Honig von Ian McEwan
Die hübsche Serena Fromm wächst behütet und beschaulich neben einer kleinen Kathedrale als Tochter eines anglikanischen Bischofs auf. Sie ist ein regelrechter Bücherwurm und träumt davon, Literatur zu studieren. Da sie zudem auch (ungerechterweise, wie ihre Schwester Lucy meint) mit Intelligenz gesegnet ist, lässt sie sich von ihren Eltern und Lehrern zu einem Mathematikstudium in Cambridge überreden. Das Studium fällt ihr schwerer, als erwartet; aber da ist auch noch der Geschichtstutor Tony Canning, ein Mann im reifen Alter, mit dem sie eine heimliche Affäre pflegt. Dank dessen Protektion bekommt sie eine Stelle im britischen Innengeheimdienst MI5. Sie, die glühende Verehrerin Solschenizyns und Gegnerin jeglichem, in den wilden 60ern aufkeimenden sozialistischen Gedankenguts, ist bald enttäuscht. Denn zu dieser Zeit bleiben die interessanten Jobs im MI5 nur den Männern vorbehalten, die dann das Land retten dürfen.
Unter dem Codenamen „Honig“ will der MI5 heimlich Schriftsteller fördern, deren politische Haltung der Regierung genehm ist. Serena wird auserkoren, um als angebliche Vertreterin einer zum Schein gegründeten Stiftung den bislang bedeutungslosen Schriftsteller und Dozenten Thomas Haley für das Programm zu gewinnen.
Aber Serena und Thomas verlieben sich ineinander und Thomas veröffentlicht sein erstes Buch – ausgerechnet eine Dystopie! Dies alles passt natürlich überhaupt nicht zu den großangelegten Manipulationen ihrer Vorgesetzten.
Thomas erfährt, mit welchen Geldmitteln er gefördert worden ist und Serena wird gezwungen, ihre Beziehung zu ihm zu beenden.
Ian McEwan
Ian McEwan, Jahrgang 1948 wuchs unter anderem in Singapur und Lybien auf und studierte englische und französische Philologie in Brighton. Sein bekanntestes Buch ist der 2001 erschienene Roman Abbitte. Seither wird er mit wichtigen Preisen für englische Literatur nur so überschüttet.
Das vorliegende Buch Honig ist das erste Buch, das ich von diesem Autor gelesen habe.
Honig – Meine Meinung
Bei diesem Buch fand ich nicht nur die Hauptfigur Serena interessant, sondern auch die politischen und sozialen Umstände in Großbritannien Anfang der 70er Jahre. Damals, als einerseits der Kalte Krieg noch nicht ganz vorbei gewesen ist, in Europa und besonders in Großbritannien eine Hippie-Pop-Kultur langsam ihren Höhenpunkt erreichte, stand das Empire kurz vor dem Aus. Nicht enden wollende Bergarbeiterstreiks, Energiekrise und die beginnenden Auseinandersetzungen mit der irischen IRA setzten dem Land so zu, dass es wirtschaftlich ungefähr so schlecht dagestanden ist, wie heute Griechenland. Dazu kam auch die lauernde Angst vor der kommunistischen Gefahr, deren Infiltrationen man von Regierungsseite natürlich entgegentreten musste.
So ungefähr haben wir diese Periode ja auch in Deutschland erlebt.
Das Geheimdienste linientreue Künstler fördern, ist im Übrigen nicht neu. Die Bücher von George Orwell sollen ebenfalls auf diese Weise entstanden sein.
Serena – für mich kein Vorbild
Dann ist da natürlich Serena und man beachte hier die Namenswahl des Autors! Das Mädel flattert so durch ihr Leben, genießt die Freuden im Swinging London und hat für den Lerneifer und Ehrgeiz ihrer aus einem Arbeiterviertel stammenden Mitbewohnerinnen nur Verachtung übrig.
Sie ist hübsch, intelligent, belesen, hat Spaß am Sex und kann kochen und trotzdem habe ich kein gutes Bild von der Protagonistin. Für meinen Geschmack entspricht zu sehr der idealen Ehefrau und nimmt ihr Leben viel zu wenig selbst in die Hand. Alle Impulse – sei es Studien- oder Berufswahl – kommen von außen und somit wird sie zum Spielball der hohen Herren im MI5. Aber was ich ihr wirklich ankreide ist, dass sie es über mehrere Kapitel nicht schafft, ihrem Liebsten reinen Wein einzuschenken und keine Eigeninitiative entwickeln mag.
Somit ist sie für mich (trotz aller Schönheit und Intelligenz) kein adäquates Vorbild für Frauen.
Das mir das Buch dennoch sehr gefallen hat, lag an der fantastischen Erzählweise von Ian McEwan, den ich für einen großartigen Autor halte. Mir gefällt, wie er mit leichter Hand etwas Intellektualität und zugleich politisches Wissen unter seine Leser bringt.
Bibliografisches
- Titel: Honig
- Originaltitel: Sweet Tooth
- Autor: Ian McEwan, Werner Schmitz (Übersetzung)
- Gebundene Ausgabe: 448 Seiten
- Verlag: Diogenes; Auflage: 3 (25. September 2013)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3257068743
- Preis: 10,99 € (Kindle), 20,99 € (gebundene Ausgabe), 11,90 € (Taschenbuch), 34,90 € (Hörbuch)
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Mit dieser Rezension beteilige ich mich bei Daggis Buchchallenge, Aufgabe 31: Lese ein Buch mit einen Protagonisten (männlich oder weiblich), dessen Vorname mit dem gleichen Buchstaben beginnt, wie Dein eigener Vorname.