:
Waffenhandel ist die tödlichste Form der deutschen Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik. Deutschland ist Europameister beim Waffenhandel. Seit 1961 sollen bei kriegerischen Auseinandersetzungen rund 30 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein, 63 Prozent durch Gewehr- und 10 Prozent durch Pistolen- und Revolverkugeln. Nach Berechnungen des Rüstungskritikers Jürgen Grässlin wurden bis heute mindestens 2.079.000 Menschen durch Kugeln aus dem Lauf von Heckler & Koch-Waffen getötet. Heckler & Koch ist Europas führender Hersteller von Kleinwaffen und produziert u.a. in Oberndorf am Neckar. (Quelle: Grüner Aufstieg, Naturfreunde Baden und Württemberg Nr. 3/2014).
Bundesweit sind etwa 80.000 bis 100.000 Menschen von der Rüstungsindustrie abhängig. Auf Baden-Württemberg dürften in etwa ein Viertel davon entfallen. (Quelle: Kontext-Wochenzeitung Nr. 178).
In den Jahren 2004 bis 2014 erhielten die Jugendherbergen in Baden-Württemberg für Modernisierungen und Neubauten kommunale Zuschüsse in Höhe von 2,5 Millionen Euro und Landeszuschüsse in Höhe von 8,6 Millionen Euro. Von den Landeszuschüssen flossen fast 7 Millionen Euro allein nach Stuttgart und Mannheim. Gleichzeitig wurden neun ländliche Jugendherbergen geschlossen. “Auf der einen Seite werden die traditionellen Jugendherbergen für Wanderer und Jugendfreizeiten im ländlichen Raum reihenweise geschlossen. Auf der anderen Seite baut man die Jugendherbergen in den Großstädten mit öffentlichen Subventionen zu Tagungshotels im Low-Budget-Segment aus,” sagte der tourismuspolitische Sprecher der FDP, Dr. Friedrich Bullinger. (Quelle: Zeitschrift des Hotel- und Gaststättenverband BW).
Seit der sogenannten Bahnreform vor 20 Jahren hat die Deutsche Bahn AG 7.000 Streckenkilometer sowie 60.000 Weichen und Kreuzungen abgebaut und über 1.000 Bahnhöfe geschlossen. Die jährlichen Steuermitel für die Instandhaltung und den Neu- und Ausbau von Schienennetz und Bahnhöfen versinken in unrentablen Hochgeschwindigkeitsstrecken und Prestigeprojekten wie Stuttgart 21. Übrigens: Die Bahn gab im Jahr 2010 2,7 Milliarden für den Kauf des britischen Busunternehmens Arriva aus – doch das Unternehmen floppte. Sieht so Service für Bahnkunden aus? (Quelle: Tunnelblick Impuls 10. April 2014).
Bitte umsteigen! 20 Jahre Bahnreform
Bernhard Knierim und Winfried Wolf:
Bitte umsteigen!
20 Jahre Bahnreform
Schmetterling Stuttgart, 2014
256 Seiten. 22.80 €
Das Jahr 1994 brachte mit der Bahnreform und mit der Gründung der Deutschen Bahn AG die größte Veränderung im Verkehrsbereich seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Kritiker sahen in der Bahnreform allerdings bereits damals die Verschleierung der Bahnprivatisierung. Und sie sagten Verhältnisse voraus, wie es sie z.B. im Sommer 2013 in Mainz und Umgebung gab. Inzwischen hat sich Ernüchterung breit gemacht: Nur im hoch subventionierten Nahverkehr gibt es eine Steigerung der Fahrgastzahlen. Die Qualität des Bahnverkehrs hat dramatisch abgenommen: Die Verspätungen nahmen zu, Ausfälle von Zügen sind heute an der Tagesordnung. Im Nahverkehr hat sich inzwischen ein Schein-Wettbewerb breitgemacht, in dem es vor allem um ein Drücken der Löhne geht. Inzwischen gibt es auch einen spürbaren Abbau der Sicherheit im Schienenverkehr. Die Autoren des Buches zeigen auf, wie die DB AG, anstatt in das Streckennetz, in die Wartung und in funktionierende Züge zu investieren, zunehmend als «Global Player» agiert. Wie die Kommandohöhen der Deutschen Bahn inzwischen ausschließlich von Bahnfremden bestimmt werden und wie die Bahnpolitik, wie sie die Bundesregierung und die EU betreiben, als integraler Bestandteil einer allgemeinen Verkehrspolitik zu verstehen ist, die in erster Linie auf den Straßen- und den Luftverkehr und auf die Container-Schifffahrt setzt. Schließlich skizzieren sie, wie eine überzeugende Struktur der Bahn und eine Verkehrs- und Bahnpolitik aussehen müssen und plädieren in diesem Kontext für öffentliche Eigentumsformen mit dem Grundsatz «so dezentral wie möglich, so zentral wie nötig».