Eine weibliche Nachfahrin des berühmten Sherlock Holmes? Ein Protagonist namens James, der zufälligerweise ein Urururgroßenkel des bekannten Detektivgefährten John Watson ist? Ein amerikanisches Internat, ein Mord, kein Alibi und ziemlich viele Anspielungen auf die allseits beliebten Romane und Kurzgeschichten von Sir Arthur Conan Doyle? Das könnte fantastisch werden, oder aber eben nicht, ganz abhängig davon, wie Frau Cavallaro an die Thematik herangeht. Im Nachhinein muss ich sagen, dass sie meine Erwartungen nicht enttäuscht hat, allerdings waren diese auch nicht besonders hoch.
Keine Frage, die Autorin kennt sich ganz klar mit den Werken des Schriftstellers aus und baut nicht nur einige seiner Figuren in abgewandelter Form in ihr Buch mit ein, sondern lässt uns auch ein paar der berühmten Holmes-Fälle darin entdecken. Erzählt wird die Geschichte wie gewohnt aus der Sicht von Watson, der in tagebuchähnlicher Form über Charlottes Ermittlungen berichtet. Diese ist dem Leser, ganz in Holmes-Manier, immer einen Schritt voraus und besticht (natürlich) mit einem messerscharfen Verstand. Das fand ich einerseits klasse, da es somit kaum möglich war, den Ausgang des Falls zu erraten; dennoch kann man nicht leugnen, dass dies sicher auch ein gewisser Minuspunkt für all jene sein wird, die gerne selbst miträtseln und denen die Möglichkeit dazu genommen wird. Trotzdem ist der Roman nicht nur etwas für Fans des begnadetetn Meisterdetektivs, sondern generell geeignet für Freunde des klassischen Krimis ... und des typischen Jugendbuchs, was mich leider oftmals sehr gestört hat.
Denn ja, es kam, wie es kommen musste: Charlotte war nicht nur besonders clever, sondern auch besonders hübsch, und natürlich auch ein Mädchen im Alter von 16 Jahren. Jamie dagegen war ein Junge, der Mädchen mag. Hübsche Mädchen. Hübsche, clevere Mädchen. Ihr wisst sicherlich, was ich sagen will. Mir hätte eine einfache, enge Freundschaft zwischen den beiden völlig ausgereicht - nein, sie hätte mich sogar sehr glücklich gemacht - aber auch wenn die Autorin versucht hat, Charlotte irgendwie mysteriös und distanziert zu gestalten, so war sie doch nicht annähernd so kühl, wie wir es von Sherlock Holmes gewöhnt sind. Mir ging es die meiste Zeit höllisch auf die Nerven, dass weniger auf den Fall und vielmehr auf die Gefühle zwischen James und seiner Angebeteten eingegangen wurde. Verflogen war die vertraute Bewunderung zwischen Watson und Holmes, abgelöst von einer jugendlichen Schwärmerei.