Hör auf mit dem Schubladendenken!

Von Wernerbremen

Quelle: Helmut Mühlbacher

Ihr Lieben,heute Abend möchte ich Euch einige Gedanken von Heiko Bräuning zu lesen geben und auch dann anschließend eine sehr ernst und berührende Geschichte erzählen, die ich selbst vor vielen Jahren in Göttingen erlebt habe:„Rein in die Schublade!“Schubladen – in meinem Büro. Alles hat seinen Platz.
Schubladen – in meiner Wohnung. Alles hat seine Ordnung.
Schubladen – in meinem Keller: Alles ist gut verstaut.
Schubladen – in meinem Kopf. Prima Schubladendenken.
Die oberste 
Schublade – gefüllt bis an den Rand.
Die unterste 
Schublade – gefüllt bis oben hin.

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In der einen Schublade steckt der Nachbar, der mich vor Kurzem so gemein behandelt hat.
In der anderen 
Schublade steckt der Arbeitskollege, mit ihm stehe ich schon lange auf Kriegsfuß.
In der nächsten 
Schublade steckt mein Ehepartner – er ist unverbesserlich und wird sich wohl nie ändern.
In der untersten 
Schublade stecken die Schwiegermutter, der Vorgesetzte und noch ein paar ehemalige Freunde. Sie alle haben mir Dinge angetan, die unterstes Niveau waren – unterste Schublade eben.
Schubladendenken…

Das ist keine Schokolade, wie man auf den ersten Blick denken könnte -
das sind alles Schubladen!
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Wer oder was einmal in Schubladen ist, kommt dort nicht so schnell wieder heraus.
Wie befreiend war es, als mich einer aus seiner Schublade wieder heraus ließ.
Wie wohltuend, als er mir eine Chance gab und zu mir sagte: 
„Du bist ja ganz anders. Das hätte ich nicht gedacht!“
Gott sei Dank, ich war wieder draußen aus der engen Schublade.
Wie wertvoll ist es für unser Leben, für unsere Beziehungen, wenn Schubladen geöffnet werden und wir einander neue Chancen einräumen. 
Wie wertvoll, wenn sich jeder frei entfalten darf,
ohne eingeengt in einer Schublade zu stecken.

Ich gebe meinem Herzen heute einen Ruck und öffne die Schubladen in meinem Kopf…, eine nach der anderen.“

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Ihr Lieben,Als Kind und Jugendlicher habe ich unter dem Schubladendenken sehr leiden müssen:
„Du hast zwei linke Hände!“
„Aus Dir wird nie etwas Gescheites!“
„Mit Dir hat man immer nur Ärger!“

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Wir alle sind nicht frei davon, die Menschen, mit denen wir es in unserem Alltag zu tun haben, in Schubladen einzuordnen. Aber ich kann Euch nur raten, befreit Euch von diesem Schubladendenken.Wenn wir den anderen Menschen aus unseren Schubladen befreien, dann können wir plötzlich Seiten an ihm entdecken, die wir vorher gar nicht für möglich gehalten hätten. Und damit erleichtern wir dem Anderen und uns selbst das Leben ganz erheblich.Ich möchte das Bild der Schubladen aber noch in einem anderen Sinn verwenden.
Unser ganzes Leben ähnelt einem Kommode mit vielen Schubladen. 

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In unseren Lebensschubladen können wir das verbergen, was Andere nicht sehen sollen. 
In unsere Lebensschubladen können wir unsere Schwierigkeiten und Probleme stecken, wenn wir uns damit im Augenblick nicht auseinandersetzen wollen.
In unsere Lebensschubladen können wir unsere Ängste und Nöte stecken und hoffen, so wenigstens eine Weile vor ihnen sicher zu sein.
Aber es ist ein Trugschluss, wenn wir glauben, so mit unseren Problemen und Schwierigkeiten, unseren Ängsten und Sorgen und dem, was Andere von uns nicht wissen sollen, fertig zu werden.
Dieses Vorgehen funktioniert nur eine kleine Weile und dann, wenn wir es gar nicht gebrauchen können, brechen unsere Ängste und Probleme wieder hervor und die Belastung durch sie wird umso stärker.Als ich Ende der 1970er Jahre in Göttingen als Dozent an der Universität Göttingen arbeitete, spielte sich in Göttingen eine tragische und sehr traurige Geschichte ab: Innerhalb von wenigen Tagen beginnen in Göttingen 5 Erwachsene Selbstmord. Diese 5 Selbstmorde gerieten deshalb in die Zeitung, weil die Polizei, die die Fälle wegen ihrer Häufung genau untersuchte, in den Wohnungen  aller 5 Personen einen Zettel fand, auf dem nur ein Satz mit großen Buchstaben stand:
„Es ist alles herausgekommen!“
Was war geschehen? Wie die Polizei herausfand, hatte eine Gruppe junger Psychologiestudenten ohne Wissen ihres Professors einen Test gestartet und 250 Personen in Göttingen, deren Anschriften sie dem Telefonbuch entnommen hatten, einen anonymen Brief geschickt und in diesem Brief stand nur der eine Satz: 
„Es ist alles herausgekommen!“
Die Studenten wollten 14 Tage nach dem Versands des Briefes die Empfänger anrufen und sie danach fragen, was sie bei Erhalt des Briefes empfunden hatten.Ob die Studenten damals anschließend bestraft wurden, das weiß ich nicht mehr.
Ich weiß nur, dass die Studenten sehr erschrocken darüber waren, was sie angerichtet hatten, und dass einer der Studenten in die Psychiatrie eingeliefert werden musste, weil er sehr darunter litt, was er und die anderen Studenten angerichtet hatten.


Dieser Satz „Es ist alles herausgekommen!“ hat sich mir sehr eingeprägt und mir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass wir die Schubladen unseres Lebens aufräumen, damit wir niemals in die Verlegenheit kommen, uns vor anderen Menschen schämen zu müssen.Ganz ohne Schubladen werden wir nicht auskommen in unserem Leben,
…aber ab und zu sollten wir sie öffnen, 
um einen neuen Blick auf unsere Mitmenschen richten zu können.
…aber ab uns zu sollten wir sie öffnen und uns unseren Schwierigkeiten und Problemen stellen.
…aber ab und zu sollten wir sie öffnen und unsere Ängste und Sorgen frei lassen, denn wenn sie nicht im Dunkeln eingesperrt sind, sondern das helle Licht erblicken, sind sie gar nicht mehr so furchterregend.
…aber ab und zu sollten sollten wir wie in einer Art Frühlingsputz unsere Lebensschubladen aufräumen und uns von Unnützem, schlechten Erinnerungen, belastenden Erlebnissen aus der Vergangenheit trennen.

Ihr Lieben,ich wünsche Euch einen fröhlichen und unbeschwerten Abend und grüße Euch herzlich aus Bremen
Euer heiterer Werner vom Weserstrand

Quelle: Karin Heringshausen