Hören was der Körper braucht - ein Interview mit Thomas Frankenbach

Essen ist ein Thema mit dem sich jeder von uns jeden Tag auseinander setzen muss, klar, Essen zählt zu den Grundbedürfnissen - ganz gleich ob wir nun täglich mit vollem Elan am Herd ein mehrgängiges Menü zubereiten oder mit Leidenschaft die Dosenravioli öffnen.  Ganz bewusst aber auch unbewusst wählen wir jeden Tag Lebensmittel aus, die in unseren Mündern und Mägen landen.  Unsere Essentscheidung wird von einer ganzen Palette an Faktoren beeinflusst, sei es unsere Kultur die uns morgens genüsslich in das Marmeladenbrötchen beißen lässt, anstatt eine herzhafte Reissuppe mit Gemüse zu löffeln.  Auch unsere Emotionen bestimmen was auf dem Teller landet (oder eben auch nicht) - wir sprechen von "Frustfraß" und meinen große Eimer Schokoeis, Kekse oder andere Seelentröster weil er oder sie Schluß gemacht hat oder weil es im Büro einfach nicht läuft - anderen vergeht dabei schlichtweg der AppetitEine ganz besondere Rolle bzw. einen ganz besonderen Einfluss auf unser Essverhalten scheinen jedoch die Gesundheitsüberlegungen eingenommen zu haben.  Den Apfel isst man nur mit Schale, denn da stecken die meisten Vitamine drin (aber eben auch die meisten Schadstoffe....) und generell wäre es für jeden und alle sowieso viel gesünder und besser sich nur noch vegan zu ernähren oder bitte doch wenigstens Low-Carb, ohne Gluten oder lactosefrei.  Und wir stehen mitten in diesem Diätchaos, den ganzen Regeln und Geboten und vergessen dabei eins: Uns selbst.  Es ist unser Körper selbst, der, wenn wir nur auf ihn hören würden, uns sagt was wir brauchen um uns gut zu fühlen, was uns gut tut und wovon wir besser die Finger lassen sollten.  Dabei sollte klar sein, dass es kein allgemeingültiges Ernährungskonzept für uns alle geben kann.. Jeder sollte ganz für sich allein herausfinden welche Speisen ihm gut tun und welche eben nicht, diese Fähigkeit wird in der Wissenschaft übrigens als somatische Intelligenz bezeichnet. 
Passend zu diesem Thema erschien kürzlich das Buch "Somatische Intelligenz - Hören, was der Körper braucht" von meinem geschätzten Arbeitskollegen Thomas Frankenbach.  Sein Ansatz: Dem Körper zuhören lernen anstatt Diättipps befolgen.
Im Folgenden habe ich für Euch ein kleines Interview mit Thomas zu diesem Thema zur Verfügung gestellt bekommmen. 
Ich wünsche Euch viel Freude mit dem Artikel. :-)

Hören was der Körper braucht - ein Interview mit Thomas Frankenbach

ISBN 978-3-86728-249-9
€ 14,95


Thomas, was sollen wir denn nun essen? Es gibt keine einfachen Antworten, die für jeden Menschen zutreffen. Aber Sie können es für sich selbst herausfinden.
Wie denn? Indem Sie Ihrer Somatischen Intelligenz Beachtung schenken.  Indem Sie darauf achten, welche Speisen Sie ansprechen und wie sie Ihnen bekommen.  Wie Ihr Körper auf das, was Sie essen, reagiert.
Der Körper zeigt uns also an, was er braucht? Genau. Das ist Somatische Intelligenz. 
Stellen Sie sich vor, jemand isst für sein Leben gern Schnitzel.  Jetzt bekommt diese Person Grippe und 39 Grad Fieber.  Was meinen Sie: Hat sie dann immer noch Lust auf Schnitzel?  Nein, und zwar weil die Verdauung jetzt viel zu viel Energie kosten würde – die braucht jetzt nämlich das Immunsystem, um das Virus zu bekämpfen. Oder nehmen Sie jemanden, der unterzuckert ist: Worauf wird er wohl Lust kriegen?
Auf Süßes vermutlich. Genau. Sein Körper gibt ihm vor, was er jetzt braucht.  Je bedrohlicher die Situation, desto deutlicher.
Hört sich sehr einfach an. Vom Prinzip her ist es das auch. Jeder von uns hat Somatische Intelligenz.  Nur: Nicht jedernutzt sie gleich gut. Doch das lässt sich erlernen.
Wir können Somatische Intelligenz also trainieren? Wir können lernen, besser auf sie zu achten. Wir können das regelrecht trainieren, ja.
Und das soll funktionieren? In meiner klinischen Arbeit kam ich irgendwann an einen Punkt, an dem ich angefangen habe, mit den Menschen zu üben, sich selbst und ihren Körper besser wahrzunehmen.  Sie in ihrer Fähigkeit zur Eigenwahrnehmung zu fördern.  Und das Ergebnis war, dass mir viele davon berichteten, wie gut ihnen das tat.  Wie sie gelassener und inständiger wurden und wie sie so ihr natürliches Gespür für die richtige Nahrungsauswahl verbessert haben.  Daraus ist dann mit der Zeit ein Übungssystem entstanden.
Aber wenn das so einfach ist:  Warum gibt es dann so viele Übergewichtige und verkehrt ernährte Menschen? Weil wir genau dieses Auf-den-Körper-Hören verlernt haben.  Vor lauter Reiztechnologie, Zeitökonomie und »Ernährungsaufklärung«.  Handy, Internet, 50 Fernsehkanäle – und andauernd widersprüchliche Ernährungstipps.  Das Feld ist eigentlich ganz gut erforscht: Je höher die Dichte an Außenreizen, denen ein Mensch ausgesetzt ist, desto schwerer fällt es ihm, »Innenschau« zu halten.  Desto weniger vermag er wahrzunehmen, welche Signale sein eigener Körper ihm sendet – hinsichtlich dessen, was er braucht, aber auch, was ihm nicht bekommt.
Zu viel Ratio auf Kosten der Intuition also? Gewissermaßen schon.  Wir haben in den letzten 40 Jahren feinsäuberlich gelernt, unser Essen nach Zahlen auszuwählen. Nach Kalorien, Diäten, Kohlenhydrat- und Fettanteilen und immer öfter auch nach dem möglichst niedrigsten Preis.  Mit dieser wachsenden Ratio haben wir gehörig Vertrauen in unsere Sinne eingebüßt, obwohl die evolutionär ja viel bewährter sind. Gerade die Fähigkeit, die Bekömmlichkeit unseres Essens zu beurteilen, wurde zunehmend vernachlässigt.  So kam es, dass die Nahrungsauswahl immer mehr Kopf- und immer weniger Bauchsache geworden ist.
Und die Ernährungstipps in den Medien waren zwar gut gemeint, haben aber nur noch weiter zur Verwirrung beigetragen? Na klar.  Lassen Sie sich doch mal immer sagen, dass Sie das Falsche gemacht haben.  Das nagt an der Selbstsicherheit, am Vertrauen in sich selbst und der Fähigkeit, eigenverantwortlich zu handeln.
Sie sind also der Meinung, es gibt zu viel Ernährungsaufklärung? Ich würde sagen: Wir haben unsere Sinne, das Menschsein ausgesperrt und die Ratio in Form von bestimmten Diätdogmen privilegiert.  Aber nicht jede Kost ist für jeden die richtige.  Weder Natur- noch Fertigkost.
Was könnte man besser machen? Ernährungsinformationen sind ja grundsätzlich nichts Schlimmes.  Es ist nur so: Dass der Mensch auch über ein körpereigenes System verfügt, um herauszufinden, welche Kost ihm gut bekommt und welche nicht, wird fast immer übergangen.  Da ist Fleisch gerade entweder gut oder ungesund, der Genuss von Schokolade entweder gesund oder unverantwortlich.  Lasst doch die Menschen selbst herausfinden, wozu ihr Körper Ja sagt und wozu nicht!
Aus Ihrer Sicht gibt es also nicht die gesunde Ernährungsform schlechthin? Während meiner Zeit als Kliniker habe ich Dutzende von Diätmoden kommen und gehen sehen. Was in einem Jahr als gesund gilt, wird im nächsten für schädlich erklärt.  Auf Vollwert folgte Rohkost und darauf die Trennkost.  Auf die Low-Carb- Episode mit viel tierischem Protein ist jetzt der Veganismus gefolgt.
Sie halten also wenig von festen Ernährungskonzepten wie Veganismus, Rohkost oder Vollwert? Jeder Mensch ist einzigartig – und so auch seine Bedürfnisse.  Und selbst diese individuellen Bedürfnisse können sich mit der Zeit verändern, weil der Mensch sich verändert. Körperlich und seelisch.  Ziel sollte es sein, dass sich ein Mensch an seinen Bedürfnissen orientiert und nicht an einem Kostdogma. Dann kann er selbstbewusst und selbstsicher werden.
Wie kann man sich Ihr Training vorstellen? Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was wir wollen, und dem, was wir brauchen im Leben. Auch beim Essen. Und das können Sie herausfinden.  Mit Übungen, die teils körperlich sind und zum Teil mental. Je besser wir die Signale des Körpers verstehen, desto besser können wir auf sie eingehen.  Oft kommen wir dann von ganz allein darauf, was unser Körper braucht und gehen dem bei entsprechendem Training auch irgendwann nach – ohne uns zwingen zu müssen, sondern indem wir mit unserem Körper zur Einsicht gelangen.  Das ist viel, viel effektiver und intensiver, als allein über den Kopf zu arbeiten.
Und die Resultate? Die Klienten erlangen Sicherheit im Umgang mit sich selbst und ihrem Essen.  Sie werden ruhiger, inständiger und achtsamer.  Und sie schenken ihrem Körper wieder mehr Vertrauen. Viele haben deutlich Gewicht reduziert, indem sie sich und ihre Belange besser wahrgenommen haben. Ohne vorgegebene Diäten.  Und viele sind insgesamt einfach selbstbewusster und selbstsicherer unterwegs, weil sie sich eben besser kennengelernt haben.

Hören was der Körper braucht - ein Interview mit Thomas Frankenbach

Der Autor:
Thomas Frankenbach zählt zu den erfolgreichsten Fitnesstrainern Deutschlands.
Auf ihn vertrauen weltweit führende Spitzensportler - psychologisch, ernährungs- und trainingsbezogen.
Der studierte Ernährungswissenschaftler und Psychologe leitet den Fachbereich Ernährung und Bewegung an einer der traditionsreichsten Reha-Kliniken Deutschlands.



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