homo pfiffikus -

Erstellt am 30. März 2012 von Andramas

- Der neue Mensch!

Es irrt wer glaubt, Werbung würde in uns keine Spuren hinterlassen. Längst ist “Geiz ist geil” Maßstab gesellschaftlichen Handelns. Volker Pispers – zum Beispiel – benennt die Triebkraft, die “emotionale kapitalistische Intelligenz”, die uns – füge ich dem hinzu – in den Werbepausen anerzogen wird.

“Hier können Sie sparen!”

So betrachtet, war Herr Wulff – eigentlich – der bessere Präsident. Er wird als das wahre Spiegelbild der sich verändert habenden Seele der Deutschen in die Geschichte eingehen. Einer Seele, die sich offenbar ständig auf Schnäppchenjagd befindet.

Ein unangenehmer Spiegel. Den wir inzwischen zerschlugen – wir wollten lieber Herrn Gauck, den Verkünder Froher Botschaften. Der wohl besser zu uns passen könnte, lügen wir uns vor.

Aber das Thema ist doch längst ausgelutscht!

Ist ja auch nur die Einleitung, jedenfalls …

Jedenfalls entdeckte ich – zufällig – den Neuen Menschen, den ich “homo pfiffikus” nenne. Und einmal entdeckt, sieht man ihn überall.

Homo pfiffikus ist derjenige, der jede auch noch so geringe Unsicherheit potenzieller Kunden gegenüber rechtlichen Konstrukten ausnutzt, um sein Opfer rechtlich korrekt auszusaugen.

Wenn Geiz geil ist, liefert Raffgier den Orgasmus.

Zufällig liegt ein Brief vor mir.

“Wenn Sie nicht zahlen”, wird meine betagte Mutter bedroht, “sagen wir das alles unserem Rechtsanwalt!”. Und die alte Dame – obwohl im Recht! – ist plötzlich verunsichert. Es werden amerikanische Filme gezeigt, seither glaubt man, dass alles so oder so enden kann.

Ich versuche zu beruhigen.

“Sollten die Gauner einen Rechtsanwalt hinzuziehen, wird der sie beraten. Treu und redlich. So werden sie endlich wissen können, dass sie im Unrecht sind.”

Sie weiß, dass es so nicht ernst gemeint sein kann – das wäre die Theorie. In Praxis sind Rechtsanwälte ebenso der Geldbörse verpflichtet, wie Journalisten ihrem Verleger. Doch dass sich Anwälte – möglicherweise – auch noch für pfiffig halten, nervt.

“Wir lassen uns gern vor Gericht ziehen, denn wir stehen auf der richtigen Seite der Barrikade!”, sage ich, der Sohn, und drücke meiner Mutter die Fahne in die Hand.

“Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt!”

Doch sie bleibt unruhig.