von Georg Korfmacher
Ein aktuelles Beispiel dieser kakophonen Dialektik liefert der absolut regierende Papst mit seiner Forderung nach Entweltlichung einerseits und Geisselung der Homosexualität andererseits.
Kaum hatte der Papst seine Freiburger Rede mit der Forderung nach Entweltlichung beendet und somit bekundet, dass man durch diese zum wahren Kern der Kirche fände, geiferten seine Bischöfe und Kardinäle schon, dass man das ja nicht so zu verstehen sei. Dabei sollte im Kreis der langen Röcke und weissen Krägen doch hinreichend bekannt sein, dass der Papst seit langem den Reichtum der Kirche gerade in Deutschland anprangert. Noch kürzlich hat er in seiner Rede an die vor ihm vereinigten Diplomaten Italien als Vorbild für alle angepriesen. Und dort gibt es z.B. keine zwangsweise vom Staat eingetriebene Kirchensteuer, die bei Nicht-Zahlung zwangsweise in die Exkommunikation führt, und keine Konkordatslehrstühle, die wissenschaftlichen Anforderungen nur sehr eingeschränkt entsprechen, wenn überhaupt, nur zwei Beispiele, über die man sich gerade in Italien verwundert die Augen reibt. Aber das ist nach Ansicht episkopaler „Eunuchen für das Himmelreich” in Deutschland ja alles ganz anders. Und die Dummen sind die Gläubigen (siehe Marx und Wir-sind-Kirche) und natürlich vor allem die Ungläubigen, eben die „Aussätzigen der Zeit”.
Aber es ist immer wieder erstaunlich, was ein Papst nicht sagt und doch meint. So z.B. seine Geisselung der Homosexualität als Bedrohung der Menschheit schlechthin in seiner Rede vor Diplomaten. Zugegeben: da kommt auf Anhieb nicht jeder mit, wenn er vom hohen Ideal der Familie mit Mann und Frau als Garant für die Zukunft der Menschen spricht, während alles andere den Untergang der Welt bedeute. Dabei war er doch gerade in Afrika, das ganze Aids-Elend dort hat er offenbar geflissentlich übersehen. Aber ja, natürlich darf man homosexuell sein, ist ja keine Sünde an sich, nur sagen oder gar praktizieren darf man es eben nicht. Siehe David Berger. Genau so wie man als Priester (Africae Munus) keine Frau haben darf, weil man ja laut Bibel nicht zwei Herren dienen kann.
Oh, Hallo, aus welchem Zusammenhang ist denn dieses Bibelzitat gerissen? Jeder, der lesen kann, kennt das Zitat im Zusammenhang mit dem schnöden Mammon (siehe Entweltlichung). Und natürlich hat Paulus ex Tarsus, der Begründer des Christentums, Homosexualität als ein Laster seiner Zeit angeprangert, seine Gemeindevorsteher aber nur angehalten, sich mit einer Ehefrau zu begnügen und – frei nach Shakespeare – ihren Löffel daneben nicht in andere Suppen zu stecken. Dialektische Kakophonie der Catholica.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]