Schon wieder ist ein Jahr vorbei. Ich sollte meine Schreibfrequenz drastisch erhöhen. Sonst wird es nichts mit Bestsellerautorin, Prosecco in stickigen Fernsehstudios, Gratisballkleidern und Umsonst wellnessen irgendwo auf Bali. Schon wieder ist ein Jahr vorbei. Es ist Juni. Mein vierter Juni auf der Insel. Ich bin glücklich. Zufrieden in den langen Wintern und befreit aufatmend, wenn der März kommt. Noch immer überrascht mich der Touristenansturm zu Ostern, tappe ich in die Einkaufsfalle am Gründonnerstag und segne den Pfingstmontag, wenn die erste Reisewelle den Sund mit ihren Rücklichtern schmückt. Trotzdem oder gerade deswegen sind Mai und Juni die schönsten Monate auf der Insel. Endlich ist es wieder turbulent hier. Die Cafés und Restaurants haben ihre Terassen geputzt und überbieten sich mit gewagten kulinarischen Neukreationen.Es wird nicht richtig dunkel, der Garten erstrahlt in seiner schönsten Pracht, schmückt sich von Pink bis zartgrün, gelb und himmelblau. Nach zwei Jahren vergeblichen Wartens strecken sich mehrere volle Alium in den Himmel. Auch der Lavendel hat sich zu einem intensiv nach Sommer duftenden Teppich gemausert. Erste Rosenknospen brechen auf.
Leider hat der Nordoststurm in der vergangenen Woche ganze Arbeit geleistet und sowohl den Rittersporn, welcher das erste Mal richtig fett blühte, und die Pfingstrosen fast vom Knick gemäht. Noch nie tat es mir weh, Wind zu zuschauen. Jetzt schon und so habe ich meinen Frust in der Welle bekämpft. Was blieb mir bei 8 Beaufort auch anderes übrig. Jeder noch so klägliche Versuch, die vollen, schweren Knospen vor dem zerrenden Geheul zu schützen, misslang. Folglich stürtzte ich mich erst am Grünen Brink in die Welle, draussen an der Sandbank. Danach trainierte ich am Schafsdeich in goldener Sonne ein bisschen Halsen und Hüpfen.
Nach fünf Tagen hat sich Gevatter Wind nun endlich beruhigt und einem friedlichen Frühsommerabend Platz gemacht. Zeit für unsportliche Leidenschaften wie Marmelade und Sirup kochen.Schon vor zwei Monaten ging mir mein selbst gemachtes Holunderblütengelee aus. Den Winter über begleitete mich der intensive Duft nach Maisonne auf Käse, im Tee und diversen Müslis. Sehnsüchtig warte ich seit einer Woche darauf das sich genug Blütendolden der Sonne geöffnet haben.
Gestern früh schlich ich durch den Garten und noch mit dem letzten Tau erntete ich zwanzig Dolden. Das Rezept für Holunderblütengeleee ist so einfach wie es Sinnlichkeit weckt.
Ernte zwanzig Dolden vom Holunderstrauch. Lege Sie über Nacht in 1,5 Liter Apfelsaft ein. Am nächsten Morgen wird der Sud gefiltert und mit etwas Citronensäure ( 10 g) versetzt aufgekocht. Die Citronensäure hole ich mir frisch aus der Apotheke. Es handelt sich um wasserfreie Citronensäure und intensiviert den Geschmack der Holunderblüte deutlich besser als Zitronensaft. Hinzu kommen 1000 Gramm Gelierzucker ( 2:1). Alles wird 3 Minuten sprudeln gekocht und in danach in vorbereitete Weckgläser umgefüllt.
Ein himmlischer, verführerischer Duft schleicht durchs Haus und singt ein zartes Lied vom immer währenden Sommer. Dieses Jahr hab ich die doppelte Menge angesetzt. Wer weiß wie hoch der Schnee kommenden Januar sich hier oben auftürmt. Ausserdem kommen da ja noch die Mädels ab und an vorbei, die Mama schaut sicher auch mal in meiner Vorratskammer nach dem rechten und ehe ich es mich versehe ist das Gelee Geschichte.
Zutaten Holunderblütengelee
20 Dolden Holunderblüten (vollständig geöffnet)
NICHT WASCHEN- Also vorzugsweise von einem unbehandelten Baum ernten
1000 g Gelierzucker – Verhältnis 2:1
10 g Zitronensäure
1,5 Liter klarer Apfelsaft
Zutaten Waldmeistersirup
eine Handvoll Waldmeister
5 g Zitronensäure wahlweise 2 Limetten
etwas Melisse
1000g Zucker ( es geht auch 500g Zucker und den Rest mit Stevia ergänzen)
Der Waldmeister wird 5 Tage mit Wasser und Zitronesäure sowie der Melisse versetzt. Danach den Sud durch ein Sieb filtern und bei grosser Hitze circa 15 Minuten sprudeln kochen. Dabei den Zucker dazugeben. In gereinigte Flaschen abfüllen.
