Hören+Sehen

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Interpol, Zenith, München, 12. März 2011
Irgendwann hat es ja soweit kommen müssen, und dass es erst bei diesem Konzert passierte, ist dann schon fast wieder eine gute Nachricht. Der Zauber ist weg. Interpol spielen im nahezu ausverkauften Münchner Zenith für ihr viertes Album auf und es ist ein ganz normales Rockkonzert, dank des Veranstaltungsortes nicht mal ein besonders gutes. Absehbar war das allemal – es ist schwer genug, über nunmehr zehn Jahre die unbestreitbar hohe Qualität ihrer Alben auf die Bühne zu bringen, besonders dann, wenn die letzte Station ihrer (Münchner) Karriere von klein über mittel, etwas größer, nun groß, also Orange House, Muffathalle, Tonhalle und Zenith, sie in eine zugige Eisenscheune zwingt, ein Gebäude also, dessen Akustik selbst für eine Dorfkirmes als bedenklich einzustufen wäre.
Da hilft es auch nichts, die Regler schon vom ersten Ton an bis an den oberen Grenzbereich zu schieben und Sam Fogarinos Schlagwerk so in den Vordergrund zu steuern, dass neben dem brachialen Wummern vom Rest der Band kaum etwas zu hören ist. Die Songs – zu oft gehört, um über die Setlist überrascht zu sein, wenigstens wurde zwischen alt und neu recht gut gemischt. Wenn man vieles schon zu gut kennt, entscheiden ja oft Nuancen über Wohl und Wehe, leider erliegen auch Interpol an diesem Abend der Versuchung, das Tempo für Bekanntes eine Spur zu stark anzuziehen und so bekommen Klassiker wie „Hands Away“, „Evil“, „Not Even Jail“ und „Slow Hands“ einen unnötig hochgepitchten Beigeschmack.
Gut gelungen dagegen die verlängerte Version von „Lights“, einem der Höhepunkte des neuen Albums – in tiefrotes Licht getaucht, konnte der Song die Intensität der Studioversion erstaunlicherweise ohne Mühe mitgehen. Mit „Obstacle“, „Untitled“ und „The New“ gab’s gleich drei Großtaten vom unerreichten Frühwerk „Turn On The Bright Lights“ am Stück, dankbar goutiert von denjenigen, die schon etwas länger an Bord sind. „Rest My Chemistry“, zweifellos ein Stück neuerer Interpol-Essenz, schaffte ebenso mühelos den Brückenschlag zum Publikum. Dass Sänger Paul Banks, verziert mit modischem Kurzhaarschnitt, weniger introvertiert, sondern für seine Verhältnisse fast ausgelassen gestimmt war, nahm man auch gern zur Kenntnis.
Am Bass mittlerweile ja Brad Truax – nun ja, man sieht ihn und weiß, was ihm zum Charismatiker und Paradiesvogel Carlos Dengler fehlt, keine abseitige Aura, kein Befremden, einfach ein fehlerloses und punktgenaues Set und doch irgendwie traurig. Es wird, man weiß es jetzt umso mehr, vieles davon abhängen, wie der zum Trio geschrumpften Band ihr nächstes Album, ihr erstes ohne Dengler, gelingen mag. Live möchte man ihnen paradoxerweise mehr Erfolg nicht wünschen - noch größere Hallen sind kaum vorstellbar, ohne deutlich an Qualität einzubüßen, dafür war dieses Konzert Beweis genug.

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