Homophobie in Talar und Spitzenröckchen

David Berger

David Berger

Kaum von den Medien wahr­ge­nom­men fand am Wochenende der Verbandstag des LSVD in Berlin statt. Am Samstag Abend war David Berger dort zu Gast und sprach über die katho­li­schen Kirche und deren Hass auf die Homosexualität.

“Es gibt ver­mut­lich eine viel höhere Dichte an Schwulen im Vatikan als – sagen wir mal – im Bistum Trier.” Ein Satz, der zusam­men­fasst, was der Autor des Buches “Der hei­lige Schein” David Berger in sei­nem Vortrag den Zuhörern auf den Weg geben wollte.

Im voll­be­setz­ten Ratssaal des Rathauses Schöneberg ver­han­delte der Lesben und Schwulenverband (LSVD) für zwei Tage über ver­bands­po­li­ti­sche Fragen. Der erste Tag wurde mit einem gut zwei­stün­di­gen Vortrag von David Berger been­det. Wie schon in sei­nem Buch setzte sich Berger mit der Stellung der katho­li­schen Kirche zu Fragen der Homosexualität aus­ein­an­der. Sein Vortrag wurde immer wie­der von befrei­tem Lachen unter­bro­chen, obwohl das, was er sagte, eher nicht zum Lachen war.

Er begrün­det es mit “Über­tra­gung”, wenn die Oberen der katho­li­sche Kirche immer wie­der über Schwule und Lesben reden. Denn nur, wer selbst betrof­fen ist, mag das zu einem immer­wäh­ren­den Thema machen. Für die Mehrheit – auch der Kirchenmitglieder – ist die­ses Thema kei­nes (mehr). Denn in der euro­päi­schen und vor allem der deut­schen Gesellschaft ist Homosexualität all­ge­mein akzep­tiert. Da sich aber katho­li­sche Priester selbst stän­dig aus eige­ner Lebenserfahrung mit dem Thema aus­ein­an­der­set­zen (müs­sen), bleibt es in die­sen Kreisen eben auch ein her­aus­ra­gen­des Thema.

Wer Bergers Buch kennt, weiß, dass er beson­ders den inzwi­schen zurück­ge­tre­te­nen Papst Benedikt XVI. kri­tisch sieht. Unter sei­ner Leitung wurde der Katechismus ver­än­dert, in dem aus einem “ange­bo­re­nen Schwulsein” eine in “freiem Willen selbst­ge­wählte Homosexualität” wurde. Die – nach Ratzingers Logik – geheilt wer­den kann. Mit die­ser Ände­rung tra­ten dann auch die auf den Plan und in die Öffent­lich­keit, die genau sol­che “Therapien” anbie­ten.

Man könnte doch – so eine Stellungnahme aus dem Publikum – die­sen “gan­zen Kirchenquatsch” ein­fach ver­ges­sen und sich wich­ti­ge­ren poli­ti­schen Themen zuwen­den als sich immer an der Kirche abzu­ar­bei­ten. Berger nickte lächelnd, gab aber zu beden­ken, dass der Einfluss der Kirche auf die Politik auch in Europa und den USA noch immer stark sei. Die Schwulenbewegung arbei­tet sich eben des­halb an der Kirche immer und immer wie­der ab, weil diese noch mäch­tig und ein Gegner ist. Sie sit­zen zum Beispiel in Deutschland in Rundfunkräten und Fernsehsender las­sen in vor­aus­ei­len­dem Gehorsam Produktionen nicht zu, weil sie wis­sen, dass diese im Rundfunkrat von den Kirchenvertretern abge­lehnt wer­den.

Berger hält die auf­stre­bende evan­ge­li­kale Bewegung für sogar noch gefähr­li­cher als die vati­ka­ni­sche Kirche. Denn zwar war Ratzinger eine “Textiltunte” (Zitat eines Mannes aus dem Publikum), aber eben drum wurde er und seine Politik eher als welt­fremd wahr­ge­nom­men.

Der neue Papst Jorge Mario Bergoglio, der sich Franziskus nennt, ist nach Bergers Ansicht des­halb viel gefähr­li­cher als der alte. Hier kommt hinzu, dass die­ser sich als ein “Mann des Volkes” sieht – und genau so auch gese­hen wird. “Wenn selbst der bekannte Kirchenkritiker Küng in Franziskus eine Erneuerung sieht, dann wird es gefähr­lich” so Berger. Einem Papst, der ein Ticket für die U-Bahn in der Tasche hat, der Kinder küsst und Gefangenen die Füße wäscht, nimmt man seine Worte eher ab. Nur unter­schei­det sich das Denken des Herrn Bergoglio kaum von dem eines Herrn Ratzinger. Es kommt nur “volks­nä­her” her­über.

Der Einfluss der Kirche wird sich darum nicht ver­rin­gern. Nicht so schnell, wie viele hof­fen mögen. “Wenn mor­gens in Zagreb in der Kirche gegen Schwule gehetzt wird, zieht am Abend der Mob prü­gelnd durch die Schwulenbars.” Und das wird sich mit Franziskus nicht ändern.

In Deutschland mag es so aus­se­hen, als hätte der Vatikan hier kaum noch Einfluss. Doch wenn man bedenkt – so Berger – dass der vor­he­rige Papst im Bundestag reden durfte; Wenn man sieht, was ein­fluss­rei­che Journalisten wie Matussek von sich geben oder jemand wie die Gräfin Gloria von Thurn und Taxis, dann sieht man da noch immer den Einfluss der Kirche auf die Gesellschaft. Dazu braucht es kei­nen Papst. Wenn selbst der bekannte Fernsehjournalist Guido Knopp Vorlesungen vor zukünf­ti­gen Opus-Dei-Mitgliedern hält, dann bekommt man eine Ahnung davon, welch eine ver­steckte Macht die katho­li­sche Kirche noch immer auch in Deutschland hat.

Auf die Frage, ob sich denn die katho­li­sche Kirche nicht selbst auch auf der Verliererstraße sieht, ant­wor­tete Berger: “Ich habe das ein­mal den Kardinal Meisner gefragt – als der mich noch lieb hatte. Der sagte 'wir wer­den uns nicht ändern, weil es die Massen tun. Wir haben Geld für die nächs­ten zehn bis fünf­zehn Jahre.’” Sie wol­len – so Berger – diese Zeit “über­win­tern”. Denn – hier zitiert er wie­der Meisner – “die Gesellschaft wird uns dann wie­der anbet­teln, Werte für die Gesellschaft zu lie­fern.” Es ist rei­nes Machtkalkül, wenn sich die Kirche nicht offen­sicht­lich an die Gesellschaft anpasst. Sie tut es ja – not­ge­drun­gen – aber eben nicht allzu deut­lich. Denn “im Konkurrenzkampf mit ande­ren Religionen muss die katho­li­sche Kirche ihr Profil wah­ren.” Sie muss unver­wech­sel­bar blei­ben, um “auf dem Markt” zu beste­hen.

Das ist auch der Grund, so Berger, dass uns die Lehren so wider­na­tür­lich und gegen die Gesellschaft gerich­tet vor­kom­men. Doch zie­hen gerade sie noch immer Menschen an. Das zeigt sich deut­lich daran, dass vor allem in den USA, “wo der Markt der Religionen viel grö­ßer ist”, immer mehr Menschen den evan­ge­li­ka­len Gruppierungen zuwen­den. Berger hält diese auf den ers­ten Blick “völ­lig nor­ma­len Menschen, die sich um die Armen und Bedürftigen küm­mern” für sehr gefähr­lich. Denn deren Weltbild ist radi­ka­ler und men­schen­ver­ach­ten­der als das der katho­li­schen Kirche. Diese Gruppierungen sind auch in Südamerika sehr stark ver­tre­ten und “der neue Papst kommt aus die­sem Umfeld.”

 Nic


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