Hooligans wollen sich anscheinend lieber prügeln und pöbeln als dem Fußball zu frönen. Zumindest sieht es so in Nick Neverns “Hooligan Factory” aus
Gerade in Großbritannien – wenn nicht gar nur dort – haben die Hooligans ihr eigenes Filmgenre erhalten. Zahlreiche Filme über das Dasein und das merkwürdige Leben der fanatischen Fußball-Gemeinde erblicken immer wieder die Kinoleinwände britischer Lichtspielhäuser und avancieren gar zum Kult. So gab es bereits 1988 den Fernsehfilm The Firm von Alan Clarke, der 2009 als The Firm – 3. Halbzeit neu aufgelegt wurde. Oder aber gar die Literaturverfilmung The Football Factory aus dem Jahr 2004, basierend auf dem Roman Der letzte Kick von John King. In 2007 gab es dann mit Footsoldier die wahre Geschichte eines Gangsters, der aus der Hooligan-Gemeinschaft in die organisierte Kriminalität eingestiegen ist. Zahlreich und vielfältig sind also die Begebenheiten, unter denen die Hooligans im britischen Kino zugegen sind.
Und wo es ein Genre gibt, muss es auch einen Film geben, der dieses Genre aufs Korn nimmt. In den USA sind es die Spoof-Filme, die oftmals das Horrorgenre persiflieren (Scary Movie), aber auch den Actionkrimi (Die nackte Kanone) und andere Vertreter der Filmwelt (Die Pute von Panem, Hot Shots) im nicht allzu ernsten Gewandt zeigen. Das kann mal gut ausgehen oder in gänzlich banalen Schwachsinn enden.
In Hooligan Factory von Nick Nevern (Regie, Drehbuch, Hauptdarsteller) muss der banale Schwachsinn wohl als Gegenstand des Films in Kauf genommen werden. Schon allein Werbezeilen wie „Fußballgewalt und böser Humor – Nichts für Feingeister“ lassen darauf schließen, dass uns hier schlimme Kost erwartet. Die Scham der frühmorgendlichen Dokusoap wird auf diesen Film übertragen, wenn sich Männer in Power Rangers-ähnlichen Ganzkörper-Jogginganzügen zur Fußball-Leidenschaft bekennen. Oder aber nicht einmal mehr das, denn der Hooligan von heute, muss nicht unbedingt ein Freund des Sports sein, sondern vielmehr ein begnadeter Anhänger der Prügelkultur.
Der Baron und seine Hooligan-Clique
Vielleicht sind das die amüsantesten Stellen in Hooligan Factory, wenn der legendäre Hooligan Dex, für seine ausgeartete Leidenschaft im Knast sitzend, nach vielen Jahren endlich frei kommt und auf die Hooligan-Moderne trifft. Inzwischen führt man ein Nischendasein und es wird zu Dex‘ Aufgabe, das Hooligantum zu neuer Ehre zu führen. Ganz nebenbei freundet er sich mit Jung-Hooligan Danny an, der in Sachen Hooligan-Sein, seinem Vater nacheifert, von dem er sich mit den Jahren immer mehr entfremdet hat. Zu allem Überfluss ist da noch der Baron, ein Hooligan im Seidenoutfit, der das Bild des klassischen Fußball-Raufbolds beschmutzt.
Sowohl der Humor als auch die Thematik ist wohl nur für diejenigen empfehlenswert, die sich voll und ganz auf diese Welt einlassen können. Hier gibt es keine „feingeistigen“ Einblicke, die auch für Nicht-Genrefans interessant sein könnten, sondern nur schlichten Humor und überzogenes Spiel, der unter ein paar Fußballbegeisterten für einen amüsanten Abend mit ein paar Dosen Bier funktionieren könnte. Der fordernste Witz kommt in der Form daher, dass sich ein Glatzkopf seiner Glatzköpfigkeit angegriffen fühlt und sich damit rechtfertigt, seit seiner Jugend an Alopezie zu leiden, also an Haarausfall, und wie es sich wohl anfühlen würde, mit einer solchen Krankheit gestraft zu sein.
Gestraft ist man nun mit der Hooligan Factory nicht unbedingt, allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, für wen dieser Film gemacht wurde. Sicherlich nicht für den ohnehin wenig Fußball-begeisterten Filmeschauer, der darüber hinaus mit der Kulturbewegung des Hooligans ebenso wenig anzufangen weiß wie mit dem Runden, das ins Eckige gehört.
Hooligan Factory
90 Minuten, freigegeben ab 16 Jahren, Heimmedienstart: 12. August 2014
im Netz: Offizielle Homepage zum Film
alle Bilder © Ascot Elite