Die Filmemacher hinter der Horrorfilm-Anthologie V/H/S hätten sich vielleicht eher ein 60- oder 90-Minuten Band nehmen sollen, als eines dieser unsäglich langen 120 Minuten Tapes, um ihre Found Footage-Kurzfilme zu präsentieren. Irgendwann hat man schlicht keine Lust mehr, noch eine Geschichte in derselben Form zu bekommen. Das ist dann aber auch schon alles, was es Negatives über diese erste Anthologie zu sagen gibt, die mit S-V/H/S und V/H/S: Viral bereits zwei Fortsetzungen und mit Siren gar ein Spin-Off erhalten hat.
Hinter dem Projekt stecken eine ganze Reihe von talentierten Regisseuren: Adam Wingard (Blair Witch), David Bruckner (Southbound), Ti West (In A Valley Of Violence), Glenn McQuaid (I Sell The Dead), Joe Swanberg (Drinking Buddies) und Radio Silence (Southbound). Dass es sich hier um eine Riege von Männern handelt, dürfte sich spätestens bemerkbar machen, wenn auffällt, dass in jeder der einzelnen Episoden nackte Tatsachen der Frauenwelt zu sehen sind, womit sich wohl die Fantasien der Filmemacher erfüllt haben dürften. Allerdings wirkt das schnell eintönig, so originell und spannend die Geschichten auch erzählt worden sind.
V/H/S
" data-orig-size="1000,557" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Noch hat Mann Spaß an seiner Situation. Aber schon bald wird diese Dame sich als Vampir erweisen
In der Rahmenhandlung geht es um Brad, Gary, Rox und Zak, die für ihre selbstproduzierten Filme gerne Frauen auf der Straße auflauern und sie um ihr Oberteil erleichtern. Oder aber sie filmen sich gegenseitig bei ihren One Night Stands. Diese Jungs werden angeheuert, um ein Videoband aus einem Haus zu stehlen. Dort finden sie allerdings einen toten Mann, der auf eine ganze Reihe von Bildschirmen blickt. Sie durchsuchen das Haus nach dem besagten Videoband, finden aber nicht nur eines, sondern gleich eine Vielzahl von Tapes.
Und hier entfalten sich dann die Geschichten, die sich auf den Bändern wiederfinden lassen: Amateur Night, Second Honeymoon, Tuesday the 17th, The Sick Thing That Happened To Emily When She Was Younger und 10/31/98. Allesamt Storys, die immer wieder von den Erkundungen der vier Männer in ihrer Rahmengeschichte Tape 56 unterbrochen werden.
Was an V/H/S überrascht, ist die qualitativ hochwertigen Konsistenz aller Filme, die sich hier als Gesamtwerk präsentieren, ohne dass es einen Durchhänger geben würde. Einzig die Länge der Gesamtproduktion geht irgendwann mit einem guten Stück Langeweile einher.
V/H/S
" data-orig-size="1000,645" sizes="(max-width: 890px) 100vw, 890px" aperture="aperture" />Horror via Social Media, festgehalten auf VHS-Tape
Gerade bei der Optik beweist diese Anthologie Mut, die alte VHS-Tape Atmosphäre durchgängig zum Einsatz zu bringen, so dass wir nie Hochglanz-Bilder zu sehen bekommen, sondern immer ein verwaschenes Streifenbild vor Augen haben. Dem entgegen stehen die übrigen Effekte. Für eine Low Budget Produktion wirkt die Darstellung des Monströsen (eine Vampir-Lady in der ersten Episode!) unglaublich gut, eingefangen mit der Alt-Optik kommt es hierdurch zu einem wunderbaren Horror-Feeling.
Der bereits erwähnte Männerblick auf diese Horrorwelten wird zumindest immer hinterfragt, wenn nicht gar in die Grausamkeit umgewandelt. Das mag nichts an den Blick auf das nackte Fleisch ändern und dass es weiterhin die Männer-Perspektive ist, aber da die Frauenwelt hier mehr als einmal auf blutige Weise Rache nehmen darf, schaut man da irgendwann drüber hinweg.
Wenn also die Frau permanent gefilmt wird und sich hierüber beschwert, der Mann dann aber nur zu sagen weiß, dass seine Freundin sich ausziehen solle, weil sie im Sweatshirt langweilig aussehen würde, möchte man sich zuerst über diesen Sexismus aufregen, sollte aber einfach das Ende der Geschichte abwarten.
Ebenso wirkt es extrem spooky, wenn die wackelige Handkamera auf einmal nicht mehr durch die Protagonisten durch die Handlung geführt wird, sondern auf einmal offenbar Unbekannt das Bild produziert. Wer hat da jetzt die Kamera in den Händen, mit wem werfen wir einen Blick auf die schlafenden Hauptfiguren und die klassische Horrorfilm-Frage „What happens next?“ bekommt ihren dramatischen Höhepunkt.
Und all das zieht sich durch alle Episoden, die konsequent positiv-eintönig in Szene gesetzt wurden, so dass diese Sammlung zueinander passt. So bekommen wir allerhand gruselige Geschichten mit Atmosphäre und Twists geliefert, die nur in ihrer Summe zu langweilen beginnen. Aber schaut man sich zum Beispiel pro Abend nur eine Story an, wird man auf diesen Effekt gar nicht Aufmerksam gemacht.